Königsfreunde (German Edition)
entschied aber, dass sie keine große Wahl hatte.
»Wir helfen Euch, wenn wir können. Was braucht Ihr?«, fragte Sophie, die wohl immer noch mit der Blamage vom Morgen zu kämpfen hatte. Clara entschied, ihre wahre Herkunft jetzt nicht zu verraten, in der Hoffnung, dass die beiden dann besser funktionierten.
»Es ist etwas von großer Bedeutung. Der König ist vielleicht in Gefahr. Ich will ihm helfen, aber dafür muss ich mich verbergen. Ich brauche andere Kleider und ihr müsst mir den Weg zeigen. Ich bin neu im Schloss.« Clara beobachtete die Reaktion der beiden auf diese Flut von Neuigkeiten.
»Der König ist in Gefahr? In der Küche sagen sie, man hat den Täter gefasst«, sagte Tess.
»Es scheint noch mehr Täter zu geben. Und ich muss wissen, wer die Verschwörer sind. Deshalb muss ich mit Marquard sprechen. Dem Mann, der heute festgenommen wurde«, sagte Clara.
»Das ist unmöglich«, sagte Sophie. »Zu denen, auf die der Galgen wartet, darf niemand.«
»Aber die bekommen dich sicher mal was zum Essen, oder?«, fragte Clara.
»Ja, das schon, aber das machen die Küchenmädchen«, warf Tess ein.
»Das ist perfekt. Ich brauche so ein Kleid, also das, was die Küchenmädchen tragen. Könnt ihr mir so was besorgen?«
Die beiden sahen sich betreten an.
»Bitte, ihr wollt doch auch, dass dem König nichts geschieht«, sagte Clara eindringlich.
»Natürlich nicht. Wir verehren alle seine Majestät«, sagte Sophie.
»Gut«, sagte Clara verschwörerisch. »Und jetzt stellt euch vor, dass ihr beiden dazu beitragen könnt, seine Majestät zu retten. Das ganze Land wird über euch reden. Wenn wir scheitern, wird niemand davon erfahren. Ihr müsst es tun.«
Tess presste die Lippen zusammen. Dann nickte sie.
»Ich hole Euch, was Ihr wollt. Bleib du hier, Sophie. Und Ihr solltet das Kleid ausziehen, Eure Frisur auflösen und Sophie flechtet euch einen Zopf, wie die Küchenmädchen ihn tragen.« Tess verschwand aus der Kammer und Clara hatte das Gefühl, dass Tess die deutlich Schlauere der beiden war. An sie würde sie sich in Zukunft halten.
Clara stand in ihrem Unterkleid in der Wäschekammer, als Tess wieder zurückkam.
»Ich habe es«, sagte sie und klang außer Atem dabei.
»Großartig. Gib es mir schnell«, sagte Clara. Sie nahm das graublaue, schlichte Kleid und zog es sich über. Dann band sie die Schürze um und wunderte sich über die erstaunten Blicke der beiden.
»Was ist?«, fragte Clara.
»Ihr bindet die Schürze, als ob Ihr das schon hunderte Male getan hättet«, sagte Tess.
»Nun, ich kann so Einiges«, erwiderte Clara. »Ich brauche noch Schuhe.«
»Habe ich!«, rief Tess stolz und streckte die schlichten Pantoffeln wie eine Trophäe nach vorn. Clara schlüpfte hinein.
»Ich bin bereit. Es kann losgehen. Kennt ihr jemand aus der Küche, dem ihr trauen könnt?«
Tess nickte. »Aber ja, fast allen! Wir lieben seine Majestät. Sie würden Euch sicher helfen!«
»Schon, aber erzählt zunächst niemandem davon. Es ist ein geheimer Plan. Bringt mich zur Küche.«
»Bewegt Euch ganz natürlich. Und schaut zu Boden, wenn wir den Wachen begegnen«, flüsterte Tess neben ihr. Die beiden Mädchen führten sie durch etwas schlichtere Gänge, als Clara sie bisher gesehen hatte. Hier gab es keinen Wandschmuck und nichts, was reiner Zierrat ohne praktischen Nutzen war. Dafür standen hier und dort Eimer herum. Körbe mit Wäsche stapelten sich in die Höhe oder es lehnten grobe Besen an der Wand. Dies schienen reine Dienstbotengänge zu sein, die von den Höhergestellten wohl niemand zu Gesicht bekam. Clara fühlte sich unter den ganzen Dienstboten sofort sicherer.
»Wir sollten Magdalena einweihen«, sagte Tess im Laufen. »Niemandem könnt Ihr so vertrauen wie ihr. Sie ist Köchin und die heimliche Küchenleitung, auch wenn unser Küchenmeister das anders sehen würde.«
Sie führten Clara eine Treppe hinab, und sie roch schon den Duft von frischem Brot, Kohlen und dampfender Suppe.
»Jetzt sind wir gleich da«, sagte Tess und schob Clara durch eine offene Tür. Die Küche lag vor ihr. Noch nie hatte Clara so viele Kochstellen in einem Raum gesehen. Blank gescheuerte Kupfertöpfe, riesige Soßenlöffel, Berge von eingeschlagenem Brot und abgedeckte Schüsseln, in denen wohl Teig ruhte. Mädchen und Jungen in graublauer Kleidung huschten umher, schnitten Gemüse, rührten in Töpfen und wuschen Geschirr. Eine rundliche Frau mit riesiger weißer Schürze stand an dem
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