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Königsfreunde (German Edition)

Königsfreunde (German Edition)

Titel: Königsfreunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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haben. Clara trat näher und berührte Robins weißes Seidenhemd. Der Stoff war unglaublich zart und glatt. Extrem fein gewebt. Sie nahm das Kleidungsstück in die Hand und betrachtete es genauer. Die Stiche waren alle gleich lang und präzise. Den Kragen zierten feinste Stickereien mit Goldfäden. Clara war sich sicher, dass man allein für den Preis dieses Hemdes ein Pferd kaufen konnte. Oder dreißig neue Kleider, von denen jedes schöner als das von Kristina war. Robin musste unfassbar reich sein, wenn er so was besaß. Und natürlich war dies nicht sein einziges Hemd! Clara schloss die Augen und dachte an Seidenkleider in zarten Farben, an weich fließende Stoffe, die den Näherinnen die Tränen in die Augen trieben, weil sie so herrlich in der Hand lagen. Wunderbar! Sie seufzte tief, dann blinzelte sie und griff nach Robins Hose, ebenfalls fein gearbeitet und verziert, allerdings hatte man sie aus hellem, edlem Leder gefertigt. Clara drehte sie um und bemerkte einen kleinen Lederbeutel, der am Gürtel befestigt war. Sie knotete den Beutel ab und wollte gerade hineinsehen, als die Tür aufging und Nesa hereinkam.
    »Was hast du da?«, fragte sie. »Zeig mir das mal.«
    Zögernd streckte Clara die Hand nach vorne und Nesa nahm den Lederbeutel entgegen.
    »Gehört der Robin?«, fragte sie.
    »Ja. Sieht so aus«, sagte Clara.
    »Dann gib es ihm zurück. Das wäre eine schöne Geste.«
    »Keine Lust.«
    »Versuch es.«
    Clara stöhnte, nahm den Lederbeutel und trollte sich. Zwar hatte sie das Gespräch mit ihrer Mutter nicht vergessen, aber trotzdem fiel es ihr schwer, auf ihren neuen Bruder zuzugehen.
    Sie betrat die Küche und sah Robin sofort. Er saß auf seinem Lager und las in einem Buch, das Jakob gehörte. Wahrscheinlich hatte er es ihm geliehen. In der Hand hielt er einen Becher warme Milch. Clara sah die feinen Dämpfe aus dem Becher aufsteigen.
    »Hier, das ist deins«, sagte sie und unterdrückte ihre schlechte Laune so gut wie möglich.
    Robin sah kaum zu ihr hin, nahm den Beutel schweigend und legte ihn achtlos beiseite.
    Clara blieb noch zwei Sekunden unschlüssig stehen, dann ging sie zu ihrem eigenen Bett hinüber. Es war noch nicht Zeit fürs Abendessen, aber sie fühlte sich jetzt schon zu müde, um noch eine neue Arbeit anzufangen. Stattdessen beobachtete sie Robin, der eine Seite in seinem Buch umblätterte. Es dauerte nicht lange und er blätterte wieder. Es sah so aus, als ob er recht schnell lesen konnte, was Clara wieder ärgerte. Natürlich. Er hatte ja auch genügend Zeit, alle Bücher zu lesen, die es gab und sicher konnte er sie sich auch alle kaufen, wenn er wollte.
    Robin hob die Augen und starrte kurz auf etwas am Boden, dann wanderten seine Augen wieder zu den Buchseiten. Clara sah seine dichten Wimpern und überlegte, ob es daran lag, dass sein Blick traurig wirkte. Vielleicht. Aber sie hatte ihn noch nie lächeln sehen, seit er bei ihnen war. Höchstens ein überhebliches Lächeln, kein fröhliches. Robin hielt wieder kurz inne und richtete seinen Blick gedankenverloren auf einen Punkt in der Ferne. Und in diesem Moment sah er sehr traurig aus. Clara dachte daran, dass er keine Eltern mehr hatte, sie selbst aber schon. Und ihre Eltern waren mehr wert als Robins Schätze, seine Kleider, Diener und was er sonst noch alles haben mochte.
    Nesa betrat die Küche und Clara beobachtete, wie Robins Gesicht sich aufhellte. Er folgte Nesa mit den Augen, sein Buch hatte er auf seine Knie sinken lassen und beachtete es nicht mehr. Claras Mutter ging zu ihm hinüber und nahm ihm den nun leeren Milchbecher ab. Sie strich ihm das Haar aus der Stirn und sagte, dass sie es ihm wohl etwas schneiden würde, sonst könne er bald nichts mehr sehen. Clara sah ein angedeutetes Lächeln in Robins Mundwinkel.
    »Es gibt bald Abendbrot. Hast du schon Hunger?«, fragte Nesa, und Robin nickte.
    »Was ist in dem Beutel?«, fragte Clara dazwischen.
    »Geld«, sagte Robin, als ob das etwas Selbstverständliches wäre. Claras Augen wurden groß.
    »Wozu hast du das?«
    »Es ist symbolisch. Ich trug es am Tag meiner Krönung. Es soll Reichtümer bescheren für die Dauer meiner Regentschaft«, sagte Robin, und Clara verzog den Mund. Er klang schon wieder arrogant und der kurze Moment des Mitleids war wie ausgelöscht.
    »Und am selben Abend hat Johann dich fortgebracht?«, fragte Nesa.
    »Ja, es war direkt nach der Krönung.«
    »Was ist passiert?«
    »Er hat mir Wein gegeben. Danach wurde mir schwindelig. Ich

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