Königsfreunde (German Edition)
furchtbar. Dass es so schwer werden würde, sein neues Zuhause wieder zu verlassen, hatte er nicht geahnt. Aber jetzt kannte er diese Welt, er konnte nicht so tun, als ob er nie von ihr gehört hätte. Und das war eben so schlimm.
»Können wir nicht eine Ausnahme machen?«, fragte Nesa. »Es ist doch jetzt alles anders! Früher haben wir uns hier von der Monarchie zurückgezogen, jetzt kennt uns der König. Es ist nicht mehr wie früher! Warum hat Bela dazu nichts gesagt?«
»Er wollte noch darüber nachdenken. Wir müssen warten, bis er einen Plan hat«, sagte Jakob.
»Warum müssen wir das?«, rief Robin. Er sah von einem zum anderen. »Was hat dieser Bela euch zu befehlen? Ich bin der König, euer Herrscher! Wenn ich es will, müsst ihr mich ins Tal lassen! Und wenn ich es will, darf ich bei euch bleiben.« Er wandte sich an Nesa. »Wenn ich es befehle, musst du mich weiter als deinen Sohn bei dir haben. Hier passiert, was ich sage!« Robin atmete schwer, wieder dieses Gefühl von zu wenig Luft. Nesa trat auf ihn zu und zog ihn in ihre Arme. Sie hielt ihn ganz fest und Robin erwiderte die Umarmung. Die Dämme brachen und Tränen liefen über seine Wangen auf Nesas Kleid. Es war ihm gleich, ob Clara ihn später dafür auslachen würde. Er vergrub seinen Kopf an ihrem Hals. Er fühlte Jakobs Hand, die sich auf seine Schulter legte.
»Wenn du willst, bleibst du mein Sohn, egal wo du bist«, flüsterte Nesa. Sie streichelte sein Haar und seinen Rücken. Langsam beruhigte sich Robin. Das Atmen wurde auch leichter, aber die Trauer nagte noch an ihm. Es war unmöglich, das zu entscheiden, es ging einfach nicht.
»Kommt erst mal ins Haus. Clara, sei so gut und bring die Pferde schnell weg. Wir werden mit Robin in der Stube reden«, sagte Jakob.
Kurze Zeit später saßen sie beisammen am Tisch und Nesa gab Robin Wasser. Er war durstig vom Weinen und von dem Ritt. Robin trank die kühle Köstlichkeit und musste kurz an seinen letzten Abend im Schloss mit Marquard denken. Wollte er dorthin zurück?
»Robin, es ist sehr wichtig, dass du jetzt gut nachdenkst. Du hast recht, Bela ist nur ein Ratgeber, kein Befehlshaber. Aber er ist ein sehr weiser Berater. Es geht jetzt auch darum, abzuwägen. Bela ist jemand, der nur den Menschen vor sich sieht. Dein Wohl ist ihm wichtiger als deine Pflicht, verstehst du?«, sagte Jakob. Robin nickte und starrte in seinen Becher.
»Ich hasse dieses Wort«, sagte Robin. »Pflichten. Wer hat sich das ausgedacht?«
»Jeder hat Pflichten. Wir auch. Du hast auch Pflichten, wenn du bei uns wohnst«, sagte Nesa. In diesem Moment kam Clara herein und setzte sich ohne etwas zu sagen neben ihre Mutter. Robin hatte erwartet, dass sie sich über die zusätzliche Arbeit mit den Pferden beschwerte, aber das tat sie nicht.
»Die Pflichten hier sind anders. Die machen mir nichts aus«, sagte Robin.
»Es ist die Verantwortung, die dich quält, nicht wahr? Der Gedanke, wer die Macht missbraucht, die sie dir weggenommen haben«, sagte Jakob.
»Ja. Sie können alles tun, was sie wollen. Und ich weiß nicht mal, wer es ist.«
»Hast du einen Verdacht?«
»Nein, ich vertraute ihnen. Es könnte jeder sein.«
»Was geschieht, wenn du nicht zurückkommst, wie Johann es wollte?«, fragte Nesa.
Robin seufzte. »Sie werden einen Regenten ernennen. Es gibt einen Platzhalter, der meine Entscheidungen trifft. Wenn ich nicht wieder auftauche, werden sie nach einer gewissen Zeit meinen Tod verkünden und dann einen neuen König wählen. Bis dahin werden sich alle überschlagen, um möglichst viele Stimmen zu gewinnen. Es wird gerecht aussehen, aber sie werden alles schon vorher festlegen.«
»Brauchen sie keine Beweise für deinen Tod? Fragen sie sich nicht, wo du bist?«, fragte Jakob.
»Einige werden sich das fragen, ja. Die anderen mimen Bestürzung und wussten längst davon. Marquard sollte mich bestimmt im Wald verscharren, damit sie an meiner Leiche keine Spuren des Mörders sichern können«, sagte Robin und sein Blick traf den Claras. Sie starrte ihn an, mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen.
»Was ist?«, fragte Robin.
Clara schluckte. »Nichts.«
Jakob legte ihm seine Hand auf den Arm. »Bela denkt, es geht dir hier besser als zu Hause. Hast du auch dieses Gefühl?«
Robin presste die Lippen zusammen und sah nach unten. Er betrachtete das Muster im Holz der Tischplatte. Jakob hatte diesen Tisch gefertigt. Mit eigenen Händen. Holz war wirklich etwas Wunderbares, das hatte er
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