Königsfreunde (German Edition)
empfand. Wenn sie ganz ehrlich war, gab es in ihr nicht nur schwesterliche Fürsorge. Da war noch etwas anderes und es verwirrte sie. Seine Nähe verwirrte sie. Aber auf eine Art gefiel es ihr und sie wollte ihn bei sich haben. Clara legte ihre Hand an seinen Hals, um seine Haut zu spüren. Dann schloss sie die Augen und lauschte seinen ruhigen Atemzügen. Robin lebte und war in Sicherheit. Mit diesem Gedanken schlief sie ein.
Eine Hand lag auf ihrem Arm. Clara dämmerte dem Wachsein entgegen. Vielleicht weckte ihre Mutter sie, weil sie verschlafen hatte. Sie blinzelte und Robins Gesicht nahm klare Formen vor ihren Augen an. Helles Licht schien von draußen herein.
»Wie fühlst du dich?«, fragte sie. »Alles gut mit dir?«
»Wie zerschlagen. Aber sonst scheint noch alles an mir dran zu sein«, sagte Robin. Er lag direkt vor ihr in den Kissen und schaute ihr in die Augen. Diesmal hielt sie seinem Blick stand.
Langsam hob Robin die Hand und fuhr ihr übers Haar. Clara erschauerte.
»Danke, dass du für mich da bist«, sagte Robin. Clara versuchte sich ihre Verwirrung nicht anmerken zu lassen.
»Hab ich gern gemacht«, brachte sie heraus.
Die Tür ging auf und Nesa steckte den Kopf herein. Ihr Blick ruhte einen Moment auf ihnen beiden.
»Bist du in Ordnung, Robin?«, fragte sie. Robin nickte.
»Kommt bitte, wir müssen mit euch reden. Bela hat einen Vorschlag zu machen.«
»Wir sind gleich da«, sagte Robin. »Aber ich habe selbst schon eine Entscheidung getroffen. Ich weiß, was ich tun werde.«
Der Marktplatz war voller Menschen und über der Menge lag das murmelnde Geräusch, das ihre vielen Stimmen verursachten.
»Ich bitte euch um Ruhe!« Bela hob die Hand und das Gemurmel erstarb. Er schaute auf sie herab und ließ sich etwas Zeit, bevor er anfing zu sprechen. Clara konnte Robin neben ihm auf der kleinen Bühne stehen sehen, von der aus er den Überblick über die Menschen vor sich behielt. Bela hatte das ganze Dorf zusammengeholt und vor dem Podium versammelt. Tatsächlich schienen die meisten dem Aufruf gefolgt zu sein, aber vielleicht wollten sie auch nur einen Blick auf den König werfen.
»Ihr alle wisst, was letzte Nacht passiert ist«, begann Bela. »Fast hätten einige von euch in blindem Hass einen großen Fehler begangen. Dieser Junge hier, ihr kennt ihn bereits, ist euer König.« Die Menge murmelte und Bela brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Er wurde zu uns gebracht und hat Freundschaft geschlossen mit einigen von uns. Er war uns gewogen und hätte uns die Lösung für einige schwere Probleme bringen können. Diese Möglichkeit haben ein paar Menschen aus eurer Mitte zunichte gemacht, indem sie ihn fast umbrachten und sein Vertrauen zu euch zerstörten. Trotzdem ist er bereit, noch mal zu euch zu sprechen. Und ihr solltet ihn anhören.« Bela warf Robin einen Blick zu und trat dann einen Schritt zurück. Robin stand nun allein vor der Menschenmenge und schaute auf sie hinab. Seine Augen suchten Claras Gesicht. Sie erwiderte seinen Blick und nickte ihm unmerklich zu. Robin lächelte für den Bruchteil einer Sekunde, dann wurde er wieder ernst.
»Ich habe euch etwas zu sagen«, begann er und Clara war erleichtert, als sie seine feste Stimme hörte. Wahrscheinlich war er es gewohnt, vor Fremden zu sprechen.
»Als ich hierher gebracht wurde, auf der Flucht vor Feinden und Verrätern, hielt ich nicht viel von Menschen wie euch. Ich kannte euch nicht und fühlte mich euch nicht zugehörig. Aber ich habe eine Familie gefunden, die mich aufgenommen hat und mir gezeigt hat, wie es um eure Lebensumstände bestellt ist. Dafür bin ich dankbar. Ich habe euer Handwerk gesehen und was ihr alles tut, um eure Einkünfte zu sichern. Und ich weiß, dass ihr euch hier versteckt, um nicht unter der Herrschaft des Königshauses zu stehen.« Robin ließ seinen Blick wieder schweifen, und Clara fühlte Stolz. Er meisterte das wirklich gut. Die Menschen hörten ihm zu.
»Aber jetzt bin ich das Königshaus. Es gibt keinen anderen Regenten mehr, wenn ich ins Schloss zurückkehre«, fuhr Robin fort. »Was ihr letzte Nacht getan habt, das vergebe ich euch, in Gedenken an das Unrecht, was einigen von euch durch Herrscher vor mir widerfahren ist und euch dazu gebracht hat, hier versteckt zu leben. Natürlich könnte ich euch nun wieder verlassen und zurückgehen, aber es gibt Umstände, die mich an dieses Tal binden.« Wieder fand er Claras Blick und ihr lief ein Schauer über den
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