Königsjagd
Haltung in bezug auf die Operation Windsor macht mich nicht uneingeschränkt glücklich.«
»Ich verstehe, Reichsführer.«
»Manchmal muß man bereit sein, aufs Ganze zu gehen, Kleiber. Ich verlasse mich darauf, daß Sie Schellenberg - notfalls mit dem nötigen Nachdruck - dazu veranlassen. Als Ihr Reichsführer habe ich das Recht, in dieser Angelegenheit Ihre hundertprozentige Loyalität zu fordern.«
»Sie haben sie, Reichsführer, ich schwöre es«, sagte Kleiber. Es wurde geklopft, und Heydrich trat ein, mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen. Er legte die Kopie des Windsor-Berichts vor Himmler auf den Schreibtisch. »Das haben wir in ihrem Strumpf gefunden.«
Himmler überflog das Schriftstück. »Also hat Schellenberg sich tatsächlich in ihr geirrt.« Er blickte hoch zu Kleiber. »Sie verstehen, was ich meine?«
Heydrich öffnete die Tür der Zelle und ging hinein. Hanna saß auf dem Rand der Pritsche.
Er sagte: »Los. Stehen Sie auf. Folgen Sie mir.«
Sie zögerte, und er verlor die Geduld, packte sie am Arm und zerrte sie durch die Tür. Er stieß sie den weißgetünchten Korridor entlang. Es war still, der Flur kam ihr unendlich lang vor, und dann wurde sie sich eines dumpfen, rhythmischen Schlagens bewußt, das aus weiter Ferne zu kommen schien - Heydrich blieb vor einer Zellentür stehen und schob eine Klappe zurück. Er drehte Hannas Gesicht zu der Öffnung, so daß sie hineinsehen mußte.
Irene Neumann lag, das Kleid bis zur Taille zerrissen, bäuchlings auf einer Bank, und einige muskulöse SS-Männer prügelten sie mit Gummiknüppeln systematisch auf Rücken und Gesäß. Die Frau krümmte sich vor Schmerzen. Berg stand daneben und beobachtete sie. Da erwachte Hanna wieder zum Leben, spürte das Entsetzliche wie einen Schlag in ihr eigenes Gesicht. »Sehen Sie?« sagte Heydrich. »Sie braucht uns nur die Wahrheit über die Sache Windsor zu sagen. Ein paar Fragen über Ihren Onkel zu beantworten. Aber anscheinend will sie lieber sterben.«
Er stieß Hannas Gesicht wieder an die Öffnung, und sie wehrte sich vergeblich. »Nicht! Lassen Sie sie gehen! Sagen Sie den Männern, sie sollen aufhören.«
»Gut, wenn Sie meine Fragen an ihrer Stelle beantworten.«
»Nein - ich weiß nichts.«
»Wir werden sehen, nicht wahr?« Zu Berg sagte er: »Hören Sie auf.« Dann wandte er sich wieder an Hanna: »Also... wenn Sie nicht richtig auspacken, fangen wir wieder von vorne an. Wie Sie sehen, werden Sie das Instrument ihres Schmerzes sein.«
Hanna hatte jetzt eine namenlose Angst erfaßt, die sich deutlich in ihrem Gesicht spiegelte.
Er sagte: »Haben Sie seit Ihrer Ankunft aus Amerika mit Ihrem Onkel zusammengearbeitet?«
»Nein«, antwortete sie.
»Wie können Sie dann die Kopie des Windsor-Berichts erklären?«
»Es war ein Zufall. Ich stand nebenan in der Küche, als Fräulein Neumann mit ihm darüber sprach, und ich hörte alles mit.« Ihr Geist arbeitete verzweifelt, suchte die richtige Art, ihre Antworten zu formulieren. Was sie preisgeben und was sie nicht sagen sollte.
»Demnach waren Sie sich vorher nicht darüber klar, daß Ihr Onkel gegen das Reich arbeitete?«
Sie hatte es nicht nötig, Furcht in ihre Stimme zu legen - sie war bereits da. »Ich schwöre es«, antwortete sie.
»Und der Windsor-Bericht? Warum wurde er Ihnen anvertraut?«
»Er hatte schon vorher Vorkehrungen getroffen, daß ich über Lissabon wieder nach Amerika fahren sollte. Er dachte dann, ich könnte den Bericht mitnehmen und dem Herzog von Windsor zeigen.«
»Sie haben ihn gelesen? Sie kennen den Inhalt?«
Sie überlegte fieberhaft. Der Selbsterhaltungstrieb sagte ihr, wenn sie diese Frage aufrichtig beantwortete, würde er vielleicht auch ihre Lügen glauben.
»Ja - ich habe ihn auswendig gelernt.«
»Auf seine Anordnung?«
»Ja.«
»Wo ist er jetzt?«
»Ich weiß es nicht.«
Er schnippte mit den Fingern, und die Gummiknüppel sausten wieder hinab. Sie umklammerte seinen Arm. »Es ist die Wahrheit, ich schwöre es. Er lief fort - ließ mich allein. Wir hatten nicht einmal mehr Zeit, miteinander zu sprechen.«
Und er glaubte ihr, während er, voll wilder Freude über die Macht, die er auf sie ausübte, in ihr angstverzerrtes Gesicht starrte. Er nickte Berg zu. Die Männer hörten auf.
»Und die Neger, die Musiker? Waren sie irgendwie in die Sache verwickelt?«
»Nein.«
»Gut.« Er wandte sich an
Weitere Kostenlose Bücher