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Königsjagd

Königsjagd

Titel: Königsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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meinen, Obergruppenführer. Das Grüne Zimmer?«
    »Aber sicher«, sagte Heydrich lächelnd.
      Als die Zellentür entriegelt wurde und Schellenberg hereintrat, blickte sie ihn wortlos an.
    »Haben Sie nichts zu sagen?« fragte er.

      »Nicht Ihnen - nie mehr. Ich habe einen Fehler gemacht. Ich dachte, Sie seien anders, aber ich war eine dumme Gans. Was wollen Sie?«

      »Heydrich hat mir Anweisung gegeben, Sie zu ihm zu bringen.« Sie stand müde auf. »Habe ich recht, wenn ich vermute, daß das etwas Bestimmtes bedeutet?«
    »Wahrscheinlich.«
      Sie folgte ihm durch den Korridor. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Zehn vor sieben. Es wird gerade dunkel.«
    »Wie interessant.«

    »Ja, ist es wirklich. Die Organisation der SS ist peinlich genau. Alles zu seiner Zeit.« Sie waren die Kellertreppe hinaufgegangen und betraten jetzt die Halle, wo zwei Posten am Eingang standen. »Jeden Abend Punkt sieben verläßt der Kanzleibote mit Schriftstücken für den Führer und andere diese Tür.«
      Sie gingen jetzt die Treppe zum ersten Stock hoch. »Das erinnert mich übrigens an eine unglaubliche Geschichte«, fuhr Schellenberg fort, »die ich kürzlich aus Paris gehört habe. Offenbar wurde eine junge Frau unter dem Verdacht festgenommen, zu einer Resistance-Gruppe zu gehören. Man brachte sie zum Gestapo-Hauptquartier in der Rue des Saussaies, hinter dem Innenministerium. Irgend jemand ließ sie einen Augenblick allein in einem Büro. Sie nahm anscheinend eine Akte und ging hinaus. Wartete in der Nähe der Eingangshalle, bis ein hoher Offizier aus dem Haus ging, und folgte ihm eine Minute später, nachdem sie dem Posten erklärt hatte, sie müsse ihm eine Akte bringen, die er vergessen habe. Draußen verschwand sie wie der Blitz in der nächsten Seitenstraße. Nicht gerade gut für den Posten, aber so ist das Leben nun mal.«
      Sie starrte ihn mit weitaufgerissenen Augen an. »Was für ein Mensch sind Sie? Ich begreife Sie nicht.«
      Er öffnete im ersten Stock eine Tür neben Heydrichs Büro und führte sie in einen grün gestrichenen, sparsam möblierten Raum. Über der Tür am anderen Ende hing eine Uhr.
      »Achten Sie auf die Zeit«, flüsterte Schellenberg. »Eine Minute vor sieben. Zwei Minuten nach sieben müßte ungefähr richtig sein.« Er lächelte gezwungen. »Ich hoffe, Sie können zählen.« Er ging zu der anderen Tür, klopfte und öffnete sie. Heydrich saß an seinem Schreibtisch. Er stand auf und eilte ihm entgegen. »Ah, Schellenberg, ich sehe, Sie haben mir Fräulein Winter gebracht. Vielen Dank. Sie können jetzt gehen. Sie müssen sicher noch packen.«
    »Obergruppenführer.« Schellenberg grüßte.
      Die Tür ging leise hinter ihm zu. Heydrich stand da und beobachtete Hanna Winter lächelnd. Er holte ein Zigarettenetui aus der Tasche und nahm eine Zigarette heraus. Er hatte Zeit, viel Zeit. Er würde es auskosten. Über ihm erreichte der kleine Zeiger der Uhr die Sieben und bewegte sich unmerklich weiter.

      Heydrich sagte: »Treten Sie näher.« Sie zögerte, fühlte, wie sie von einem Gefühl der Panik ergriffen wurde. »Ich sagte, Sie sollen nähertreten!«

      Sie machte einen Schritt, doch als sie sich ihm näherte, klingelte das Telefon in seinem Büro. Er fluchte leise, drehte sich um, lief zu seinem Schreibtisch und na hm ab. »Hallo? Was ist?«
    Nach einer Pause sagte eine gedämpfte Stimme: »Archiv?«

      »Nein, verdammt noch mal!« Heydrich knallte den Hörer auf die Gabel und ging wieder in das andere Zimmer. Es war leer, und die Tür zum Korridor stand einen Spalt offen.
      Das war doch einfach nicht möglich! So etwas konnte nicht passieren - nicht ihm. Er riß die Tür ganz auf und sauste die Treppe zur Eingangshalle hinunter.
      »Haben Sie ein Mädchen gesehen?« fragte er einen der Posten. »Hübsch -dunkle Haare. Tweedrock und weiße Bluse.«
      »Ja, Obergruppenführer, sie ist vor einer Minute hinausgegangen.«

    »Ohne Passierschein? Wie konnte sie?«
    Der Posten, den er angesprochen hatte, machte jetzt ein ängstliches Gesicht. »Sie hatte eine Akte in der Hand, Obergruppenführer. Fragte, ob der Bote zur Reichskanzlei schon gegangen sei. Ich sagte ihr, er habe eben das Haus verlassen, und sie sagte, sie müsse ihn unbedingt einholen, da sie eine wichtige Nachricht habe.«
      Heydrich stürzte die Stufen zur Prinz-Albrecht-Straße hinunter. Es war bereits ziemlich dunkel - und weit und breit keine Spur von Hanna

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