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Kohärenz 01 - Black*Out

Titel: Kohärenz 01 - Black*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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die ihnen geblieben waren, herumkauten, tauchte Irene auf, einen geflochtenen Korb am Arm. »Ha! Da seid ihr.« Sie drückte Madonna den Korb in die Hand. »Du kennst ja die Stelle. Ich brauche Petersilie, massenhaft.«
    »O-okay«, stammelte Madonna.
    »Und am besten heute noch«, fügte Irene hinzu, dann brauste sie wieder davon.
    »Was?«, wunderte sich Serenity. »Was für eine Stelle?«
    »Irene ist hier in der Gegend schon seit zwanzig Jahren unterwegs, Trekking, Camping und so. Sie kennt die ganzen guten Plätze, wo wir unterkommen können. Das Schrille ist, dass sie an jedem Rastplatz Gartenkräuter angepflanzt hat, schon vor Jahren.« Madonna griff nach ihrem Messer. »Und jetzt ist Erntezeit.«
    »Kann ich mitkommen?«, fragte Serenity.
    »Klar. Außerdem weißt du dann gleich Bescheid fürs nächste Mal.«
    Das nächste Mal? Wann würde das sein? Wie ein jäher, scharfer Schmerz kam Serenity wieder zu Bewusstsein, dass sie hier ja nicht Urlaub machte. Über all dem Spaß mit Madonna hatte sie völlig verdrängt, dass ihr Vater von der Bundespolizei gesucht wurde, ja, als Staatsfeind Nummer eins galt.
    Allerdings hatte es gutgetan, eine Weile nicht an Christopher und seine albtraumhafte Geschichte denken zu müssen.
    Kaum zu glauben, dass es erst fünf Tage her war, seit sie ihm begegnet war. Wenn sie jetzt an ihre Schule dachte, die Prüfungen und die anderen in ihrer Klasse, kam ihr das alles vor wie die Erinnerung an ein früheres Leben, hundert Jahre her.
    All die Unbeschwertheit von eben war wie weggeblasen, als sie ihrer neuen Freundin schweigend in den Wald folgte. Bis zum Kräutergarten galt es, ein ordentliches Stück zu laufen, denn, wie Madonna erklärte, rund um den Lagerplatz trampelten die Leute zu viel in der Gegend herum. Sie schütteten Schmutzwasser aus, spuckten auf den Boden und so weiter – lauter Dinge, die man nicht auf seinen Küchenkräutern haben wollte.
    Ab und zu öffnete sich eine lichte Stelle zum See hin, und einmal sah Serenity Christopher auf einem Fels sitzen, reglos, den Blick in die Ferne gerichtet.
    »Wer war der Typ eigentlich?«, fragte sie. »Dieser George … wie? Snake?«
    »George Angry Snake«, sagte Madonna. »Das ist mein Bruder.«
    Serenity blieb vor Überraschung stehen. »Dein Bruder?«
    »Ja. Schlimm, oder?«
    »Aber wieso heißt er Angry Snake? Und nicht Two Eagles?«
    Madonna strich sich mit dem Unterarm das Haar aus dem Gesicht. »Angry Snake ist sein Kriegername. Unser Familienname ist eigentlich Graham. Die Blackfeet haben damals englische Namen angenommen, weil die amerikanische Regierung sie irgendwie verwalten wollte, aber mit unserer Kultur hat das nichts zu tun.«
    »Dann ist Two Eagles dein Kriegername?«
    Madonna musste auflachen. »Nein, Frauen haben keine Kriegernamen. Ich nenn mich bloß nach meinem Vater, weil Madonna Graham, so wie’s in meinem Pass steht, noch schlimmer klingt.«
    Serenity musste blinzeln. Das war alles ziemlich ungewohnt. Seltsam fremd. »Ich weiß über all das so gut wie nichts«, gab sie zu.
    Sie sah empor zu den Baumwipfeln, zu dem flirrenden sanftgrünen Licht, das zwischen ihnen hindurch zu Boden rieselte und alles in sanftes Halbdunkel tauchte.
    »Macht nichts«, sagte Madonna, ging in die Hocke, nahm das Küchenmesser aus dem Korb und stellte ihn neben sich. »Die meisten Indianer heutzutage wissen genauso wenig. Dass die alte Kultur wieder ausgegraben wird, fängt gerade erst an. ›Wie ein Kriegsbeil‹, sagt mein Vater immer.«
    Serenity sah sich um. Im Schutz zweier großer Findlingsfelsen erstreckte sich wild wuchernde Petersilie, ein Feld so groß wie zwei Doppelbetten.
    »Ein Kriegsbeil? Geht es darum? Um Krieg?«
    Madonna begann, die dicken grünen Büschel abzuschneiden und in ihren Korb zu werfen. »Keine Ahnung. So wie früher wird’s eh nie wieder werden. Aber so wie es ist, kann es auch nicht bleiben, mit all diesen abgeranzten Reservaten voll besoffener Indianer …« Madonna machte eine wegwerfende Handbewegung, doch Serenity meinte zu spüren, dass ihr das Thema unangenehm war. »Jedenfalls, mein Bruder ist da ziemlich engagiert. Initiationsriten, die alte Sprache, Schwitzhütten, Kriegstänze, Schmucknarben – das volle Programm.«
    »Ist doch gut«, meinte Serenity. »Von wegen seine Wurzeln kennen und so.«
    »Im Prinzip schon.« Madonna hieb auf die Petersilie ein, kappte die grünen Büschel mit geradezu wütenden Bewegungen ihres Messers. »Bloß hat sich das bei ihm dahin entwickelt, dass

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