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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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hier. Notizbuch und Stift, hier. Zusätzlicher Akku für die Kamera, ebenfalls hier. Sie war bereit.
    Maria lächelte und zog den Zipp ihrer Tasche zu. „Du glaubst doch nicht im Ernst, ich lass mir so eine Story entgehen“, sagte sie.
    â€žErstens“, sagte Bayer, „ist es gefährlich und zweitens kommst du nie dort rein“, er deutete auf die Fabrik, „weil die Bullen dich nicht reinlassen werden.“
    Maria grinste. „Erstens, du hast Recht, und zweitens, die Bullen werden gar nicht wissen, dass ich reingehe, weil ich nämlich schneller bin als sie.“
    â€žVersteh ich nicht“, sagte Bayer.
    â€žWirst du bald“, sagte Maria und wandte sich an Joe, der neben ihr stand und im Takt der Musik, die aus seinen Kopfhörern quoll, wippte. Sie zog ihm die Kopfhörer runter, redete eindringlich auf ihn ein und wünschte ihm schließlich viel Glück, was er mit einem Schulterklopfen quittierte, ehe er sich durch die Polizisten schlängelte. Aus irgendeinem Grund, vielleicht Instinkt, hob sie den Kopf und sah Drechsler und sie blickten einander an, dann winkten sie einander zu und aus den Augenwinkeln nahm sie Joe wahr, der Kalina, der einige Meter von ihnen entfernt stand, in eine Diskussion verstrickte, die Kalina zu nerven und seine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen schien.
    Sie betastete die Kette um ihren Hals, tippte Bayer auf die Schulter, sagte: „Bis später“, und war verschwunden.
    Im Büro von Patrick Berger wälzte sich Karl Michael Baumgartner auf dem Boden hin und her und wachte schließlich mit einem Ruck auf. Benommen rieb er sich die Augen und versuchte sich zu erinnern, wo er war, dann fiel es ihm wieder ein. Er war in der Fabrik, im Büro des Chefs, genauer gesagt, und wartete auf, ja, auf was? Auf die Bullen? Genau, er wartete auf die Bullen, die ihm erklärten, dass es sich um ein Missverständnis handelte, tut uns leid und alles.
    Stöhnend setzte er sich auf und streckte die Beine und wie durch ein Wunder landeten seine ohnehin schon malträtierten Füße auf dem spärlich bemessenen Teil des Teppichs, der nicht mit Scherben bedeckt war. Er humpelte ins Bad, trank einen Schluck Wasser direkt vom Hahn und hielt dann inne. Hatte er etwas gehört oder bildete er sich das nur ein? Er drehte den Hahn zu und lauschte. Nichts. Kein Geräusch durchdrang die Nacht. Erleichtert wollte er das Wasser wieder aufdrehen, als ihn plötzlich ein beunruhigender Gedanke durchzuckte. Warum war es so ruhig? Vorhin, als er auf der Terrasse gestanden war und hinuntergeschaut hatte, war das Gemurmel der Polizisten trotz der megaphonverstärkten Stimme bis zu ihm heraufgedrungen. Und jetzt? Nichts.
    Von zunehmender Angst gepackt, verließ er das Bad und gerade als er sich überlegte, ob er sich zuerst von der Terrasse aus einen Überblick verschaffen oder gleich runtergehen sollte, hörte er das Geräusch einer schweren Metalltür, die mit viel Schwung gegen eine Betonwand krachte.
    â€žGlauben Sie, es klappt?“, fragte Berger und starrte auf den Fernseher, wo ein Trupp Polizisten in dunklen Uniformen, ausgerüstet mit Helmen, Plexiglasschilden und metallenen Schienbeinschützern, auf die Fabrik, die entweder Sinnbild für eine gut überstandene schwere Prüfung oder für seinen Untergang sein würde, zurannte.
    â€žNatürlich klappt es“, sagte der Bürgermeister und quetschte seine dünnen Finger so fest um den Plastikbecher, dass er zerbrach und Cola in einem dünnen Rinnsal auf seine Schuhe tropfte, was er nicht zu bemerken schien.
    Der Umweltstadtrat, der mittlerweile dazu übergegangen war, den Whiskey, ohne Cola, direkt aus der Flasche zu trinken, enthielt sich eines Kommentars angesichts der Vorgänge auf dem Bildschirm und murmelte unverständlich vor sich hin, als wolle er einem Gedankengang, der zu geheim war, um ihn den anderen mitzuteilen, Nachdruck verleihen.
    Qualtinger, der, jetzt, wo es zur Sache ging, wieder wesentlich entspannter wirkte als während der Zeit des Wartens, goss sich einen Becher Cola ein und setzte ein überlegenes Grinsen auf. „WEGAAktionen klappen so gut wie immer“, sagte er, prostete den Männern auf dem Bildschirm zu und trank einen Schluck. Dann, als wäre ihm dieser Gedanke eben erst gekommen, drehte er sich plötzlich um, starrte Berger direkt ins Gesicht und fügte hinzu: „Außer

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