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Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles C. Mann
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Jahren, als Spanien und Portugal erstmals systematische Volkszählungen in ihren überseeischen Besitzungen durchführten, war rund die Hälfte der Bevölkerung in beiden Gebieten afrikanischen Ursprungs. Trotzdem wirkte sich die Sklaverei jeweils sehr verschieden aus. Während ihr in den wichtigsten Produktionszweigen des kolonialen Argentiniens nie entscheidende Bedeutung zukam, war das koloniale Brasilien zwingend auf sie angewiesen; es war kulturell und wirtschaftlich vollkommen geprägt von der Sklaverei. [251]
    Kurzum, alle amerikanischen Kolonien hatten Sklaven. Doch diejenigen, denen der kolumbische Austausch die endemische
P.-falciparum-
Malaria brachte, hatten sie in größerer Zahl. Die Malariaregionen Virginia und Brasilien wurden Sklavengesellschaften, die von der Krankheit weitgehend verschonten Gebiete Massachusetts und Argentinien nicht.
    Yellow Jack [252]
    In den 1640 er Jahren landeten einige niederländische Flüchtlinge aus Brasilien auf Barbados, der östlichsten Karibikinsel. Im Gegensatz zu allen anderen Regionen der Karibik war auf Barbados nie eine größere indigene Bevölkerung ansässig gewesen. In der Hoffnung, vom Tabakboom zu profitieren, hatten sich englische Kolonisten angesiedelt. Als die niederländischen Flüchtlinge eintrafen, lebten rund 6000 Menschen auf der Insel, darunter 2000 Vertragsdiener und zweihundert Sklaven. Wie sich herausgestellt hatte, gedieh der Tabak hier nicht besonders gut. Die Niederländer unterwiesen die Kolonisten im Anbau von Zuckerrohr, den sie bei ihrem gescheiterten Kolonisationsversuch in Brasilien erlernt hatten. Damals wie heute hatte Europa eine ausgesprochene Vorliebe für Süßes; Zucker war so beliebt wie rar. Barbados erwies sich als geeignetes Anbaugebiet für Zuckerrohr. Rasch breitete sich die Produktion aus.
    Die Zuckerherstellung erfordert Schwerstarbeit und viel Personal. Zuckerrohr ist ein hohes, hartes asiatisches Gras, das ein wenig an seinen entfernten Verwandten Bambus erinnert. Die Pflanzen werden vor der Ernte abgebrannt, damit sich die Feldarbeiter nicht an den messerscharfen Blättern schneiden. Wenn diese dann unter der tropischen Sonne ihre Macheten in das harte, rußverschmierte Rohr schlugen, waren sie rasch von Kopf bis Fuß mit einer klebrigen Masse aus Staub, Asche und Zuckerrohrsaft bedeckt. Die geschnittenen Stiele wurden in der Mühle gemahlen, den Saft ließ man in großen Kupferkesseln einkochen, die in Wolken von Rauch und Dampf gehüllt waren; den so produzierten Sirup füllten die Arbeiter in Tontöpfe, in denen der reine Zucker beim Abkühlen auskristallisierte. Der größte Teil der restlichen Melasse wurde zum Gären gebracht und zu Rum destilliert, ein Prozess, bei dem ein weiteres großes Feuer unter einem weiteren Hexenkessel angezündet werden musste.
    Wieder einmal stellte sich die Frage, woher man die erforderlichen Arbeitskräfte nehmen sollte. Wie in Virginia kosteten die Sklaven in der Regel doppelt so viel wie Vertragsdiener, wenn nicht mehr. Doch die Niederländische Westindien-Kompanie, ein schlecht geführtes Unternehmen, das dringend Geld brauchte, bot auf Barbados Afrikaner zu Niedrigpreisen an. Dadurch waren Sklaven und Vertragsdiener ungefähr zum gleichen Preis zu haben. Wie nicht anders zu erwarten, führten die neuen Zuckerbarone Arbeiter zu Tausenden ein: Männer, die auf den englischen Straßen angeworben wurden, und glücklose Gefangene aus den angolanischen und kongolesischen Kriegen. Von Schweiß und klebrigem Zuckerrohrruß bedeckt, schwangen Europäer und Afrikaner Seite an Seite ihre Macheten. Dann sorgte der kolumbische Austausch für eine relative Steigerung der Preise für Vertragsdiener. [253]
    Auf den Sklavenschiffen hatte sich ein blinder Passagier aus Afrika verborgen: die Stechmücke
Aedes aegypti.
In den Eingeweiden trug
A. aegypti
seinen eigenen blinden Passagier: das Virus, das Gelbfieber verursacht und ebenfalls afrikanischen Ursprungs ist. Es verbringt den größten Teil seines Lebens in der Stechmücke und benutzt Menschen nur dazu, von einem Insekt zum nächsten zu gelangen. In der Regel hält es sich nicht länger als zwei Wochen im menschlichen Körper auf. In dieser Zeit dringt es in eine große Zahl von Zellen ein, übernimmt ihre Funktionen und produziert mit Hilfe des usurpierten genetischen Materials Milliarden Kopien seiner selbst. Diese überschwemmen die Blutbahn und werden von der Mücke
A. aegypti
aufgenommen, wenn sie einen infizierten Menschen sticht. Aus

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