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Komische Voegel

Komische Voegel

Titel: Komische Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerbrand Bakker
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viele Menschen in Rollstühlen waren unter den Besuchern. Es regnete leicht, deshalb gingen nicht alle Affen nach draußen. Eine Orang-Utan-Frau schaute aus einem Fenster, während sie mit den Lippen einen Zweig entblätterte, ein reizender Anblick. Außerdem sahen wir einen Bonobo mit dem Rücken an einem dicken Pfahl sitzen, nasse Haare, mürrisches Ge
sicht. Am niedlichsten waren die Zwergseidenäffchen. Seidenäffchen sind ja schon klein, aber das Zwergseidenäffchen verleitete Bram zu der Bemerkung: »Wenn sich das ins Haus verirren würde, dann würde man es doch mit der Zeitung wieder raustreiben.« An Nichtprimaten sahen wir Pekaris oder Nabelschweine, Wasserschweine, Warzenenten, Gemeine Meerschweinchen und zwei Afrikanische Wildesel. Ach richtig, in dem breiten Graben um die Gorillainsel schwamm eine Wasserschildkröte, und ich habe in einer Simulatorkiste gesessen, in der man am eigenen Leibe erfährt, wie sich ein Zebra beim Transport auf einem Lastwagen fühlt; mir war deshalb für den Rest des Nachmittags etwas schwindlig. Jetzt weiß ich auch, warum die Zebraherden in Naturfilmen immer so schlingernd und schwankend über die Savanne rennen.
    Tote Taube
    18. Woche 2008
    Meine Schwägerin kämpft mit einer Taubenplage. Einer Plage deshalb, weil die Tauben ihr Auto vollscheißen. Mein Bruder, der woanders wohnt, brachte ihr ein Luftgewehr. Den ganzen Nachmittag, während ich im Garten mit Zurückschneiden und Umpflanzen beschäftigt war, streifte der jüngste Sohn der beiden (zwölf) nach Westernheldenart mit diesem Gewehr ums Haus, schoß aber immer wieder daneben. Darüber war ich froh. Zwischen all den ordinären Tauben waren auch zwei Türkentauben. Ich sagte dem Jungen, daß er die auf keinen Fall schießen solle, weil sie nicht scheißen, und zuerst schien er das zu glauben. Bis sich eine
der Türkentauben auf dem Schornstein niederließ und in aller Ruhe die idyllische Dorfszenerie in sich aufnahm.
    Mein Neffe legte an, schoß, und die Türkentaube verschwand sang- und klanglos hinter dem Dachfirst. Er lief in eins der Schlafzimmer hinauf und schaute aus dem Fenster, um den Erfolg zu kontrollieren, ich folgte ihm und schaute mit, weil ich Angst hatte, die Taube wäre vielleicht noch nicht tot. »Richtig tot, sieh mal, überall Blut«, sagte er. Der Anblick dieser stillen Taube in der Dachrinne, von ihren Flügeln wie von einem Leichentuch eingehüllt, verdarb mir den Nachmittag.
    Vor dem Abendessen sah ich in der Zeitung ein großes Foto von toten Kühen, an einem Bein aufgehängt, auf dem Weg zur Zerlegesäge. Ein schockierendes Bild, ich spürte die Kraft dieser riesigen Leiber, die auf eventuellen späteren Fotos halbiert und noch später zu Steaks, Schmorfleisch und Gehacktem verarbeitet sein würden. Während des Essens teilte mein Neffe uns mit, daß er sehr stolz auf sich sei. »Weil du ein Tier umgebracht hast?« wollte ich wissen. Nein, weil er getroffen habe. Meine Schwägerin sagte, sie finde es ja auch schrecklich, aber ein vollgeschissenes Auto, das man gerade erst gewaschen habe, sei noch schrecklicher. Das Bami Goreng, das wir aßen, war übrigens vegetarisch, und das war mir sehr lieb.
    Ich weiß nicht, wo ich stehe. Ich weiß es einfach nicht. Ich kenne die Gesetze des Landlebens, das Schicksal der eine Woche alten Kätzchen, die Lockelstern in Elsternfallen, die Strecken mit den erlegten Enten, Hasen und Fasanen, die jungen Füchse mit eingeschlagenen Schädeln, die ertrunkenen Schafe. Vorläufig bin ich jemand, der hofft, daß danebengeschossen wird.
    Wollust
    20. Woche 2008
    Waterland, 4. Mai.
Auf den Kirchtürmen aller Dörfer war halbmast geflaggt. An diesem Tag sollen die Menschen an den Tod denken. Nie zuvor habe ich soviel Sinnlichkeit und Wollust erlebt, am Himmel, im Wasser und auf den saftigen Wiesen, auf denen sogar das sonst so schüchterne Wiesenschaumkraut etwas Laszives ausstrahlte. Staatsbosbeheer
hatte das Schilf mähen und Erlen- und Weidengestrüpp entfernen lassen, so daß man freie Sicht hatte. Entlang der Wassergräben eine Orgie in Weiß und Gelb, Wiesenkerbel und Raps. Raps riecht berauschend süß, und ich überlegte ein wenig ängstlich, was es mit diesem wollüstigen Gezappel in den Gräben auf sich haben könnte. Karpfen. Außergewöhnlich große, geile Karpfen laichten auf Teufel komm raus, je schmaler und flacher der Graben, desto lieber. Hoch über mir vollführten Weihen aus purer Sinnlichkeit Flugstunts, bei denen sie zusammenprallten,

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