Komm mit mir nach Kreta
dich.“
„Nein“, sagte sie kopfschüttelnd, während sie sich krampfhaft an die Stuhllehne klammerte. Aber mit seinem durchdringenden Blick schien Costas mitten in ihr Herz zu sehen und die Wahrheit zu entdecken, die sie aus Angst um ihre Selbstachtung so verzweifelt zu verbergen versuchte.
„Doch. Wir brauchen dich, Sophie.“
„Wir?“
„Eleni …“
„Geht es ihr schlechter?“ Sophies Augen weiteten sich vor Schreck. Es war erst wenige Stunden her, dass sie das Krankenhaus verlassen hatte. Da schien es Eleni gut zu gehen. Hatte sich ihr Zustand plötzlich verschlimmert?
Mit grimmiger Miene streckte Costas die Hand aus. „Eleni braucht dich. Jetzt.“
„Aber ich kann nicht. Ich bin auf den Flug nach Athen gebucht.“
„Das ist unwichtig. Wenn dies vorbei ist, besorge ich dir sofort ein neues Ticket.“
Sophie bemerkte den abgespannten Zug um seinen Mund, die starre Körperhaltung. Was auch immer passiert war, es ging um Leben und Tod. Arme, tapfere kleine Eleni. „Versprochen?“
„Wenn du einen Flug willst, werde ich dich persönlich an Bord bringen.“
Sophie glaubte ihm. Ganz gleich, wie er sonst sein mochte, Costas war ein Mann, der Wort hielt. Er war immer ehrlich zu ihr gewesen. Keine Ausflüchte, keine Beschönigungen der Wahrheit. Er sagte, was er meinte. „Aber warum mich …?“
„Du bist diejenige, die sie braucht.“
Argwöhnisch sah Sophie ihn an. Eleni hatte sie lieb gewonnen, das stimmte – aber was hatte sie, das nicht auch Elenis Vater oder Großeltern leisten konnten?
„Wir müssen gehen.“
„Mein Koffer …“
„Darum habe ich mich schon gekümmert.“
„Ohne mich vorher zu fragen?“
„Sophie. Es ging nicht anders. Glaub mir. Dies ist ein Notfall“, sagte Costas eindringlich.
Sein Gesicht war starr. Dennoch erkannte sie an seinem Blick, dass es wirklich wichtig war. Wichtiger als ihr großer Kummer oder ihr Stolz. Costas war völlig verzweifelt. Und er wirkte unsicher. Diese Unsicherheit überzeugte sie mehr als alles andere. So hatte sie ihn noch nie gesehen.
Elenis Zustand musste ernst sein.
Warum tat es ihr so in der Seele weh, Costas’ Qual mitanzusehen? Ratlos fragte sich Sophie, wie sie so viel für einen Mann empfinden konnte, der sie nicht wollte. Aber so war es einfach. Er hatte ihr Herz gebrochen, und dennoch konnte sie nicht mitansehen, wie er litt.
Costas legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie nach draußen. Auf dem Flur wartete der kleine Mann in dem grauen Anzug.
„Ist alles in Ordnung, Mr. Palamidis?“
„Ja.“ Costas schüttelte ihm die Hand, dabei behielt er den linken Arm um Sophie. „Danke für Ihre Hilfe. Ich bedauere, Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet zu haben.“
„Das macht überhaupt nichts. Es war mir ein Vergnügen, unter solchen Umständen zu helfen.“
„Und ich weiß es sehr zu schätzen.“
Der andere Mann strahlte.
„Wir müssen jetzt gehen.“ Costas führte Sophie den Flur entlang.
„Welche Unannehmlichkeiten?“, fragte sie, als sie in der Nähe des Terminalausgangs herauskamen.
„Den Start der Maschine nach Athen aufhalten.“
„Was?“
„Dich gar nicht erst an Bord gehen zu lassen und deinen Koffer wieder auszuladen war einfacher, als den Piloten anzuweisen, umzukehren.“
Sophie blieb stehen und blickte Costas an. Er machte keinen Spaß. „Hättest du das wirklich getan?“
„Natürlich“, erwiderte er achselzuckend. „Wenn es nötig gewesen wäre.“
Dass er einflussreich war, hatte sie gewusst. Aber konnte er tatsächlich veranlassen, dass eine Maschine während des Flugs umkehrte?
„Komm jetzt, Sophie. Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt.“
Selbstverständlich nicht. Eleni brauchte sie beide. „Okay, fahren wir zum Krankenhaus.“
Mit besorgter Miene wartete Yiorgos neben der Limousine. Als sie erschienen, lächelte er gezwungen.
„Das Gepäck?“, fragte Costas, während er Sophie auf den Rücksitz schob.
„Schon im Kofferraum.“
Nur Sekunden später fuhren sie los. Die Trennscheibe glitt hoch und grenzte den Fond von Yiorgos ab. Sophie rutschte so weit wie möglich von Costas weg. Ihre Gefühle waren ein einziges Durcheinander. Angst um Eleni. Lähmendes Entsetzen, weil sie nach dem, was zwischen ihnen passiert war, Costas doch noch wieder ins Gesicht sehen musste. Und – konnte es sein? – Erleichterung, dass sie noch länger auf Kreta blieb.
Von dem Moment an, als er den kahlen kleinen Raum betreten hatte, war alles so unwirklich gewesen. Flüchtig
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