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Komm und küss mich!: Roman (German Edition)

Komm und küss mich!: Roman (German Edition)

Titel: Komm und küss mich!: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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Entschluß steht fest«, fuhr sie fort, als ob die Frau ihr widersprochen hätte. »Ich habe keinen Ehemann und kein Geld. Ich habe eine Chefin, die mich nicht ausstehen kann. Ich kann mir nicht einmal eine Krankenversicherung leisten.«
    »Ja, ich verstehe. Es ist schwer –«
    »Sie verstehen gar nichts! Mein ganzes Leben lang habe ich auf Kosten anderer Menschen gelebt, damit ist jetzt Schluß. Ich will etwas aus meinem Leben machen.«
    »Das ist sehr lobenswert. Sie sind doch eine patente junge  –«
    Aber Francesca wollte keine Sympathie, hatte nur das dringende Bedürfnis, Mrs. Garcia – und sich selbst – zu erklären, welche Beweggründe sie in diese rote Backsteinklinik im ärmsten Viertel von San Antonio geführt hatten. Sie fröstelte, obwohl es warm im Zimmer war. »Haben Sie schon mal Bindfadenbilder gesehen? Brücken und Schmetterlinge und so etwas, die auf schwarzem Samt mit kleinen Nägeln und farbigen Bindfäden gespannt werden?« Mrs. Garcia nickte. »Ja, sehen Sie, so ein fürchterliches Machwerk hängt bei mir an der Wand, direkt über meinem Bett, eine Gitarre aus scheußlichen rosa- und orangefarbenen Fäden.«
    »Und was hat das mit …«
    »Wie kann eine Mutter ein Baby zur Welt bringen, wenn sie in so einem Zimmer wohnt? Welche Mutter würde ihrem Baby so etwas Häßliches zumuten wollen?« Baby. Jetzt hatte sie das Wort ausgesprochen. Zweimal sogar. Die Tränen standen ihr in den Augen, aber sie hielt sie zurück. Im Lauf des letzten Jahres hatte sie so viele Tränen vergossen, hatte so sehr in Selbstmitleid geschwelgt, daß es für ein ganzes Leben reichte.
    »Wissen Sie, Francesca, eine Abtreibung ist schließlich kein Weltuntergang. Ihre Lebensumstände können sich positiv verändern, und dann kommt Ihnen eine Schwangerschaft vielleicht nicht so ungelegen …«
    Francesca sackte in sich zusammen, ihr Ärger war verflogen. Ging es etwa darum, ob ein Menschenleben gelegen oder ungelegen war? Und wenn ihr ein Kind jetzt gerade nicht paßte, mußte sie es einfach loswerden? Sie sah Mrs. Garcia ins Gesicht. »Meine Freundinnen in London haben ihre Abtreibungen immer so gelegt, daß sie keinen Ball und keine Party verpassen mußten.«
    Mrs. Garcia wurde zusehends kühler. »Die Frauen, die hierherkommen,
machen sich keine Gedanken um eine verpaßte Party, Francesca. Es sind Fünfzehnjährige, deren ganzes Leben noch vor ihnen liegt, oder verheiratete Frauen, die schon zu viele Kinder allein großziehen müssen. Es sind Frauen ohne Arbeit und ohne Hoffnung.«
    Aber in der Situation bin ich nicht, sagte sich Francesca. Sie war weder hilflos noch völlig am Boden zerstört. In der letzten Zeit hatte sie das eindeutig bewiesen; sie hatte Toiletten geschrubbt, sich beleidigen lassen, sich fast ohne Geld durchgeschlagen. Die meisten hätten aufgegeben, sie nicht. Sie hatte überlebt.
    Das war eine ganz neue Selbsteinschätzung. Sie richtete sich auf. Mrs. Garcia wandte zögernd ein: »Aber Sie befinden sich momentan in einer prekären Lage.«
    »Ja.« Francesca dachte an Clare, die häßlichen Räumlichkeiten über der Garage, das Gitarrenbild … und an ihre Unfähigkeit, Dallie um Hilfe zu bitten, obwohl sie es bitter nötig hatte. »Meine Lage ist wirklich prekär.« Sie nahm ihre neue Segeltuchtasche und stand auf. Der impulsive, optimistische Kern war doch noch da und zwang sie, gegen jede Logik und Vernunft zu handeln … etwas Wunderbares zu tun.
    »Kann ich bitte mein Geld zurückhaben, Mrs. Garcia? Bitte ziehen Sie Ihr Honorar für die Beratung ab!«
    Mrs. Garcia schien besorgt. »Sind Sie sicher, daß Sie die richtige Entscheidung getroffen haben, Francesca? Sie sind schon in der zehnten Woche. Ihnen bleibt nicht mehr viel Zeit für eine risikolose Abtreibung. Sind Sie sich wirklich sicher?«
    Francesca nickte, obwohl sie so unsicher war wie noch nie in ihrem Leben.
    Von all ihren Dummheiten war dies sicherlich die dümmste. Sie lächelte. Dallie hatte schon recht gehabt – sie hatte nicht einen Funken Verstand im Leib. Sie war ärmer als eine Kirchenmaus, hatte nichts gelernt und bewegte sich stets am Rande der Katastrophe. Aber jetzt, in diesem Augenblick, war das
völlig gleichgültig, denn manches im Leben war wichtiger als alle Vernunft.
    Francesca hatte ihren Stolz und ihre Menschenwürde verloren. Ihr Baby wollte sie nicht verlieren.

20
    Francesca sollte in den nächsten Monaten eine wunderbare Entdeckung machen: Mit dem Rücken zur Wand, einer Pistole auf der Brust

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