Kommandosache HC-9
Admirals gehörte.
Der Stollen war knapp eine halbe Meile lang und ziemlich schmal. Die zwischen den Hausfronten verlaufende Fahrbahn war aber breit genug; schwere Laster verkehrten hier allerdings nicht. Deshalb hatte Hannibal auch von einer ›ruhigen‹ Lage gesprochen.
Obwohl ich mich schon seit vier Stunden in meinem Quartier aufhielt, hatte sich der Zwerg bisher noch nicht sehen lassen. Ich wurde unruhig, da ich ohne seine näheren Informationen nichts anfangen konnte. Zwar wußte ich, daß ich zu warten hatte, bis sich die andere Seite meldete, aber es war fraglich, ob sie sich überhaupt melden würde. Ich brauchte Hannibals Informationen, um die Angelegenheit beschleunigen zu können.
Wenn die hiesige Spionagezentrale gut orientiert war, dann mußten die Leute wissen, daß ich der Kommandant war, den man mit dem Transport der C-Bomben beauftragt hatte.
Das war ein ausgezeichnetes Lockmittel. Bis zu diesem Punkt war für mich alles klar. Für die Leute mußte ich der geeignete Mann sein, der infolge des Vertrauens, das er genoß, unauffällig wichtige Unterlagen aus dem Stützpunkt bringen konnte.
Ich überlegte, ob die wahrscheinlich anlaufende Kriegsgerichtsverhandlung von Vorteil sein konnte oder nicht. Das wollte ich unbedingt mit dem Kleinen besprechen. Notfalls mußte ich die Verhandlung durch die GWA-Zentrale niederschlagen lassen. Diese Geschichte war ein Faktor, den wir bei der Vorplanung nicht hatten einkalkulieren können.
Sogar der Alte hatte nicht mit einem direkten Angriff durch ein GAS-U-Boot gerechnet. Ferner hatte ich es noch vor einigen Stunden für unmöglich gehalten, daß die GAS-Regierung die Frechheit aufbringen könnte, eine Protestnote zu schicken.
Das aber war geschehen; daran ließ sich nichts mehr ändern.
Da sich in Washington bereits die Dienststellen mit dem Zwischenfall beschäftigten, war es nicht ratsam, in der gegenwärtigen Situation mit den Machtmitteln der GWA in dieses Räderwerk einzugreifen. Im Marine-Ministerium brauchte nur ein Mittelsmann zu sitzen, und schon war mein Einsatz verraten.
Ich beschloß, die Verhandlung ruhig abzuwarten, falls es wirklich dazu kommen sollte.
Als ich meine Gedankengänge soweit abgeschlossen hatte, hielt ein Dienstwagen vor der Tür. Ich beobachtete, wie GWA-Leutnant Utan gravitätisch über den Bürgersteig stolzierte.
Der Wagen fuhr weiter. In meiner Diele klang der Summer auf. Auf einer kleinen Bildfläche erschien Hannibals faltiges Gesicht, das unter der breiten Schirmmütze so komisch wirkte, daß ich unwillkürlich lachen mußte. So etwas war nun ein GWA-Agent!
Ich öffnete. Hannibal stolperte durch die aufgleitende Tür und riß grinsend seine Dienstmütze vom Kopf. Verhältnismäßig leise erkundigte er sich:
»Bist du alleine, Langer?«
Ich nickte. Daraufhin ließ sich der Zwerg in einen Sessel fallen. Übergangslos teilte er mir mit:
»Vor fünfzehn Minuten ist dein Chefingenieur tödlich verunglückt.«
Ich fuhr bei dieser Hiobsbotschaft zusammen, als hätte ich mit den Fingern eine Hochspannungsleitung berührt.
»Wie war das?« flüsterte ich.
»Dein Chefingenieur ist tot«, wiederholte er. »Ich bekam gerade die Meldung, kurz bevor ich abgelöst wurde. Er ist in Trockendock III auf die Stromschiene eines Laufkrans gefallen. Er soll sehr unangenehm aussehen. Das wäre alles.«
Er sagte das mit der Sachlichkeit eines Mannes, der dem Tod schon oft ins Auge gesehen hatte.
Ich stand wie erstarrt. Die verschiedensten Überlegungen begannen sich in meinem Gehirn zu jagen. Deutlich sah ich den Chefingenieur vor mir, wie ich ihn vor Tagen zum erstenmal kennengelernt
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