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Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin

Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin

Titel: Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodil Mårtensson
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musste: Wo befand sich in diesem Durcheinander das Physikum?
    Für Besucher wie ihn gab es am Ortseingang einen Orientierungsplan von gigantischem Ausmaß. Nachdem er diesen konsultiert und Notizen gemacht hatte, war Joakim Hill überzeugt davon, dass er das Institut, das er suchte, ausfindig machen würde.
    Es gelang ihm auch ganz richtig, das Institut für theoretische Physik zu finden, aber gerade als er die winzigen und altmodischen Namensschilder an den Türen studierte, schrillte sein Handy. Es hallte zwischen den stillen, leeren Wänden wider, als hätte gerade jemand den großen Feueralarm ausgelöst.
    Plötzlich war der Korridor nicht mehr leer.
    Ein Kopf nach dem anderen wurde durch halb offene Türen gestreckt, unzählige Augen starrten verärgert auf den Störer. Die theoretische Arbeit hatte eine ernsthafte Unterbrechung erfahren, und einige der Denker schüttelten verstimmt ihre Wuschelköpfe.
    Hill zog sich in eine Fensternische zurück und antwortete in dem strahlenden Sonnenlicht, das durch ungeputzte und staubige alte Doppelfenster fiel.
    »Ja? Hier ist Hill.«
    »Kriminalkommissar Joe Hill?«, wollte eine unbekannte Stimme wissen.
    »Joakim Hill.«
    Was sollte dieser Unsinn? Auch wenn ihn nicht alle liebten, so wussten hier alle, wer er war!
    Aber der Anruf kam nicht aus Helsingborg.
    »Ja, hallo! Hier spricht Holmgren«, fuhr die Stimme fort.
    »Wie bitte … wer?«
    »Holmgren, aus Landskrona.«
    Es dauerte eine Weile, bis Hill sich erinnerte.
    »Ach, richtig, Entschuldigung. Was kann ich für Sie tun?«
    »Tja, die Sache ist eher umgekehrt. Wir haben einen neuen für Sie.«
    »Einen neuen?«
    Hill kam sich dumm vor. Vermutlich beeinträchtigte diese staubige, sonnige Luft in Lund sein Denkvermögen. Ihm fehlte die frische Brise an der Küste.
    »Ja, einen ermordeten Tankwart«, antwortete Holmgren.
    Mit einem Mal reagierte Hill schnell.
    »Mit Augenbinde?«, fragte er.
    »Ja. Mit Augenbinde und offenbar durch den Mund erschossen.«
    »Wann ist das passiert?«
    »Tja, vermutlich ist er recht kürzlich, also gegen drei Uhr, erschossen worden. Die Spurensicherung ist noch nicht fertig, aber eigentlich besteht daran kaum ein Zweifel.«
    Hills Gedanken überschlugen sich, und er konnte sich nur mit Mühe auf das Wesentliche konzentrieren.
    »Aber wie sind Sie auf meinen Namen gekommen?«
    »In Landskrona lesen wir schließlich auch die Kvällsposten. Es fiel nicht schwer, gewisse Zusammenhänge zu vermuten, und Joansson hat uns die Nummer gegeben.«
    »Joansson? Ach so.«
    »Ja, wir kennen uns von früher. Wir haben eine Weile zusammen Paintball gespielt.«
    »Ich verstehe.«
    Es ist schmählich, so nahe dran zu sein und sich trotzdem zurückziehen zu müssen, wie schon Don Juan festgestellt hat. Hill blieb nichts anderes übrig, als bereits erobertes akademisches Territorium aufzugeben und in die Nachbargemeinde zu eilen.
    »Ich komme ein andermal zurück«, versicherte er im Vorbeihasten einer verärgerten Institutssekretärin, die sich auf den Gang gewagt hatte, um der Ursache der Ruhestörung näher auf den Grund zu gehen.
    Unverzüglich rief sie bei der Securitas an, meldete den Vorfall und brachte es auch fertig, eine einigermaßen zutreffende Beschreibung des Ruhestörers abzugeben. Sie erhielt die ernst gemeinte Anweisung, sofort Alarm zu schlagen, falls sich der Verdächtige nochmals zeigen sollte.
    Joakim Hill brauchte nur siebzehn Minuten, um mit dem Auto das nördliche Ortsende von Landskrona zu erreichen. Das war der Vorteil von Schonen – und gleichzeitig auch der Nachteil. Alles lag so unerhört nahe beisammen.
    Die Tankstelle lag an einem Kreisverkehr, der von aufwendigen Pflanzungen umgeben wurde. Dahinter breitete sich das friedliche, echt schonische Frühlingsgrün in dem strahlenden Nachmittagslicht aus. Die blau-weißen Absperrbänder der Polizei, die Neugierige zurückhalten sollten, standen dazu in grellem Kontrast. Die Blaulichter der Streifenwagen warfen unruhiges Licht auf den gelbroten Rettungswagen, der rückwärts an die Tankstelle herangefahren war.
    Die Absperrbänder flatterten lustig in der Frühlingsbrise, aber hinter dem Geflatter verbarg sich wieder einmal eine Tragödie.
    Das jüngste Opfer besaß Familie, womöglich auch noch Kinder, und die Ehefrau war gerade eingetroffen. Hill vernahm verzweifeltes Weinen und halb erstickte Angstschreie.
    Die Begegnung mit den Angehörigen war immer das Schlimmste, und wenn er mit Tränen konfrontiert wurde, flammte seine

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