Kommissar Joakim Hill - 01 - Die zärtliche Zeugin
die Sache nicht unnötig aufbauschen wollte, nachdem er wieder zu sich gekommen war. Zum anderen war das Ereignis zu geringfügig, als dass es den pünktlichen Verkehr über den Sund beeinträchtigt hätte.
Allerdings standen einige Streifenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht vor den Zollhäuschen des Fährterminals. Aber dort gab es nicht viel zu holen.
Alle Fahrzeuge, die an Bord gewesen waren, hatten den Zoll bereits passiert, und den Zöllnern war nichts Außergewöhnliches aufgefallen. Alle sahen in der Abenddämmerung mehr oder minder gleich aus, und war zuvor nicht irgendein Tipp eingegangen, so floss der Verkehr relativ zügig. Wäre der Alarm nur fünf Minuten eher gekommen, dann …
Diejenigen, die Kommissar Hill misshandelt hatten, waren also bereits spurlos verschwunden.
Es war fast elf Uhr nachts, als Catharina Elgh endlich Gelegenheit erhielt, Hill die vermeintliche Demütigung heimzuzahlen. Er saß in einem der Behandlungszimmer der Notaufnahme auf einer Pritsche.
»Au! Aua!«, klagte er, als sie eine kleine Wunde am Haaransatz desinfizierte.
»Stillsitzen«, ermahnte sie ihn.
Er verabscheute sie, die professionelle Ruhe, mit der sie seine Blessuren verarztete. Besonders deswegen, weil er bei seiner eigenen Arbeit so vollständig versagt hatte. Gleichzeitig war er dankbar dafür, dass ihm im Warteraum der Notaufnahme die Blicke der anderen Patienten erspart blieben.
»Ich weiß, dass das etwas brennt, aber gleich ist es vorbei«, versicherte sie ihm.
Sie hatte bereits eine Platzwunde über der Braue mit zwei ordentlichen Stichen genäht und die Oberlippe geklebt.
»Gewisse Vorteile hat es immerhin, mit einer Ärztin auszugehen«, murmelte Hill und verzog das Gesicht, »zum Beispiel, dass man in jedem Krankenhaus ohne größere Schwierigkeiten ein Behandlungszimmer bekommt. Falls man nach dem Essengehen eins braucht.«
»Die Nase wird dir noch eine ganze Weile wehtun, Joakim«, stellte Catharina seine sarkastische Bemerkung ignorierend fest. »Sie ist zwar nicht gebrochen, aber ich habe den starken Verdacht, dass das eigentliche Nasenbein einen Riss bekommen hat. Da lässt sich leider nicht viel machen. Ich kann ein Stützpflaster aufkleben, und dann muss man eben abwarten.«
Kurz und gut.
»Kannst du dich jetzt hinlegen?«, forderte sie ihn auf, »dann kann ich dich abtasten.«
Wie es ihm gefallen hätte, wenn sie ihm das unter ganz anderen Vorzeichen gesagt hätte! Er hatte natürlich gehofft, dass sie intim werden würden, aber nicht so!
Mit Mühe legte er sich auf die grüne Plastikpritsche, auf der ein neues Papier lag. Er blutete nicht mehr, er hatte jedoch bereits den Fußboden und Catharinas hübsche Jacke versaut.
Alles tat weh, und er hatte den Verdacht, dass das auch am nächsten Tag nicht anders sein würde. Im Gegenteil.
Aber zumindest lebte er noch.
Wie durch ein Wunder war dieser gigantische Holländer im richtigen Augenblick aufgetaucht. Wenn er nicht so ein dringliches Bedürfnis gehabt hätte, außer sich und außergewöhnlich beharrlich, dann hätten sie ungestört weitermachen können. Bis sie fertig gewesen wären.
Joakim Hill hatte dem Mann sein Leben zu verdanken. Er hatte angeboten, ihm die chemische Reinigung zu bezahlen, und zusätzlich eine größere Summe in bar, weil er so dankbar war.
Aber der Riese hatte nur abgewinkt. Gerührt und liebevoll hatte er den Kommissar in seine Arme geschlossen, als er realisiert hatte, was vorgefallen war. Er hatte Tränen vergossen und gesagt:
»Prijs de heer, dat alles goed is! «
Danke, Herr, dass alles gut ist! Und Hill hatte ihm nur zustimmen können. Er bestand darauf, dass ihm sein Retter zumindest seine Adresse gab, um ihm später noch einmal ordentlich danken zu können.
Es hatte sich gezeigt, dass es sich nicht etwa um einen Profiringer, sondern um einen Paleontologen von der Universität Amsterdam gehandelt hatte, der in Göteborg einen Vortrag halten wollte.
Kommissar Hill stöhnte leicht, als Frau Dr. Elgh mit leichten Fingern seine Bauchmuskulatur abtastete. Es war nie ganz ungefährlich, ein Eisenrohr in den Bauch zu bekommen. Aber einen Augenblick lang fand er fast, dass es das wert gewesen war.
Sie ließ ihre Finger mit leichtem Druck kreisen. Strich ihm auf eine aufreizend weiche Art über die Seiten und arbeitete sich dann zum Nabel vor und zu den Organen in dieser Region.
Er fragte sich … ob es wirklich nur ihr Medizinstudium war, das sie so kompetent machte.
»Okay, keine Rippen gebrochen,
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