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Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten

Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten

Titel: Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodil Mårtensson
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eine rohe Abmahnung.
    Mitten in seinen anregenden Fantasien wandte ihm die Blondine ihr langnasiges, pickeliges Jünglingsgesicht zu und hielt ihm einen einwandfreien Führerschein durch die minimal heruntergekurbelte Scheibe entgegen. Das Ganze war ihm so unsäglich peinlich, dass er direkt im Erdboden hätte versinken mögen.
    In seiner Verlegenheit versuchte Gårdeman den Kloß im Hals durch ein kräftiges Räuspern zu lockern, während Blondie das Ganze ziemlich lustig fand. Er grinste versonnen vor sich hin, wobei sich der Priem Schnupftabak, den er sich kurz zuvor zu Gemüte geführt hatte, wie ein kleines Kissen unter der Oberlippe abzeichnete.
    »Also nee«, stichelte er mit einem neckischen Blick aus seinen klarblauen Kulleraugen, »was macht ihr Buschwindröschen denn bei diesem Mistwetter hier draußen?«
    »Buschwindröschen?«
    »Ja, klar, ihr blüht doch nicht auf, bevor nicht die Frühlingssonne ihre ersten Strahlen über die Wiesen schickt, oder?«
    Das war ja total lustig – ein richtiger Scherzkeks! Gårdeman konnte sich kaum halten vor lachen. »Danke«, sagte er und reichte ihm mit ausgesucht professioneller Höflichkeit den Führerschein zurück. »Ich habe Sie herangewunken, um Sie darauf hinzuweisen, dass es unter den vorherrschenden meteorologischen Umständen angebracht wäre, eine moderatere Geschwindigkeit zu wählen.«
    »Wie bitte?«
    »Fahren Sie nicht so verdammt schnell, wenn es glatt ist!«, verdeutlichte Gårdeman.
    »Aha! Okay«, nickte Blondie. »Jetzt hab ich’s kapiert.«
    Er fuhr sich mit den Fingern durch die Lockenpracht und kratzte sich am Kopf. »Kann ich jetzt abzwitschern?«
    Gårdeman nickte, machte einen Schritt zur Seite und entließ den schönen Jüngling aus der Parkbucht. Der Valiant tuckerte auf die Fahrbahn hinaus. Dabei stieß er einige angestrengte Rauchwolken aus, bevor er beschleunigte und bald im selben hohen Tempo wie zuvor die Straße hinunterpflügte.
    Gårdeman lockerte den stramm sitzenden Kinnriemen und schüttelte den Kopf. Was machte das Ganze hier eigentlich für einen Sinn?
    Das strategisch günstig platzierte Neonschild von Nestlé hielt das ganze Jahr über Tag und Nacht Informationen, Ankündigungen und Hinweise für alle Verkehrsteilnehmer auf der Magnus Stenbocksgatan bereit. In riesigen leuchtend roten Lettern konnte man lesen LANGSAM FAHREN!, und er fragte sich, wie viele Verkehrsteilnehmer die Aufforderung überhaupt wahrnahmen.
    Ganz anders war es, wenn während der Saison die Veranstaltungen des Sportvereins HIF im Olympiastadion direkt nebenan angekündigt wurden. Da genügte den Vorbeifahrenden der kleinste Hinweis auf der Informationstafel, um sich die Angaben aufmerksam einzuprägen. Und folglich füllte sich die breite Durchgangsstraße ebenso wie die umliegenden kleineren Zufahrtswege entlang eindrucksvoller Patriziervillen genau am angegebenen Tag und zur richtigen Zeit mit anreisenden Fußballfans. Doch LANGSAM FAH-REN! war eine Botschaft, auf die offenbar keiner reagiert, sommers wie winters.
    Gott sei Dank nur noch eine oder höchstens zwei Kontrollen bis zu seiner Rückkehr ins Präsidium! Die Mittagszeit war bereits so gut wie vorbei, und es wäre nicht verkehrt, demnächst etwas zwischen die Zähne zu bekommen. Die Kälte hatte ihn außerdem doppelt hungrig gemacht. Und danach würde er sich vermutlich den Rest des Nachmittags zusammen mit Hill in die Mordfälle vertiefen, sodass es geschickt wäre, vorher etwas zu essen.
    Was die Ermittlungen anbelangte, wurde er das Gefühl nicht los, dass es vielleicht nicht ganz einfach werden würde, Berit Nilsmed zum Verhör einzubestellen. Sie wirkte zwar extrem labil, aber selbst bei so mageren und zerbrechlichen Persönchen wie ihr konnte man nie wissen, wie sie reagierten, wenn man die Situation forcierte.
    Eines war ihm jedoch klar: Heute Abend würde er unter keinen Umständen Überstunden machen.
    Er hatte Lena bereits beim morgendlichen Frühstück versichert – wenn auch in ziemlich verschlafenem Zustand –, die nicht zustande gekommenen gemeinsamen Abende nachzuholen. Es war höchste Zeit, endlich das köstliche Mahl zuzubereiten, das ihnen jetzt schon mehrfach verwehrt geblieben war. Kurzum, heute würden sie sich einen richtig gemütlichen Abend machen.
    Gårdeman winkte den nächsten Autofahrer auf den letzten Platz in der Parkbucht, und der Fahrer hielt mit seinem Saab 900 im entferntest gelegenen Winkel. Ja, er fuhr fast mitten in die von Frost überzogenen Büsche.

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