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Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten

Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten

Titel: Kommissar Joakim Hill - 02 - Die Frau im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodil Mårtensson
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verhielten, was das Verbreiten von Peinlichkeiten, die Kollegen widerfuhren, anging.
    Außerdem gehörte Sahlman nicht gerade zu denen, die unbedingt auf weibliche Gesellschaft verzichten wollten, auch wenn es sich in diesem Fall ausschließlich um einen Dienstauftrag handelte.
    Er hatte, um die Wahrheit zu sagen, schon seit geraumer Zeit ein Auge auf Birgitta Svenningson geworfen. Sie war neu im Job und kaum sechsundzwanzig Jahre alt. Doch sie schien sowohl ausdauernd als auch zielstrebig zu sein. Außerdem war sie gelenkig, gut durchtrainiert und schnell wie eine Gepardin. Aufgrund ihrer relativ kurzen Dienstzugehörigkeit war sie ziemlich wachsam, und wie er hoffte, auch frei von vorgefassten Meinungen. Das war in diesem Fall die Hauptsache.
    Susanna Avehed hingegen war in den meisten Punkten wohl das genaue Gegenteil von Birgitta. Wie er selbst näherte sie sich mit großen Schritten der Fünfzig. Und wahrscheinlich wog sie auch ein paar Kilo zu viel – sie war die Erste, die es zugab. Eine Art Mutterfigur im Präsidium, die gute Susanna, gelassen und gutmütig und immer mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. Sie schien weder Missmut noch Stress zu kennen.
    Ihr Mann, Göran Avehed, war ebenfalls Polizist gewesen, hatte allerdings Probleme mit dem Rücken bekommen. Nach langwierigen Streitigkeiten mit der Krankenversicherung und deren Vertrauensarzt, war er einem Jiujitsu-Verein beigetreten, wo es ihm gelang, einen Großteil seiner Schmerzen durch intensives Training loszuwerden. Kurze Zeit später hatte er ein eigenes Fitnessstudio gegründet, in dem er jetzt die vom ständigen Sitzen geplagten Kollegen trainierte, damit ihnen ein ähnliches Schicksal erspart bliebe.
    Susanna war weiterhin im Polizeidienst beschäftigt, auch wenn sie mittlerweile im Innendienst arbeitete und sich somit eher um administrative Dinge kümmerte. Zeitweise half sie jedoch noch im Außendienst aus.
    Wie auch jetzt, darauf hoffte Sahlman jedenfalls, während er gerade einen Versuch unternahm, sich die Aufmerksamkeit Joanssons unten an der Rezeption durch die Sprechanlage zu verschaffen.
    »Hallo? Joansson?«, rief er munter in den Lautsprecher.
    »Einen Augenblick bitte, Sahlman«, hielt ihn Joansson hin.
    Joansson schien heute wirklich jeder Sinn für Humor abzugehen. Darüber hinaus war er eigentümlich kurz angebunden, denn er fühlte sich nicht wohl. Er verabscheute das kalte Wetter; es bereitete ihm Krämpfe in der Gefäßmuskulatur, eine entsetzliche Wintermüdigkeit und dazu noch richtig schlechte Laune. Im Präsidium hatte man mit der ersten Grippewelle des Winters zu kämpfen, die derartige Fehlzeiten nach sich zog, dass man sie unmöglich ausgleichen konnte – und das nicht nur im Bereich der Raumpflege.
    Deshalb war der Fußboden hier im Foyer auch so völlig verdreckt, einfach deprimierend.
    In dieser Gemütsverfassung überreichte er dem Mann, der vor ihm am Informationstresen stand, ohne größeren Enthusiasmus, jedoch nicht ohne formelle Korrektheit einige Formulare. Einem Mann, der die Kälte und den Frost weit mehr hassen musste, als Joansson selbst es tat: ein gewisser groß und stattlich gebauter Enduro Babele von der Küste Ostafrikas. Er kam aus einer Region, in der an dreihundertvierundsechzig Tagen im Jahr die Sonne schien – und in der es erst am dreihundertfünfundsechzigsten regnete! Joansson konnte nicht begreifen, was den Kerl in dieses nasskalte, winterlich dunkle Schonen verschlagen hatte.
    »Please sit down and wait« ,instruierte er ihn gerade. » Your number will be called. «
    »Thank you, thank you« ,bedankte sich Enduro mit der überschwänglichen Höflichkeit, die er von seinem Heimatland her gewöhnt war. Er nahm in einem der Besucherstühle Platz und überflog die Formulare, während er wartete. Doch wie er sie auch drehte und wendete, sagten sie ihm nicht besonders viel, denn auch wenn sie korrekt ins Englische übersetzt waren, so hatte man sie doch in der üblichen unverständlichen Amtssprache abgefasst.
    Er würde wirklich auf die professionelle Hilfe eines Polizeiassistenten, der sich mit diesen Formularen auskannte, angewiesen sein. Also legte er die Papiere zur Seite, sah sich im Foyer um und harrte zuversichtlich aus.
    Enduro liebte den schwedischen Frost. Gewiss fror er wie ein Hund, doch hatte das Ganze so wenigstens etwas Fassbares, Reales. Es lag etwas ungewöhnlich Klares und Ehrliches in der Kälte, mit der er hier zum ersten Mal in seinem Leben konfrontiert worden war.

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