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Kommissar Morry - Die Woelfe

Kommissar Morry - Die Woelfe

Titel: Kommissar Morry - Die Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Wiedersehen bis zum nächsten Mal.“
    Sie ging hinaus und wankte mit unsicheren Schritten auf den Güterbahnhof zu. Wie bunte Lampions leuchteten die roten und grünen Signallichter aus dem bleichen Dunst. Auf der Themse erklangen laute Nebelhörner. Irgendwo hörte man das Poltern rangierender Züge. Daisy Horway blieb stehen. Sie hatte nicht die geringste Lust, jetzt ins Hotel zurückzukehren. In ihrem Herzen regte sich eine verträumte Sehnsucht, die ihr völlig neu war. Nie vorher in ihrem Leben hatte sie ein so weiches Gefühl verspürt. In ihrem umnebelten Hirn war nur noch der Wunsch wach, ihren Bewährungshelfer wiederzusehen.
    „Das ist ein Mann“, murmelte sie vor sich hin. „Verdammt, ist das ein Mann. Gegen ihn sind alle anderen nur Abziehbilder.“
    „Na, Fräulein?“, rief ihr eine freundliche Stimme zu. „Sie haben aber ganz schön gebechert. Wollen Sie nicht lieber fahren? Ich bin gerade frei.“
    Unmittelbar vor ihr hielt eine Taxe. Der Chauffeur beugte sich weit heraus. Er grinste über das ganze Gesicht. „Steigen Sie ein! Nur keine Angst! Es wird schon nicht zu teuer werden.“
    Daisy Horway ließ sich nicht zweimal bitten. Sie ließ sich aufseufzend neben dem Fahrer nieder und äugte dann mit etwas verglasten Blicken durch die Windschutzscheibe.
    „Fahren Sie zum Russell Square in Westminster“, sagte sie von oben herab. „Ich werde dort erwartet.“
    „Feine Gegend“, murmelte der Chauffeur respektvoll. „Dann mal los, Fräulein! In fünf Minuten sind wir da.“
    Es dauerte noch nicht einmal so lang. Fast mit dem Glockenschlag zwölf Uhr stand Daisy Horway vor dem prunkvollen Haus am Russell Square. Alle Fenster waren dunkel. Nirgends brannte ein Licht. Sogar das Gartentor war abgesperrt. Hätte Daisy Horway nicht einen derartigen Schwips gehabt, dann wäre sie jetzt wahrscheinlich umgekehrt. Aber so drückte sie lang und hartnäckig auf die Glocke. Sie behielt den Finger am Knopf, bis der ergraute Diener mit einem klirrenden Schlüsselbund erschien.
    „Was ist denn?“, fragte er in höchster Aufregung. „Ist etwas passiert?“
    „Nichts ist passiert“, sagte Daisy Horway mit stockender Zunge. „Ich möchte lediglich meinem Bewährungsboß einen Besuch abstatten. Glaube bestimmt, daß er sich freuen wird. Führen Sie mich zu ihm, alter Onkel!“
    Der Diener erstarrte zur Salzsäule. Er wollte ihr den Weg vertreten und sie empört abweisen. Aber er hatte nicht mit Daisy Horway gerechnet. Obwohl sie kaum noch aufrecht stehen konnte, drückte sie sich geschmeidig an dem alten Diener vorbei. Kichernd und singend lief sie in das Haus hinein. In der Halle stockte sie plötzlich. Richard Cromwell stand vor ihr. Er war nur mit einem Morgenmantel bekleidet. Ungläubig und verwundert blickte er auf die schwankende Gestalt.
    „Guten Abend, Mr. Cromwell“, sagte Daisy Horway fröhlich. „Ich bin gekommen, um ein wenig mit Ihnen zu plaudern. Sie sind neulich so nett zu mir gewesen. Überhaupt sind Sie ein Mann, der mich . . . der mich interessieren könnte. Haben Sie nichts zu trinken da?“
    Richard Cromwell blickte flüchtig auf die Uhr.
    „Es ist schon Mitternacht“, sagte er ernst. „Eigentlich keine Zeit für Besuche. Kommen Sie mit nach oben. Ich werde Ihnen ein Zimmer für die Nacht überlassen. In diesem Zustand kann ich Sie nicht mehr auf die Straße schicken."
    „Ich bitte Sie, Sir“, warf der Diener händeringend ein. „Wir sind doch kein Obdachlosenasyl. Wie soll denn das werden, wenn jedes Mädchen, das im Gefängnis..."
    „Schweigen Sie“, sagte Richard Cromwell sanftmütig. „Gehen Sie schlafen. Ich brauche Sie nicht mehr. Mit Miss Horway werde ich schon allein fertig.“
    Er führte die junge Dame nach oben und wies ihr eines der besten Zimmer an. Es war so prächtig und gediegen ausgestattet wie das ganze Haus. Daisy Horway befühlte anerkennend die weichen Daunendecken und den blütenweißen Damast ihres Nachtlagers.
    „Wollen Sie mir nicht beim Ausziehen helfen?“, fragte sie mit schwerer Zunge. „Ich glaube, allein schaffe ich es nicht mehr.“
    Da Richard Cromwell noch nie in einer solchen Situation gewesen war, wußte er im ersten Augenblick nicht, was er dazu sagen sollte. Er sah, daß sie Schuhe und Strümpfe auszog und obwohl er eigentlich gar nicht hinsehen wollte, bemerkte er doch, daß sie wundervoll geformte Beine hatte. Auch die vielen Spitzen ihres Unterkleides und ihre dunkelgetönte Haut, die wie matte Bronze schimmerte, blieben ihm nicht

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