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Kommissar Morry - Die Woelfe

Kommissar Morry - Die Woelfe

Titel: Kommissar Morry - Die Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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„Wir kommen nie mehr ins Ausland. Der Fluchtweg ist bereits versperrt. Was haben wir nun von dem Geld? Im Gefängnis können wir nichts damit anfangen.“
    „Schweigen Sie doch!“, zischte Judd Bramas aufgebracht. „Was nützt uns dieses Gewinsel. Ich bin dafür, daß wir unseren Coup zu Ende führen. Jetzt erst recht. Ich werde sofort nach Lambeth hinausfahren und die Maschine die ganze Nacht laufen lassen. Sollten Sie mich suchen, so wissen Sie ja, wo ich zu finden bin.“
    Er erhob sich und ging mit raschen Schritten weg. Seine Freunde blickten ihm teils gehässig, teils furchtsam nach. Von einer Siegesstimmung war nichts mehr zu bemerken. Dumpf lastete die Atmosphäre über dem Saal, in dem Charles Clay und Cecil Spill den Tod gefunden hatten.

    19

    Daisy Horway arbeitete nach wie vor im Speisesaal I des Hotels Astoria. Sie stand wie früher hinter dem Büfett und tat ihre Pflicht. Dennoch war sie sehr verwandelt. Ihr Gesicht blickte herb und verschlossen. Alle Fröhlichkeit war daraus geschwunden. Selbst ihr vorlautes Mundwerk war verstummt. Schuld an dieser auffälligen Veränderung war der Abend, an dem sie das verbrecherische Treiben im Hochwasserstollen hinter den Gas Works beobachtet hatte. Seither bangte sie jede Stunde um ihr Leben. Sie fand keine Ruhe mehr. Die ewige Angst machte ihr das Leben zur Qual. Ein livrierter Boy erschien vor ihr am Büfett. Er machte einen höflichen Bückling, wie er es gelernt hatte.
    „Mr. Rembolt bittet Sie, sofort zu ihm zu kommen“, meldete er mit dünner Kinderstimme. „Er erwartet Sie in seinem Büro.“
    Daisy Horway band die Servierschürze ab und stand schon kurze Zeit später im Zimmer des Geschäftsführers.
    „Sie haben mich rufen lassen?“, fragte sie mit verächtlichem Unterton.
    „Ja“, erwiderte Clement Rembolt steif. „Ich sehe eben aus Ihren Papieren, Miss Horway, daß Sie noch nicht zur Untersuchung waren. Sie müssen das sofort nachholen. Es ist gesetzlich vorgeschrieben.“
    „Na schön“, meinte Daisy Horway kurz angebunden. „Zu welchem Arzt soll ich gehen?“
    „Zu Dr. Vanmeren“, wurde ihr geantwortet. „Er wohnt am Ladogan Place in Belgravia.“
    „Und wann soll ich gehen?“
    „Moment!“ Clement Rembolt griff nach dem Telephon und wählte die Nummer des Arztes. Er führte ein kurzes Gespräch. Man konnte seine Worte kaum verstehen. Gedämpft und näselnd plauderte er in den Apparat.
    „Sie können noch heute Abend zu ihm gehen, Miss Horway“, sagte er schließlich. „Dr. Vanmeren erwartet Sie um acht Uhr. Ist es Ihnen so recht?“
    „Muß ich mich da ausziehen?“, fragte Daisy Horway ärgerlich. „Ich habe nicht viel übrig für solche Prozeduren. Meist wird man nur von oben bis unten abgetätschelt.“
    „Dr. Vanmeren ist ein Ehrenmann“, sagte der Geschäftsführer kühl. „Sie haben von ihm nichts zu befürchten. Er wird nur seine Pflicht tun.“
    Diese Versicherung genügte Daisy Horway zunächst. Sie kehrte an ihren Arbeitsplatz zurück. Abends um sieben Uhr ging sie auf ihr Zimmer, zog ihre Pariser Kostbarkeiten an, machte sich sorgfältig zurecht und marschierte vor acht Uhr ahnungslos und in zuversichtlicher Stimmung nach Belgravia hinüber.
    Sie drückte kurz entschlossen die Klinke nieder Pünktlich mit dem Glockenschlag traf sie am Ladogan Place ein. Vor dem Haus des Arztes verhielt sie ihre Schritte.
    „Seltsam“, murmelte sie. „Hier ist ja alles dunkel. Ich glaube, Clement Rembolt hat mich zum Narren gehalten.“
    Unschlüssig ging sie eine Weile vor dem finsteren Haus auf und ab. Vier, fünf Minuten lang wußte sie nicht, was sie tun sollte. Schließlich nahm sie sich doch ein Herz. Sie drückte auf die Glocke. Und nun geschah noch Seltsameres. Das finstere Haus wurde plötzlich hell. Uber der Tür flammte eine Lampe auf. Auch die Praxisräume waren auf einmal beleuchtet. Die Tür öffnete sich mit leisem Summen.
    Kopfschüttelnd trat Daisy Horway über die Schwelle. Sie sah den Eingang zu den Praxisräumen offen stehen. Sie ging in den schmalen Korridor hinein, blickte kurz in die zwei leeren Wartezimmer und klopfte dann an der Tür des Sprechzimmers.
    Sekundenlang horchte sie. Kein Laut kam durch das polierte Holz. Es war überhaupt alles so merkwürdig schweigsam. Lähmend und gespenstisch hing die Stille im Flur.
    Sie drückte kurz entschlossen die Klinke nieder und schritt zögernd in das helle Sprechzimmer hinein. Zwei, drei Yard kam sie voran, dann stockten ihre Füße, als hätte sich

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