Kommissar Morry - Opfer des Satans
eine Falle geraten sein?“
„Vielleicht hat sich der Mann verspätet“, meinte der Sekretär beklommen. „Wir wollen hier ein paar Minuten warten, Sir!“
Stanley Belmont war mit diesem Vorschlag einverstanden. Sie traten in eine enge Kammer ein, um eine gewisse Rückendeckung zu haben. Wortlos warteten sie auf ihren seltsamen Gast. Zwei, drei, vier Minuten verstrichen. Das Haus blieb still. Irgendwo knarrte eine Diele. Die Zugluft bewegte eine Tür hin und her. Dann wurde es wieder ruhig.
„Bleiben Sie hier“, murmelte Stanley Belmont gedämpft. „Ich werde mal in den anderen Räumen nachsehen. Hoffentlich reicht das Benzin in meinem Feuerzeug.“
Er tappte langsam auf den finsteren Flur hinaus und suchte die Nachbarräume ab. Die Zimmer standen sämtlich leer. Sie waren tatsächlich geräumt worden. Der faulige Fußboden und die morschen Dielen ließen kaum einen sicheren Schritt zu. Als Stanley Belmont die hinterste Kammer erreicht hate, blieb er plötzlich stehen.
Vorsicht, raunten ihm die gespannten Nerven zu. Hier bist du in Gefahr! Kehr sofort um. Sonst läufst du gerades wegs in dein Verderben. Stanley Belmont stand regungslos wie eine Säule und lauschte in den finsteren Flur zurück. Er hörte einen tappenden, verstohlenen Schritt. Dann plötzlich schrillte ein grellender Hilfeschrei auf. Er kam aus der Kammer, in der er Henrik Alsen zurückgelassen hatte. Der spitze Schrei brach sich hohl an den Wänden. Er zitterte noch sekundenlang in der dumpfen Luft, bevor er erstarb. Mit langen Sätzen jagte Stanley Belmont an den Ausgangspunkt seiner gefährlichen Wanderung zurück. Das Feuerzeug flackerte bedenklich. Nur noch ein winziges Flämmchen hüpfte um den Docht. Das Benzin ging zur Neige. In ein paar Sekunden mußte es völlig dunkel um Stanley Belmont werden. Er huschte an die Kammer heran, schützte das Flämmchen mit der hohlen Hand vor der Zugluft und starrte in die Kammer hinein. Ein erstickter Laut brach über seine Lippen. Seine Augen wurden dunkel vor Entsetzen. Der Sekretär Henrik Alten lag verrenkt und zusammengekrümmt auf dem schmutzigen Fußboden. Ein Dolch hatte ihm die Brust aufgerissen. Neben seinem Körper stand eine dunkelschillernde Blutpfütze. Das schmale Gesicht war wächsern und ohne Leben. In den gebrochenen Augen spiegelte sich das rußige Flämm- chen des Feuerzeugs.
Stanley Belmont war wie versteinert. Er wagte keinen Schritt über die Schwelle zu tun. Der Mordanschlag hat mir gegolten, dachte er verstört. Ich sollte jetzt da drinnen stumm und regungslos auf dem Boden liegen. Deshalb hat man mich hierher gelockt. Ich sollte das gleiche Ende finden wie mein Vater. Als er ein leichtes Scharren in seinem Rücken hörte, wandte sich Stanley Belmont erschreckt ab und tappte auf die Treppe zu. Das Feuerzeug war ausgegangen. Kein Lichtschimmer erhellte den Weg. Es war stockfinster im Stiegenhaus. Stanley Belmont lief um sein Leben. Er wußte, daß er keine Sekunde mehr verlieren durfte. Er ahnte, daß der Tod hinter ihm war. Fast glaubte er, die knöchernen Hände des Sensenmannes schon in seinem Rücken zu spüren. Er hätte später nicht mehr sagen können, wie er auf die Straße kam. Der durchlebte Schrecken stand deutlich in seinem Gesicht geschrieben. Es war weiß wie ein Leintuch. Die Passanten, die ihm begegneten, starrten ihn kopfschüttelnd an.
In hastigem Lauf stürmte Stanley Belmont zum nächsten Polizeirevier. Taumelnd und schweißüberströmt schwankte er in die Wachstube hinein.
Hilfesuchend blickte er den diensttuenden Konstabler an. „Sie müssen sofort mitkommen“, keuchte er. „Sie müssen mich in die Suzzler Street begleiten, Sir. Im Haus Nr. 38 hat sich ein gräßlicher Mord ereignet. Mein Sekretär Henrik Alsen wurde von Unbekannten ermordet. Ein Dolchstich in die Brustgegend machte seinem Leben ein . . . “
„Moment mal“, sagte der Wachhabende mit stoischer Ruhe. Umständlich schob er die Brille über die Augenbrauen.
„Im Haus Nr. 38 kann sich überhaupt nichts ereignet haben, lieber Mann. Das Gebäude steht nämlich seit genau einer Woche leer. Ich habe hier noch den Zwangsräumungsbefehl liegen. Wollen Sie ihn sehen?“
„Das ist doch völlig gleichgültig, ob das Haus bewohnt ist oder nicht. Ich sah selbst, daß die Zimmer alle ausgeräumt waren. Wir wurden in das leere Haus gelockt ..
„Moment“, brummte der Konstabler mit aufreizender Gleichgültigkeit. „Sie waren also auch dabei?“
„Natürlich war ich dabei, zum
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