Kommissar Morry - Opfer des Satans
offen.
„Mach schnell“, raunte er hastig. „Mir brennt heute der Boden unter den Füßen. Bin froh, wenn wir wieder auf dem Rückweg sind.“
Jack Ebor leuchtete mit verkniffenem Gesicht in den Safe hinein. Der armselige Schein der Lampe erweckte ein tausendfaches Sprühen und Glitzern. Kostbare Rubine warfen herrlich rotes Feuer durch das Dunkel. Dazwischen glühten Brillanten und Edelsteine aller Größen.
„Hier sind wir gerade an der richtigen Adresse“, brummte Jack Ebor vergnügt. „Ich glaube, daß wir schon morgen in Urlaub gehen können. Das Reisegeld haben wir uns bereits verdient.“
Er unterbrach sich noch in der gleichen Sekunde. Irgendwo war eine Tür ins Schloß gefallen. Es gab einen lauten, hallenden Ton. Langanhaltend klang das Echo durch die stillen Korridore.
„Los!“ zischte Jack Ebor nervös, „Räum das Fach aus! Ich werde mal nachsehen.“
Er entfernte sich leise von Slim Duckett und ging mit abgeblendeter Lampe auf die Tür zu. Langsam, unendlich langsam drückte er die Klinke nieder. Dann zog er vorsichtig die Tür auf und richtete den Strahl seiner Lampe hinaus in den finsteren Wandelgang. Zuerst konnte er gar nichts sehen. Aber als er sich dann ein paar Schritte hinauswagte, entdeckte er plötzlich John Griff in. Der Bursche stand genauso regungslos und starr an der Wand wie das letzte Mal. Die kalten, stechenden Augen blickten unverwandt auf die Tür der Bibliothek. Kein Laut kam über die zusammengepreßten Lippen. Jack Ebor machte noch ein paar zögernde Schritte.
„Eh, John!“ murmelte er dann in raschem Entschluß. „Was soll das alberne Theater? Du hast doch früher zu unserem Verein gehört. Wenn du willst, werden wir mit dir teilen. Aber mach uns nicht verrückt mit deinem Gehabe.“
„Licht aus!“ zischte der andere. „Mach die Lampe aus.“
Jack Ebor gehorchte. Es war ein Fehler, den er nie wieder korrigieren konnte. Denn die Finsternis brachte den Tod mit sich. Das Licht war kaum erloschen, da wurde Jack Ebor brutal an die Wand gedrängt und von eisernen Händen umschlossen. Um seinen Hals legte sich ein würgender Griff. Eine tödliche Klammer preßte seine Kehle zusammen. Er war nahe am Ersticken. Die Lampe entglitt seinen schlaffen Händen und schlug polternd auf dem Parkettboden auf. Noch ehe er Slim Duckett zu Hilfe rufen konnte, traf ihn ein jäher Stich in die Brust. Ein dünner, erstickter Laut brach über seine Lippen, dann wurde es still. Er sank in die Knie und rutschte
langsam zu Boden. Verkrümmt blieb er liegen. Er regte sich nicht mehr. Slim Duckett war entsetzt herumgefahren, als er das Poltern im Wandelgang gehört hatte. Sekundenlang horchte er in fassungsloser Bestürzung. Flackernd irrten seine Blicke zwischen Tür und offenem Fenster hin und her. Sollte er den Sprung in die Tiefe riskieren? War es nicht am klügsten, die eigene Haut zu retten? Aber dann sagte ersieh, daß er Jack Ebor nicht so einfach im Stich lassen konnte. Vielleicht war er draußen in Lebensgefahr? Vielleicht wartete er verzweifelt auf Hilfe? Mit gefüllten Taschen trat Slim Duckett den Rückweg an. Es waren enorme Schätze, die er bei sich trug. Aber im Moment dachte er gar nicht daran. Eine merkwürdige Furcht umdüsterte ihn. Den kurzen Weg bis zur Tür legte er im Dunkeln zurück. Erst auf der Schwelle schaltete er die Lampe ein. Das Herz schlug ihm plötzlich bis zum Halse. Kalt klebte der Schweiß auf seiner Haut. Schon im nächsten Moment entdeckte er Jack Ebor, der mit abgespreizten Gliedern und in verrenkter Haltung auf dem Boden lag. Es kostete Slim Duckett die größte Überwindung, nicht einfach davonzurennen und Jack Ebor seinem Schicksal zu überlassen. Helfen konnte er ihm ja doch nicht mehr. Jedes Kind konnte erraten, was hier vorgegangen war. Der bläulich funkelnde Dolch, der neben dem regungslosen Körper auf dem Boden lag, sagte mehr als tausend Worte. Die blutbefleckte Kleidung und die aufgerissene Brust ließen überhaupt keinen Zweifel mehr offen.
Slim Duckett stand da wie vom Schlag gerührt. Hinter seinen leeren Augen tobten die Gedanken. Sie wanderten gehetzt hin und her. Was nun, dachte er verzweifelt. Wenn ich Jack hier liegen lasse, führt eine Spur direkt zu mir. Die Cops werden sofort wissen, daß er nicht allein eingebrochen hat. Wenn ich ihn aber mit wegschleppe, so setze ich mich noch größeren Gefahren aus. Ich muß ihn...
Er hörte ein leises Scharren an der Gangbiegung, ein unterdrücktes Hüsteln. Und in diesem Moment
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