kommt wie gerufen
daß ich über alles unterrichtet bin.«
Mrs. Pollifax blickte ihn verwundert an. »Sie wissen alles und wollen uns nicht verraten?«
»Wie könnte ich?« fragte er unschuldig. »Mir ist nicht das geringste von Ihren Plänen bekannt. Und selbst wenn ich davon wüßte, bin ich gänzlich unbewaffnet, wie Sie sehen, während Sie nicht nur im Besitz meines Dolches, sondern auch einer geladenen Nambu-Pistole sind.«
»Das wissen Sie auch?« Farrell schnappte nach Luft.
Mrs. Pollifax bekam ganz enge Augen und holte tief Atem. »Oberst Nexdhet«, sagte sie, »was haben Sie heute vormittag wirklich im Wald gemacht?«
»Ich bedaure unendlich, daß Sie mich überraschten, Mrs. Pollifax. Es täte unser aller Sicherheit bedeutend besser. Sie wüßten nichts davon.«
»Was haben Sie denn im Wald gesehen, Herzogin?« fragte Farrell.
»Ich weiß nicht recht«, sagte sie unschlüssig, ohne den Blick vom Oberst zu wenden. »Ich muß zu einem falschen Urteil gelangt sein. Ich hatte den Eindruck, daß er im Wald auf eine Stimme aus dem Radio gehört und dann geantwortet hat. Er war ganz verstört, daß ich ihn dabei gesehen habe, hat mich sofort zurückgebracht und die Zelle abgesperrt.«
»Er war im Wald – heimlich?«
Sie nickte. »Unter zwei Felsblöcken versteckt.«
Farrell zog hörbar die Luft ein. »Hinter jenen Bergen liegt Jugoslawien, und im Osten ist Bulgarien. Beide befinden sich innerhalb des Funkbereiches.« Farrell sah Nexdhet forschend an und brach plötzlich in Gelächter aus. »Mein Gott!« schnaufte er, »Sie sind ein russischer Agent.«
»Was ist er?« fragte Mrs. Pollifax mit erstickter Stimme.
»Natürlich! Die Russen haben ihn zurückgelassen, damit er sie über die Rotchinesen auf dem laufenden hält.«
Oberst Nexdhet ging zur Tür, legte das Ohr daran und lauschte.
»Niemand ist da«, sagte er und kam zurück, »aber würden Sie die Güte haben, leiser zu sprechen?«
»Ich bitte um Vergebung«, sagte Farrell. »Begreifen Sie nicht, Herzogin? Er ist der einzige, der hier Spaziergänge unternimmt. Beobachtungen der Vogelwelt, haben Sie gesagt. Er steht mit jemandem jenseits der Berge in Funkverbindung.« Zu Nexdhet sagte er: »Aber weshalb helfen Sie uns?«
Nexdhet seufzte. »Das Wort Hilfe will ich gar nicht hören. Ich helfe Ihnen nicht.«
Mrs. Pollifax platzte plötzlich heraus: »Aber natürlich haben Sie uns geholfen, Oberst Nexdhet! Der Dolch – den haben Sie mit voller Absicht gestern abend zu sich gesteckt. Bisher haben Sie ihn nie getragen. Und Sie hatten ihn ausgerechnet bei sich, nachdem wir erörtert haben, wie dringend wir ein Messer brauchen!«
Der Oberst zuckte zusammen. »Bitte, Mrs. Pollifax…«
»Und Sie waren es, der uns sagte, daß General Perdido am Donnerstagabend kommt, sonst hätten wir das niemals gewußt.«
»Herzogin«, mahnte Farrell streng, »einem geschenkten Gaul schaut man nie ins Maul. Er hat uns ausdrücklich erklärt, daß er uns nicht hilft.«
»Und ein russischer Agent sollte uns auch nicht helfen«, setzte sie vorwurfsvoll hinzu. »Warum?«
»Ja, warum wirklich?« fragte Farrell. »Wenn man bedenkt, wieviel wir schon über Sie wissen – «
Der Oberst seufzte: »Viel zuviel, da haben Sie ganz recht. Na schön, dann will ich nur soviel sagen.« Er zögerte und überlegte seine Worte sorgfältig. »Man hat Sie nach Albanien gebracht, weil man Sie verdächtigt, das Versteck eines abhanden gekommenen Berichtes über Aktionen der Kommunisten in Lateinamerika zu kennen.«
»Oh?« sagte Mrs. Pollifax interessiert.
»Rotchina liegt sehr viel daran, diese Meldung abzufangen. Die Chinesen würden alles tun, um zu verhindern, daß Amerika erfährt, in welchem Maße sie bereits Südamerika infiltriert haben. Darüber hinaus interessiert sie die Meldung noch aus einem anderen Grunde: China möchte gern erfahren, welche Pläne Rußland in Lateinamerika verfolgt.«
»Ah«, sagte Farrell.
»Die Sowjetunion ihrerseits möchte gern erfahren, welchen Einfluß Rotchina bereits in Südamerika hat.«
»Mmmm«, murmelte Farrell.
»Vor die Wahl gestellt, ob Rotchina oder Amerika diesen Bericht lesen soll, würde es die Sowjetunion unbedingt vorziehen, daß die Meldung in die Staaten gelangt.«
Verdutzt sagte Mrs. Pollifax: »Aber beide Länder sind doch kommunistisch!«
Trocken erwiderte Oberst Nexdhet: »Sie schneiden da ein Thema an, das – hm – äußerst delikat ist, Mrs. Pollifax, und über das ich mich nicht weiter auszulassen wünsche. Sagen wir einfach,
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