Komplott
im Speicher? Kann man dort irgendwo ins Haus gelangen?«
»Es gibt ein großes Dachfenster.«
»Das hat Fitch bestimmt ausgekundschaftet. Wahrscheinlich wollte er dort einsteigen und Sie bewusstlos machen. Ich habe bei ihm ein in Chloroform getränktes Tuch gefunden. Wahrscheinlich wären Sie in der Themse gelandet.«
»Wollen Sie mir Angst machen? Wenn ja, dann ist Ihnen das gut gelungen. Aber Sie sehen furchtbar müde aus. Sie sollten sich in meinem Gästezimmer für ein paar Stunden aufs Ohr legen.«
»Tweed will, dass wir noch einmal nach Black Island fahren und dort mit General Macomber sprechen. Danach will er die Triade zur Rede stellen.«
»Erzählen Sie mir das ein andermal. Sie müssen jetzt schlafen.«
Paula nahm Newman am Arm und führte ihn ins Gästezimmer, wo er Schuhe und Windjacke auszog und sich aufs Bett warf, während Paula ihm ein Glas Wasser holte. Er hatte schreckliches Kopfweh.
»Ich rufe Tweed an und erkläre ihm alles«, versicherte Paula.
Newman war eingeschlafen, bevor sie ihm noch ein Kissen unter den Kopf schieben konnte. Dann ging sie in die Küche und kochte Tee und Kaffee, die sie in zwei Thermoskannen füllte. Außerdem packte sie eine Flasche Milch, zwei Tassen und ein paar Rosinenbrötchen auf ein Tablett, das sie auf den Tisch neben dem Bett stellte, in dem Newman wie ein Bewusstloser schlief.
Geschickt steuerte Mugger Morgan seinen Lastkahn aus der Mitte des Stroms immer näher an den Anlegesteg heran. Dass er der einzige Mensch an Bord des großen Schiffes war, lag daran, dass er diesmal eine ganz besondere Fracht transportierte: ein in braunes Packpapier eingeschlagenes Paket Kokain, das ihm eine gute Stange Geld bringen würde, wenn er es auf dem Steg an einen Dealer übergab. In gewissen Kreisen galt Morgan als Spezialist für solche Fahrten, die er zuverlässig, diskret und stets zur Zufriedenheit seiner Kunden erledigte.
Als mitten im Anlegemanöver sein Handy zu schrillen begann, zuckte Morgan zusammen und zog es mit einem leisen Fluch aus der Hosentasche.
»Was ist?«, bellte er hinein, während er mit der rechten Hand am Steuer des Lastkahns drehte.
»Hier ist Fitch«, hörte er eine heisere, aufgeregte Stimme sagen. »Mugger, du musst mir helfen, sonst ist es aus mit mir.«
»Was soll der Scheiß, Fitch? Ich habe jetzt keine Zeit für deine dummen Spaße.«
»Das ist Ernst, Mugger. Ich hänge in dem Schacht im Lagerhaus und komme nicht mehr raus. Und das Arschloch, das mich hineingehängt hat, kann jeden Augenblick zur Polizei rennen und ihr sagen, dass sie mich abholen soll!«
»Was hast du denn wieder für einen Scheiß gebaut, Fitch?«
»Das geht dich gar nichts an. Du sollst mich nur hier rausholen. Und zwar dalli.«
»Wie viel?«
»Hey, was soll das?«
»Wie viel zahlst du mir, wenn ich dich da raushole? Ich bin schließlich nicht die Heilsarmee.«
»Zweihundert Mäuse. Bar auf die Kralle.«
»Fünfhundert.«
»Von mir aus. Aber beeil dich!«
»Bin schon unterwegs. Halt durch.«
Mit einem leisen Kichern steckte Mugger das Handy zurück in die Tasche und widmete sich wieder seinem Anlegemanöver. Fitch sollte ruhig noch ein bisschen in seinem Schacht schmoren.
Morgan schaltete die Maschine auf volle Fahrt rückwärts und drehte das Steuerrad so, dass der Lastkahn sich mit der Längsseite an den Steg legte. Nachdem er die Maschine abgeschaltet und das Schiff vertäut hatte, sprang er an Land und sah sich nach dem Dealer um, der natürlich wieder einmal nicht pünktlich war. Auch gut, dachte Mugger, dann verdiene ich mir eben vorher noch schnell meine fünfhundert Mäuse. Er nahm das Paket mit dem Kokain unter den Arm und ging den Kai entlang in Richtung der alten Lagerhäuser am Ufer des Flusses.
Mugger Morgan war ein kräftiger, einen Meter achtzig großer Mann mit einem brutalen Gesicht. Er war vierzig Jahre alt und hatte es seit seiner Jugend immer wieder mit der Polizei zu tun gehabt, weil er gut gekleideten Frauen in der Mayfair oder der Regent Street die Handtaschen geklaut hatte. Auf diese Weise hatte er viel Geld geraubt, war aber auch hin und wieder ins Gefängnis gekommen.
Später hatte er sich dann den Lastkahn gekauft und war ins Drogengeschäft eingestiegen, indem er den Dealern im East End das Kokain, das er flussabwärts von ausländischen Schmugglern erstand, für den dreifachen Preis verkaufte.
Am Eingang zu Fitchs Lagerhaus angekommen, nahm er einen Schlüsselbund aus der Tasche, an dem auch ein Dietrich hing. Nachdem er
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