Kontrollverlust - Kontrollverlust
Übersetzung, kompakte Abmessungen. Die hier ist für eine Spezialanfertigung, einen Zahnkranz mit sechzig Zentimetern Durchmesser. Die dritte ist für ein riesiges SKF-Zylinderrollenlager von einem halben Meter Durchmesser. Und Nummer vier ist für eine Hydraulikpumpe.«
»Der Antrieb?«, fragte Rünz.
»Zahnkranz und Motor, ja«, sagte Wedel. »Die sind hier in den Plänen eingezeichnet. Aber die Hydraulikpumpe? Wir haben die Links durchforstet, die er über seinen Webbrowser in den letzten Wochen angesteuert hat. Wenn man mal alle Wald-und-Wiesen-Websites beiseite lässt, die mit seiner Bauschlosserei, seinen Hobbys und seinen Vereinsaktivitäten zusammenhängen, bleiben da ein paar interessante Adressen. Subportale von Siemens, ABB und zwei Dutzend anderen Herstellern, die Schwenkantriebe, Stellmotoren und Hydraulikpumpen für die Industrie herstellen. Die Dinger sind ein bisschen größer dimensioniert als die Maschinchen, mit denen ein Garagentor oder ein Hoftor automatisch aufgeht. Unter den gelöschten Dateien sind über dreißig PDF-Dokumente mit technischen Spezifikationen der Aggregate. Wir haben seinen Mail-Account aufgebohrt. Er hatte vor einem Monat intensiven Kontakt mit den technischen Kundenberatern von SKF und Siemens. Bei SKF ging’s um die Spezifikationen für das Wälzlager, bei Siemens um den Stellmotor. Vor zwei Wochen hat er bei beiden Unternehmen geordert, DHL hat vier Tage danach geliefert, die Pumpe kam eine Woche später. Der hat ganz schön Gehirnschmalz in die Konstruktion gesteckt.«
»Wo steht das verdammte Gerät? Schon ausgeliefert an den Kunden?«, fragte Rünz missmutig. Das alles roch nach Arbeit.
»Jedenfalls nicht in seiner Werkstatt«, sagte Wedel. »Wir haben das ganze Gelände durchkämmt, keine Spur.«
»Hm, vielleicht hat er mit dem Bau noch gar nicht angefangen?«
»Aber wo steht dann das ganze Rohmaterial herum, der Motor, wo der Zahnkranz und das Wälzlager?«, erwiderte Wedel. »Das Zeug wurde doch schon geliefert. Außerdem haben wir Reststücke der Doppel-T-Profile gefunden, mit denen er die Beine konstruiert hat.«
»Der Geselle muss doch mitgebaut haben an dem Ding. Was sagt der dazu?«, bohrte Rünz nach. Er flehte innerlich inständig um eine harmlose Erklärung.
»Er sagt, er hätte es nie zu Gesicht bekommen. Er wusste, dass Schmucker im Nebengebäude irgendwas lagert, an dem er nachts baut. Hat aber nie nachgefragt. Privatsache.«
»Kein Hinweis auf den Auftraggeber? Was ist mit seiner Auftragsverwaltung? Irgendwo eine schriftliche Order für dieses Gerät? Durchforstet die Buchhaltung – Zahlungseingänge, Überweisungen und so weiter. Ich dachte, der Typ war so ein Obergenauer.«
»Schon geschehen. Kein schriftliches Angebot, keine Auftragsnummer, keine Überweisung, die sich dieser Maschine zuordnen lässt.«
Rünz zögerte. »Wir sollten die Zeichnungen irgendeinem Fachmann zeigen, einem Techniker oder Ingenieur«, beschloss er schließlich.
»Ebenfalls schon geschehen«, gab sich Wedel selbstbewusst. Er wurde dem Kommissar langsam unheimlich.
»Ich habe die CAD-Zeichnungen an einen Maschinenbau-Prof oben an der TU gemailt.« Die Begeisterung schwand etwas aus Wedels Gesicht, bevor er weitersprach. »Aber was der dazu sagt, ergibt keinen Sinn. Der meint, das könnte eine Lafette sein, für irgendein Geschütz.«
14
»Was ist los«, fragte der Neue. »Soll ich den ganzen Scheiß jetzt alleine machen?«
»Bleib locker«, sagte Toni. »Du machst genau das, was ich dir sage, ist das klar? Schön weiterputzen, dann kommen wir beide prima miteinander klar.«
Der Neue war noch sauer wegen Tonis kleinem Scherz. Aber besser, man stellte gleich am Anfang klar, wer die Hosen anhatte. Wäre ja noch schöner, sich von einem Anfänger maßregeln zu lassen, wenn man mal fünf Minuten entspannt am Geländer lehnte, den Blick über die Skyline schweifen und die Seele baumeln ließ. Toni hatte ja auch nichts zu lachen gehabt, damals, bei seinen ersten Tagen in der Firma.
Er ertastete das Briefbündel unter seinem Overall. Jeden Tag trug er es bei sich, in der Innentasche seines Blaumanns, der sich darüber grotesk ausbeulte, als hätte er eine Waffe in einem Holster. Er hatte die Briefe zusammengebunden und in Folie eingeschweißt, damit sie bei einem Regenguss nicht nass werden konnten. Albern, das Zeug immer mitzunehmen. Irgendwann würden sie in einen richtig heftigen Schauer kommen, und der ganze Papierstapel würde
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