Kontrollverlust - Kontrollverlust
Chefs.
»Das hier ist mein Fall, Chief Hoover. Sie können ihn mir nicht wegnehmen.«
»Ich kann alles, Stark. Ich habe hier die Hosen an, falls Sie es vergessen haben.«
»Ich bin so nah dran, Chief. Tore Tryggvason hat Delgados Norwegen-Connection ausgehoben. Geben Sie mir noch drei Tage, und ich serviere Ihnen das Schwein auf dem Silbertablett.«
»Sie haben in einer Woche Ausrüstung für über zehn Millionen Euro verpulvert und die halbe Stadt in Schutt und Asche gelegt, Agent Stark. Wir haben Ihnen Carte Blanche gegeben, Sie hatten Ihre Chance. Jetzt sind andere dran. Sie sind raus.«
»Chief, hören Sie – ich weiß, wie Delgado denkt, ich weiß, auf welche Frauen er steht, welche Zahnseide er benutzt und wann er in der Nase popelt. Keiner kennt ihn so genau wie ich. Geben Sie mir noch drei Tage – drei verdammte Tage, danach können Sie mit mir machen, was Sie wollen.«
Hoover starrte Stark zähneknirschend an. »Okay. Ich gebe Ihnen noch eine Chance. Sie haben vierundzwanzig Stunden.«
»Danke, Chief, danke. Sie werden es nicht bereuen. Ich werde Sie nicht enttäuschen, Chief!«
»Das hoffe ich für Sie, Stark. Ach übrigens, Sie arbeiten jetzt mit einem Partner zusammen. Will Weedle, kommt frisch von der Academy, hat ausgezeichnete Zeugnisse. Ist Ihnen sicher eine große Hilfe. Er wartet vor der Tür.«
»Chief, Sie wissen, dass ich grundsätzlich alleine arbeite. Ich habe verdammt noch mal keine Zeit, draußen auf der Straße für einen Anfänger von der Academy den Babysitter zu spielen.«
»Noch dreiundzwanzig Stunden und siebenundfünfzig Minuten …«
Prima, der Klassiker ›Vorgesetzter faltet Ermittler zusammen‹ war Pflichtprogramm für jede Cop-Story und hiermit abgearbeitet. Rünz überlegte kurz, ob er die Namen der Protagonisten etwas stärker verfremden sollte, um keinen Ärger zu bekommen, verwarf seine Bedenken aber sofort. Dann ließ er Stark und seinen neuen Assistenten aufeinanderprallen.
»Du pisst, wenn ich es dir befehle, du scheißt, wenn ich es dir befehle, und wenn ich dir sage, du sollst aufhören zu atmen, dann stellst du das Atmen ein. Haben wir uns verstanden?«
»Ähm, geht klar, Vince.«
Stark blieb stehen und packte Weedle am Kragen. »Was hast du da gerade gesagt? Hast du mich ›Vince‹ genannt?«
»Na ja, ich dachte nur, weil wir doch jetzt Partner sind …«
»Partner? Merk dir eins, Kleiner: Vince Stark hat nie einen Partner. Halt dein Köpfchen aus der Schusslinie und steh mir nicht im Weg, das ist ab jetzt dein Job. Und hör mir gut zu, Schätzchen, ich sage dir das nur ein einziges Mal. Die Einzige, die mich ›Vince‹ nennen darf, ist meine verdammte Großmutter. Für dich bin ich ›Special Agent Stark‹.«
Stark ließ Weedle wieder los und strich ihm väterlich das Hemd glatt. »Du sollst dem Chief täglich über meine Aktionen berichten, stimmt’s?«
Weedle wurde rot im Gesicht.
»Hör zu, Kleiner«, sagte Stark. »Mir ist egal, was du dem Chief erzählst. Aber versuch niemals, mich zu bescheißen, verstehst du? NIEMALS.«
Weedle nickte ängstlich.
»Was weißt du über Delgado, Kleiner?«, fragte Stark.
»Geboren 1965 im Marienhospital in Darmstadt-Bessungen«, antwortete Weedle flink. »Sohn einer Heilpraktikerin aus Seeheim-Jugenheim und eines Biobauern aus Riedstadt, Schulausbildung an der Waldorfschule Eberstadt, danach Physikstudium an der Technischen Universität Darmstadt. Seit 2000 Teamleiter bei der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Arheilgen.«
»Und? Fällt dir was auf?«
Weedle schaute verdutzt drein. »Nein, wieso?«
»Warum knallt einer, der morgens in handgefilzten Pantoffeln an der mit Bienenwachs behandelten Eichenplatte seines Frühstückstisches seinen Demeter-Brottrunk schlürft, plötzlich durch und wird zum Terroristen?«
»Keine Ahnung. Vielleicht wurden seine destruktiven Anteile bei seiner anthroposophischen Sozialisierung systematisch unterdrückt, und schlagen jetzt mit umso größerer Macht durch?«
»Zu viel Holzspielzeug in der analen Phase? Nicht schlecht, Kleiner. Nicht schlecht. Gut aufgepasst in den Psychokursen auf der Academy. Aus dir wird noch ein richtiger Profiler. Aber was war der Auslöser?«
»Vielleicht ein Strahlenunfall bei der GSI? Vielleicht hat er seinen Kopf zur falschen Zeit in einen von diesen Teilchenbeschleunigern gehalten, und hat sich einen Chromosomenschaden eingefangen.«
Stark musterte Weedle. Smartes Kerlchen, dachte er.
Weitere Kostenlose Bücher