Kopernikus 7
war es wach geworden. Aus einigen der Häuser plärrten Kinder. Eine Stimme – mitteilend, man habe ja schon immer gewußt, daß der Dr. Broadnar spinne – schimpfte durch das geöffnete Fenster.
Vor dem Grundstück 112 waren Scheinwerfer aufgeblendet, fast so, als ob dort ein Film gedreht werden sollte. Jetzt begann es sich auf dem Grundstück zu regen. Eine Art Salamander, grün, mit großen leuchtenden Augen, mit menschlichen Händen, war an der Fassade, aus dem Keller kommend, hochgekrochen. Unter dem Gebüsch konnte man eine Art Plazenta sehen – sie hatte etwas wie einen Mund zu einem Gurgeln geöffnet. Zwei, drei verkrüppelte Zwerge mit grünen, messerscharfen Reptilienzacken auf den Rücken huschten durch den Garten.
Ein sich blähender weißer Leib, fast nur Körper, oben mit einem riesigen Maul, darin messerscharfe Reihen von Haifischzähnen, mit Fingern wie Klauen und rasiermesserscharfen Nägeln, dehnte sich aus der Ausfahrt. Rollte nach oben. Blitzte, raste und rotierte. Kam mit tückischen roten, leuchtenden Augen näher. Die Männer, die noch eben fast nachlässig, ein wenig schwammig, unwissend, ein wenig auch, als würden sie nur aus Säcken bestehen, auf der Straße gestanden hatten, spritzten auseinander.
Das sägende Monstrum prallte auf die Straße, im Rücken einen Teil des Gartentores, den es beiseite geschleudert hatte. Ein hoher, singender Ton drang aus seiner Kehle. Man sah seine messerscharfen Fingernägel blitzen. Das Ding bewegte sich mit ungeheurem Tempo. Hatte sich einen der Männer aus der Menge gegriffen. Griff hinein in ihn, durch ihn, kam mit den Händen, als wären sie durch ein Nichts gefahren, heraus an seinem Rücken. Blut spritzte.
Von den Fenstern oben und drüben brüllten schlaftrunkene Gestalten.
Ein Polizist, den Angst und Wahnsinn über den Kühler seines Wagens gewirbelt hatten, sah, wie das Ding, nachdem es noch zwei weitere Männer durchgriffen hatte, auf ihn zukam. Der Polizist hob die Maschinenpistole und gab Feuer. Die Waffe in seiner Hand schwankte. Der Rückstoß warf ihn gegen die Scheibe seines Wagens, auf dessen Motorhaube er jetzt lag, so als ob er sich das Genick gebrochen habe.
Vor ihm stürzten zwei, drei Polizisten oder Feuerwehrmänner nieder. Sie fielen, als wäre ein Draht, der sie aufrecht hielt, aus ihnen gezogen.
Aber der Polizist hatte auch das Monstrum getroffen. Er traf es mitten in seinen sich blähenden, weißen Körper. Fleisch flog in Fetzen. Die Augen platzten. Es schien, als ob das Ding bloß mit Blut angefüllt gewesen wäre. Es regnete auf das Pflaster Blut in Strömen. Fast schwarz rann es aus dem Etwas.
Als Kommissar Sperrle endlich am Tatort eintraf, erwartete ihn bereits eine beachtliche Strecke. Es schien, als er aus seinem Wagen ausstieg, als ob das Jagdfieber seine Männer und die Sonderkommandos, die herbeigeeilt waren, ergriffen hätte. Selbst jetzt noch, da bereits eine Viertelstunde seit der Schießerei vergangen war, torkelten die Männer mit den Maschinenpistolen und den Flinten und den Nachtsichtgeräten wie trunken durcheinander. Es war Sperrle, als würden sie ihre Zungen zu den Mündern wie lechzende Bluthunde heraushängen, und tatsächlich sah er, wie einige die blutunterlaufenen Augen, in denen das Weiße glänzte, rollten.
Auf dem Gehsteig vor dem Hause 112 lagen die zerschossenen, zerklumpten Figuren, von denen Sperrle sogleich dachte, daß man die Blutwut seiner Männer angesichts dessen verstehen konnte. Fast jede der Kreaturen war bis zur Unkenntlichkeit zerschossen. Zerplatzt waren die Gnomen. Zersiebt waren die Lurche. Die menschenähnlichen Kreaturen lagen bleich im Regen, der unaufhörlich und
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