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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Selma am Ende dumm dastehen. Ehrlich, das demütigendste daran, wenn der eigene Ehemann eine Affäre hat, ist, wenn man herausfindet, daß die ganze Stadt darüber Bescheid weiß, außer man selbst. Ich weiß nicht, ob Sie das je erlebt haben...«
    »Sie haben es ihr also gesagt«, legte ich ihr in den Mund, wobei ich versuchte, sie zu überspringen wie beim Damespiel. Aus ihren Äußerungen schloß ich, daß Macon ihr genau jene Erniedrigung zugefügt hatte, über die sie bezüglich Selmas so besorgt war.
    Phyllis verzog das Gesicht. »Also, nein, hab’ ich nicht. Ich habe nie den Mut dazu gefunden. Ich setze mich äußerst ungern über Macon hinweg, weil er dann unausstehlich wird, aber ich habe wirklich mit mir gerungen. Ich habe Tom vergöttert und wußte nicht, wieviel ich Selma als Schwägerin schuldig war. Ich meine, manchmal geht Freundschaft einfach trotz allem vor. Andererseits tut man aber jemandem nicht immer einen Gefallen damit, wenn man ihm so etwas erzählt. So sehe ich es zumindest. Auf jeden Fall war Tom dann plötzlich tot und Selma außer sich. Seitdem fühle ich mich entsetzlich. Wenn ich ihr gesagt hätte, was ich vermute, hätte sie ihn gleich zur Rede stellen und die Sache beenden können.«
    »Wissen Sie definitiv, daß er eine Affäre hatte?«
    »Eigentlich nicht. Das ist es ja. Ich dachte, Selma müsse gewarnt werden, aber ich hatte keinen Beweis. Deshalb habe ich ja so lange damit gezögert, etwas zu sagen. Macon fand, daß es uns nichts anginge, und da er mir ständig auf die Finger sah, saß ich in der Zwickmühle.«
    »Warum erzählen Sie es mir jetzt?«
    »Es war die erste Gelegenheit, die ich hatte. Als ich Sie vorhin reden hörte, wurde mir klar, wie frustrierend es aus Ihrer Sicht sein muß. Ich meine, vielleicht finden Sie ja Beweise, wenn Sie wissen, wo Sie suchen müssen. Wenn Tom herumgevö... fremdgegangen ist, meine ich — muß er doch irgendeine Spur hinterlassen haben, es sei denn, er ist schlauer als die meisten Männer.«
    Die Haustür ging mit einem Ruck auf, und Selma steckte den Kopf heraus. »Da seid ihr. Ich dachte schon, ihr zwei wärt abgehauen und hättet mich sitzenlassen. Was macht ihr denn?«
    »Wir haben nur geplaudert«, antwortete Phyllis, ohne zu zögern. »Ich wollte nach Hause gehen, und sie war so nett, mich hinauszubegleiten.«
    »Schau sie bloß mal an! Sie ist ja ganz erfroren. Laß die Ärmste mal reinkommen und auftauen, du liebe Güte!«
    Dankbar huschte ich ins Haus, während die beiden die nächste Arbeitssitzung für den morgigen Vormittag besprachen. Ich ging in die Küche, wo ich mir die Hände wusch. Ich hätte mir denken sollen, daß eine andere Frau mit im Spiel war. Das könnte erklären, warum Toms Kumpel ihn so schützten. Außerdem könnte es die sechs Anrufe mit der Vorwahl 805 bei der Unbekannten erklären, deren Bandansage ich abgehört hatte.
    Kurz darauf kam Selma ganz aufgeregt herein. »Also, wenn das nicht der Gipfel ist! Ich kann es gar nicht glauben. Phyllis hat mir gerade von einer Dinner-Party erzählt, die demnächst hier in der Nachbarschaft stattfindet. Aber bin ich etwa eingeladen? Natürlich nicht«, sagte sie. »Jetzt, wo ich Witwe bin, läßt man mich fallen wie eine heiße Kartoffel. Ich weiß, daß Toms Freunde — die Männer — mich mit einbeziehen würden, aber Sie wissen ja, wie Frauen sind: Sie fühlen sich schon beim Gedanken an eine alleinstehende Frau bedroht. Als Tom noch gelebt hat, gehörten wir zu einer Gruppe, die überall dabei war — Cocktail-Partys, Essenseinladungen, Tanzabende im Club. Wir haben immer zur Gesellschaft gehört, aber in den Wochen seit seinem Tod habe ich das Haus nicht mehr verlassen. In den ersten paar Tagen haben mir natürlich alle zur Seite gestanden. Eintöpfe und Versprechungen. So kommt es mir zumindest vor. Jetzt sitze ich Abend für Abend hier, und das Telefon klingelt kaum einmal, es sei denn wegen dieser Dinge. Sklavenarbeit nenne ich das. Die gute alte Selma ist immer für ein Komitee zu haben. Ich schufte und schufte. Ich rackere mich ab, und was habe ich davon? Die anderen Frauen geben die Verantwortung nur allzugern ab. Dann haben sie selbst nicht die Mühe, wissen Sie?«
    »Aber Selma, es ist doch erst sechs Wochen her. Vielleicht bezeugen die Leute ihren Respekt, indem sie Ihnen Zeit zum Trauern lassen.«
    »So würden es die anderen sicher auch darstellen«, erwiderte sie spitz.
    Ich entgegnete irgend etwas und hoffte, sie von diesem Thema ablenken zu können.

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