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Kopfjagd

Kopfjagd

Titel: Kopfjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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überleben!«
      »Man tut, was man kann. Die Decke fiel uns noch immer weiter auf den Kopf, als wir schon rauskrabbelten.« Ich brachte ein müdes Lächeln für van Horne zustande. »Ich hätte nie gedacht, daß mich mal Ihr Anblick so entzücken würde.«
      Ich ging zu einem Wassertrog in der Nähe, tauchte Kopf und Schultern hinein und legte mich dann auf den Boden und hielt das Gesicht in die Sonne. Es war ein gutes Gefühl, immer noch am Leben zu sein. Moreno kam mit ernstem Gesicht auf mich zu. Er war unter den Arbeitern herumgegangen und hatte sie gezählt.
    »Señor, ein Mann fehlt«, berichtete er.
      Ich setzte mich müde auf. Van Horne, der sich ebenfalls gerade am Wassertrog wusch, drehte sich sofort zu uns um.
    »Sind Sie sicher?«
      »O ja, Señor. Es ist José Jardona, der Sprenger in diesem Stollen. Gar keine Frage.«
    Jurado, der verdrossen am Boden gesessen hatte und sich an eine Wand des Schuppens angelehnt hatte, stand auf und kam herbei. »Er ist inzwischen bestimmt schon tot.«
      »Da kann man nicht sicher sein«, widersprach ich. »Wir müssen nachsehen.«
      »Seien Sie kein Narr«, sagte er. »Überlegen Sie doch, wie lange wir da drin waren. Mindestens eine Stunde. Hat irgend jemand in dieser Zeit vielleicht etwas gehört?« Er wandte sich um Zustimmung heischend an die Arbeiter, die im Halbkreis um uns herumstanden und zuhörten. Keiner antwortete, und er richtete sein Wort wieder an mich. »Er ist bestimmt schon gleich beim Einsturz umgekommen.«
    Ich fragte Moreno: »Kommen Sie mit?«
      Auf seinem Gesicht war Furcht, echte Furcht. Er war ja auch schließlich nicht mehr jung.
      Er holte tief Luft und verbeugte sich linkisch vor mir. »Wie Sie wünschen, Señor, aber sonst niemand. Nicht unter diesen Umständen.«
      Das war kein angenehmer Gedanke, aber er hatte ja recht. Wir gingen auf den Mineneingang zu, doch Jurado faßte mich an der Schulter. »Lassen Sie das doch sein. Der Berg arbeitet noch immer!«
      Tatsächlich hatte er aber mehr Angst um sich selbst als um mich. Ich machte mich los und lief hinter Moreno her. Als ich bei ihm war, hatte er bereits zwei Grubenlampen angezündet. Er gab mir eine, und wir gingen los.
      Van Horne stieß zu uns, als wir gerade an der Weggabelung waren.

    Ich habe wirklich schon angenehmere Dinge in meinem Leben getan, als durch diesen Bergsturz zurückzukriechen, durch einen Tunnel, der so niedrig war, daß ich gelegentlich mit dem Rücken oben anstieß. Obendrein war das drohende Rumpeln und Rollen herunterfallenden Gesteins vor uns in der Dunkelheit zu hören.
    Als ich wieder in die Arbeitskaverne hineinkroch, fand ich
    dort ein noch größeres Chaos vor. Offensichtlich war mittlerweile, erst vor kurzem, ein erneuter Steinschlag erfolgt. Der so hereindrückende Berg hatte alles auf die Hälfte der einstigen Größe zusammengequetscht. Weitere Deckenstützbalken und Pfähle waren eingeknickt, und ragten nun kreuz und quer in die Luft.
      Sich da hindurchzubewegen, war allein schon eine Gefahr, aber es war unvermeidlich, denn das unaufhörliche leise Stöhnen von jemandem, der große Schmerzen haben mußte, führte uns in eine Ecke, auf welche die ganze Wucht des ersten Abbruchs heruntergekommen war.
      Jardona war unter einer guten Tonne Gesteins begraben. Nur sein Kopf und seine Schultern und ein Arm lagen frei. Das staubbedeckte Gesicht glänzte vor Schweiß. Ich kann nur vermuten, daß er während der Zeit, in der wir uns den Weg freigruben, bewußtlos war und dort in der Ecke lag, und erst wieder zu sich kam, als er schon allein war.
      Moreno begann vorsichtig mit den Händen zu graben und ihn behutsam mit den Fingern freizulegen. Nach einer Weile sah er mich an und schüttelte den Kopf. Es hatte keinen Sinn mehr. José Jardona lag im Sterben. Es war ein Wunder, daß er bisher überhaupt noch gelebt hatte.
    Er öffnete die Augen und starrte uns ausdruckslos an.
      Dann geschah etwas – eine Art Wunder. Seine Lippen bewegten sich, und er sagte klar und deutlich: »Sind Sie das, Pater?«
      Van Horne war neben mir. Er war nackt bis zur Hüfte, sein Gesicht eine Maske aus Staub. Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, wie um sie abzuwischen, und beugte sich vor.
    »Ich habe Sie bei der Kirche gesehen«, sagte Jardona. »Als Sie das Feuer schürten.« Er schloß die Augen, der Schmerz ließ ihn erbeben. Dann öffnete er sie wieder und sagte leise: »Ich werde sterben, Pater, und ich habe so viele

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