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Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Die Arme des Affen waren hinter seinem Rücken zusammengebunden. Ganz offensichtlich ein Gefangener.
    Die kräftigen Primaten wurden in der Hauptstadt zu niederen Sklavendiensten herangezogen. Ein so kräftiges Exemplar würde auf dem Markt vermutlich einen guten Preis erzielen.
    Mit gemischten Gefühlen beobachtete Amy, wie das Fahrzeug an die Galeone andockte und der Steuermann ihnen ein Tau herüberwarf. Eine der Wachen fing es auf und verzurrte es an einem der Haltetrossen. Der Botschafter hatte das Schiff bemerkt und kam die Treppe herunter. Sein roter Umhang flatterte im Wind, als er die Neuankömmlinge begrüßte. Die Wachen schoben einen Holzbalken hinüber und signalisierten dem Mann, er solle an Bord kommen. Der Fremde band den Gorilla los und trieb ihn vor sich her. Seltsam. Irgendwie kam ihr dieser Affe vertraut vor.
    »Ein Jäger«, raunte der Botschafter Amy zu. »Er signalisiert, dass er der Kaiserin ein Geschenk machen will.«
    »Ein Geschenk?«
    Oyo nickte. »Ich glaube, er möchte ihr diesen G’ombe schenken.«
    »Ist das so üblich?«
    »O ja«, antwortete Oyo. »Werfen Sie einen Blick auf die Beflaggung an unserem Mast. Sie besagt, dass die Kaiserin persönlich an Bord ist. Jeder, der ihr ein Geschenk macht, darf damit rechnen, eine Bevorzugung zu erhalten. Abgesehen natürlich davon, dass es eine große Ehre ist. Sehen Sie sich nur diesen G’ombe an. Ein prächtiges Tier. Seine Majestät wird erfreut sein.«
    Amy beobachtete, wie der Jäger den Primaten über den Ausleger trieb und ihn dabei mit Schlägen und Fußtritten bearbeitete. Das Tier stöhnte vor Schmerz, während es über die Planke taumelte, wo es sofort von neugierigen Kriegerinnen umringt wurde. Sie stießen den Affen mit dem stumpfen Ende ihrer Speere und bewunderten seine Kraft. Als er sie wütend anknurrte, lachten sie schrill. Der Jäger humpelte hinter seinem Gefangenen her. Sein linkes Bein nachziehend, kam er langsam über den Steg. Für einen Kitarer sah er recht ungewöhnlich aus. Sein Haar war kurz und seine Haut von einer Vielzahl von Narben verunstaltet. Er wirkte, als habe er schon einiges durchgemacht. Plötzlich blieb er stehen und richtete seine Augen auf die Biologin.
    Sie stutzte. Diese Augen passten nicht zu seinem Gesicht. Sie leuchteten wie zwei klare Bergseen …
    Um ein Haar vergaß sie zu atmen.
    Sie kannte diese Augen.
    Ehe sie sich’s versah, sprang der Mann auf sie zu. Er ergriff ihre Hand und zog sie zu sich heran. Im selben Moment fielen die Ketten des Gorillas klirrend zu Boden. Das Tier sprang auf und fegte zwei der Kriegerinnen mit einem gewaltigen Streich von den Beinen. Dann packte er ihre Waffen und warf sie über Bord. Mit einem furchterregenden Brüllen richtete er seinen Zorn auf die verbliebenen Kriegerinnen.
    Amy begriff nicht, was los war. Es ging alles viel zu schnell. Völlig perplex stand sie da und starrte auf das Handgemenge, das vor ihren Augen aufgeführt wurde. Eine der Wachen hatte ihren Speer gesenkt und rannte auf die ungeschützte Flanke des Gorillas zu. Der Jäger riss seine Armbrust aus dem Halfter und schoss der Kriegerin aus kurzer Distanz in den Kopf. Ein metallisches Scheppern ertönte, dann stolperte die Frau, kippte der Länge nach vornüber und schlug krachend auf das Deck. Ein fingerdicker Bolzen steckte in ihrer Schläfe. Zwei weitere Wachen kamen angerannt, wurden aber von dem randalierenden Primaten von den Füßen gefegt, als wären sie leicht wie eine Feder. Er griff nach einem herumliegenden Schild und ließ ihn auf die wehrlosen Wachen niedersausen.
    Oyos Gesicht war bleich geworden. Taumelnd versuchte er, aus der Gefahrenzone zu entkommen, den Mund zum Schrei geöffnet.
    Von achtern kamen weitere Wachen angerannt.
Bogenschützen.
Sie hoben ihre Waffen und spannten die Sehnen. Der blauäugige Mann hechtete nach vorn, packte einen der Schilde und riss ihn hoch. Dumpfe Einschläge waren zu hören. Eine Spitze bohrte sich durch das Holz, nur wenige Zentimeter von Amys Gesicht entfernt.
    »Komm schon, Amy! Mach, dass du aufs Schiff kommst.«
    »Ray?«
    »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wo ist Dan?«
    »Tot«, stammelte sie. »Er starb, während wir …«
    »Dann nichts wie weg. K’baa, Rückzug. Wir verschwinden.«
    Der Gorilla war auf die Reling gesprungen und deckte den Rückzug der beiden Menschen. Er hielt seinen Schild hoch und wehrte die Pfeile ab.
    Völlig benommen kletterte Amy auf die Planke und blickte nach unten. Wolkengebirge brodelten in der

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