KR151 - Ich rettete 2 Millionen
hässlich. Ich bin ein Gast in deinem Land, und du hast mich schlecht behandelt. Ich fordere dich, jawohl, ich fordere dich. Komm raus!«
Er war nicht so betrunken, dass er mich nicht erkannt hätte. Er schlug mir auf die Faust, dass ich seinen Schlips loslassen musste.
»Geh zur Hölle, verdammter Yankee!«, fluchte er in seinem schlechten Seemannsenglisch.
Der Wirt hinter der Theke mischte sich ein. Er sagte irgendetwas, von dem ich annahm, dass es heißen würde, wir sollten im Lokal keine Schlägerei anfangen.
»Komm!«, grölte ich weiter. »Komm raus, wenn du kein Feigling bist!«
Wieder sagte der Wirt etwas. Phil hat es mir später übersetzt. Der ehrbare Mann hatte den Matrosen bedeutet, sie sollten schon mit uns hinausgehen und uns einen vor den Latz knallen. Wir wären ja so besoffen, dass wir vom Anpusten umfielen. Hinterher könnten sie ja in aller Ruhe weitersaufen.
Jean folgte diesem Rat.
»Come on!«, schrie er mich an und stiefelte mir voran durch das Lokal. Pierre trieb mit einigen Stößen Phil vor sich her. Er schien es als Selbstverständlichkeit zu betrachten, dass er sich mit seinem Kumpan die Arbeit teilte.
Oben in der Gasse stellten sich die Matrosen in Positur.
»Los, fangt an!«, sagte Jean und hob die Fäuste.
Ich grinste Phil an, Phil grinste mich an, und wir sagten wie aus einem Munde: »Dann wollen wir mal!«
Im nächsten Augenblick hatte Phil dem guten Pierre mit einem gewaltigen Faustschlag den schönen Strohhut so über die Stirn getrieben, dass er nichts mehr sah.
Ich schlug Jean kurz und trocken in die Rippen, und als er sich zusammenkrümmte, genau und mittelstark auf die Kinnspitze, und dann konnte ich ihn noch eben auffangen, bevor er aufs Pflaster fiel.
Mit Jean in den Armen sah ich mich nach Phil um. Phil war dem Spieltrieb erlegen. Er tanzte um Pierre herum und schlug ihm immer wieder die Hände herunter, mit denen er sich von seinem Strohhut befreien wollte.
»He, mach keine Faxen!«, rief ich ihm zu. »Dies ist ein ernstes Geschäft.«
»Augenblick noch, Jerry«, lachte er und drehte sich nach mir um. »Das ist zu lustig.«
In diesem Augenblick bekam er einen Tritt ins Kreuz. Pierre hatte begonnen, wild um sich zu treten. Phil griff nach seinem Bein, zog daran. Pierre krachte auf das Pflaster.
Jetzt durfte er sich von seiner Kreissäge befreien. Er stierte reichlich dämlich um sich.
»Komm, steh auf!«, bat Phil. Der Matrose jagte hoch wie ein gereizter Löwe, aber Phil fing ihn auf genau die gleiche Weise ab wie ich seinen Freund, kurz gegen die kurzen Rippen und dann ans Kinn, nur dass er sich nicht die Mühe nahm, ihn festzuhalten. So knallte Pierre auf die Straße und holte sich zu den beiden Schlägen noch eine Beule am Hinterkopf.
»Ich denke, einer genügt«, sagte ich. »Wozu sollen wir uns mit beiden abschleppen?«
Wir nahmen Jean in die Mitte und zogen los auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen, wo wir uns in aller Gemächlichkeit mit ihm unterhalten konnten.
Glauben Sie nicht, dass in diesen Straßen zwei Männer, die einen dritten taumelnden Mann führten, auffielen. Die Leute hier waren es durchaus gewöhnt, dass die Gäste unterschiedliche Mengen Alkohol vertrugen. Man betrachtete uns höchstens als Samariter, die einen betrunkenen Kumpel ins Bett brachten.
In ein Bett freilich brachten wir Jean nicht, sondern auf einen stockdunklen Lagerplatz, der uns passend schien. Wir setzten ihn auf einen Stapel Bretter und warteten in Geduld ab, bis er wieder ganz bei Verstand war.
Phil hatte eine Taschenlampe bei sich und leuchtete ihn kurz an, bevor ich ihn am Kragen nahm und ihm einige sehr eindringliche Sachen zuzischte.
Ich sagte ihm ungefähr folgendes: »Junge, sag die Wahrheit! Oder es geht dir schlecht! Ihr hattet drei Männer an Bord?«
»Yes, Sir«, antwortete Jean, und er sagte Sir zu mir aus lauter Angst. Vielleicht hatte er nicht alles verstanden, was ich ihm angedroht hatte, aber der Ton meiner Stimme genügte.
»Ihr habt sie wenige Meilen vor der amerikanischen Küste an Bord genommen?«
»Yes, Sir.«
»Sie kamen in einem Flugzeug?«
»Yes, Sir.«
»Wo sind diese Männer jetzt?«
»Ich weiß es nicht.«
Ich griff fester zu.
»Ich weiß es wirklich nicht«, jammerte er.
»Aber du weißt, wie und wann sie von Bord gegangen sind?«
»Nicht genau. Es muss in der Nacht vor unserer Ankunft in Le Havre gewesen sein. Als die Leute an Bord waren, sagte Kapitän Brassard, es sei ein Flugzeugunfall, aber als sie über Nacht
Weitere Kostenlose Bücher