Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport
Individualbereich sei die Mobilität oft so weit intakt, dass ein Krankenfahrstuhl in der Regel entbehrlich sei. Ein Hilfsmittel, das eingesetzt werde, um bestimmte pflegerische Maßnahmen durchzuführen, sei der Rollstuhl bei der Klägerin gerade nicht. Aber auch in diesem Fall sei die Leistungsverpflichtung der Kasse als Pflegekasse nach § 40 SGB 5 gegeben. (…)
Nach der geltenden Rechtslage müssen nach § 33 SGB V auch Bewohnern stationärer Altenhilfeeinrichtungen Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, sofern sie individuell verordnet werden. Es wurde auch auf ein Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 1. 8. 1995, Az. S31Kn199/95, auf ein Urteil des Sozialgerichtes Ulm vom 29. 2. 1996, Az. S1Kr723/95, auf eine Stellungnahme des Regierungsbezirks Oberbayern an die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Bayern und auf eine Stellungsnahme des Caritasverbandes zu »Hilfsmittel in Pflegeheimen« verwiesen. »Die gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen/Pflegekassen zur Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln« vom 26. 5. 1997 sei insoweit rechtlich unhaltbar. Es handle sich um eine einseitig von den Kranken- und Pflegekassen erstellte Verlautbarung. Eine Abstimmung mit den Vertretern der freien Wohlfahrtsverbände oder den für Investitionsförderung der Pflegeeinrichtungen zuständigen Sozialministerien der Bundesländer sei nie herbeigeführt worden.«
Im Übrigen sei sie vom Caritas-Altenzentrum durch Schreiben vom 6. 10. 1997, welches ebenfalls beigefügt sei, darüber informiert worden, dass es nicht zu den vertraglichen Leistungen der Einrichtung gehöre, sie mit den entsprechenden Hilfsmitteln zu versorgen. Die Einrichtung verfüge lediglich über einige wenige Faltrollstühle, um in Akutsituationen rasche Hilfe leisten zu können. Das dauernde Vorhalten von Fahrstühlen für bestimmte Bewohner überfordere die finanzielle Situation der Einrichtung. Um die Kasse bei ihrem Auftrag zur wirtschaftlichen Mittelverwendung zu unterstützen, sei man mit der leihweisen Überlassung des Hilfsmittels einverstanden.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4. 7. 97 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. 9. 1997 zu verurteilen, ihr leihweise einen Krankenfahrstuhl zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält an den angefochtenen Bescheiden fest. (…) Im vorliegenden Fall soll der Rollstuhl die gegebene Einschränkung der Mobilität kompensieren und eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. (…) Ohne Einsatz des Rollstuhls wäre der Bewegungsradius der Klägerin künstlich eingeschränkt und weitgehend auf ihr Zimmer bezogen, eine innere Isolation wäre die Folge. Zentrale Grundbedürfnisse des täglichen Lebens könnten daher nicht befriedigt werden. Zur Erfüllung dieser Grundbedürfnisse benötigt die Klägerin daher den Krankenfahrstuhl.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, inwieweit ein Versicherter noch in der Lage ist, diese Grundbedürfnisse wenigstens teilweise selbst zu erfüllen. Es reicht aus, dass der Krankenfahrstuhl die bei der Klägerin bestehenden Funktionsausfälle nur mittelbar und nur in Teilbereichen ersetzt. Dies hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 12. 4. 1995, Az. 3 RK 6/93, ausdrücklich klargestellt. Zu Recht weist das Bundessozialgericht in dieser Entscheidung darauf hin, dass gerade mehrfach Behinderte, die die Verrichtung des täglichen Lebens noch nicht einmal ansatzweise vornehmen können, andernfalls von der Hilfsmittelversorgung ausgeschlossen würden. Ein nur mittelbarer Ersatz der ausgefallenen Funktionen in einem räumlich eingeschränkten Teilbereich reicht danach aus, um die Hilfsmitteleigenschaft eines Geräts annehmen zu können. Dies entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung des BSG . (…)
Der Hilfsmittelkatalog sieht also vor, dass ein Krankenfahrstuhl als Hilfsmittel ausdrücklich gewährt werden muss. Da Hilfsmittel verschiedene Funktionen erfüllen, lässt sich nicht argumentieren, dass eine Hilfsmittelversorgung nur in Betracht kommt, wenn es ein Mehr an Selbständigkeit liefert. Soweit Hilfsmittel eine Behinderung nur ausgleichen oder etwa nur den Erfolg der Krankenbehandlung sichern bzw. nur einer Verschlechterung des Gesundheitszustands vorbeugen, geht mit dem Einsatz des Hilfsmittel nicht automatisch ein Mehr an Selbständigkeit einher.
Der Konflikt um die Finanzierung führt
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