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Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport

Titel: Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Hartwig
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ist, eine engagierte, mitdenkende und kämpferische Heimleitung zu haben, zeigt dieses Beispiel.
    Als sich die Heimleiterin bei der Kasse erkundigte, welche Teile des Sets die Kasse denn nun dem Patienten zu bezahlen gedenke und welche nicht, bekam sie am Telefon folgende Auskunft: »Weiß ich nicht, da hab ich keine Ahnung.« Die AOK -Sachbearbeiterin kannte weder die einzelnen medizinischen Bezeichnungen für die Teile des Kathetersets, noch hatte sie einen Vorstellung, wozu sie benutzt werden. Sie wusste nur, dass sie eine Sparmaßnahme durchzuführen hatte, deren Auswirkung sie in der Konkretion nicht abschätzen konnte.
    Nun findet man in jeder Behörde Informierte und Uninformierte. Man muss sich aber einmal in die Lage einer Fachkraft versetzen, die im Pflegebereich auf bestimmte Hilfsmittel angewiesen ist und sich nun von Pontius zu Pilatus bei der Kasse durchtelefonieren kann, um irgendjemanden zu finden, der ihr sagt, wie das denn nun stattdessen funktionieren soll. Also erteilte die pragmatisch denkende Heimleitern der Kassenangestellten einen kleinen Nachhilfeunterricht. Beide saßen am PC , holten sich gemeinsam eine Darstellung des Kathetersets auf den Bildschirm, gingen am Telefon jedes Teil durch. Grenzwertig wurde das Gespräch, als es um das Desinfektionsmittel ging. Um einen Blasenkatheter zu setzen, wird vorab der Eingang der Blase desinfiziert. Hierbei handelt es sich um ein Produkt, das im direkten Zusammenhang mit der Krankheit des Patienten steht und deshalb von der Kasse bezahlt werden muss. In einem Nebensatz erwähnte die Heimleiterin, dass ein normales Desinfektionsmittel, mit dem sich die Pflegekräfte ihre Hände desinfizieren oder das dem Putzwasser zugesetzt wird, vom Heim gestellt werden muss. Schon witterte die Sachbearbeiterin eine Sparmöglichkeit für ihre »Firma«. Im Brustton der Überzeugung erklärte sie, dass der betroffene Patient/Patientin vor dem Setzen des Katheters doch ebenfalls mit dem Desinfektionsmittel für die Hände zu behandeln sei. Im ersten Moment blieb der Heimleiterin die Luft weg: Das meinte die Krankenkassendame doch nicht im Ernst? »Die naiv gefährliche Ansicht, desinfiziert sei eben desinfiziert, lässt nur die Hoffnung zu, dass es sich hierbei um einen der vielen Einzelfälle von nicht informierten Sachbearbeitern handelt!« Mit einem Desinfektionsmittel für die Hände einen Blaseneingang zu desinfizieren wäre Körperverletzung, nicht nur wegen der enormen Schmerzen, die man dem Patienten zufügte! Warum ich dieses Beispiel notiere, ist schnell erklärt: Immer wieder erfahren Mitarbeiter in der Pflege, dass es bei der Kasse nur mehr eine Leitperspektive gibt: Geld. »Ich könnte denen sparen helfen«, sagte mir die Heimleiterin. »Manchmal habe ich den Eindruck, die beschäftigen ungefähr ebenso viele Sachbearbeiter, wie es Mitarbeiter in der Pflege gibt. Wir haben hier alle Hände voll zu tun, und die Kassen investieren vor allem in den Ausbau ihres uns permanent belastenden und bei der Arbeit behindernden Apparates. Was hat das für einen Sinn? Vielmehr: Wer bezahlt diesen Unsinn?« Auf die letzte Frage weiß der Leser dieses Buches schon lange die Antwort.

Kostenfaktor Pflegebedürftige
    Die Auseinandersetzungen um die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln und Hilfsmitteln im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung bieten seit Jahren permanenten Anlass für Auseinandersetzungen um die Frage, aus welchem Topf das Geld fließen soll: aus dem der Krankenkasse oder dem der Pflegekasse. Und dann gibt es noch den tieferliegenden Streitpunkt: Wer füllt nun ihre Konten? Natürlich sind es die gleichen Beitragszahler. Das Spiel auf Kosten der Bedürftigen lautet: rechte Tasche, linke Tasche. Wahlweise ist in der einen oder anderen nichts drin. Landet alles vor dem Kadi, werden selbst höchstrichterliche Entscheidungen des Bundessozialgerichts diskutiert und interpretiert, je nachdem, wer Kläger und wer Beklagter ist. Es geht im Einzelnen immer wieder darum, welche Hilfsmittel die GKV (gesetzliche Krankenversicherung) nach § 33 Abs. 1 SGB 5 ihren Mitgliedern finanziert und welche Pflegehilfsmittel im Sinne von § 40 Abs. 1 SGB XI Patienten beanspruchen können.
    Karl Jung, der ehemalige Staatssekretär im Bundessozialministerium, wird als Vater der Pflegeversicherung bezeichnet. Am 28. Juni 2003 war in der Frankfurter Rundschau zu lesen, dass ausgerechnet er bestimmte Regelungen über die Pflegehilfsmittel nach § 40 SGB XI für misslungen hält. So

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