Krieg im Himmel
sollte. Wohin wollte ich mich zurückziehen? Außerdem wäre Morag nicht dabei. Vielleicht konnte ich versuchen, mich vor Gericht durchzusetzen. Aber die Gesetze waren ein Witz und wurden nur dann angewendet, wenn sich genug Leute dafür interessierten. Und die Polizei wurde nur dann aktiv, wenn sie Ärger bekam. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass dieser Weg ein gutes Ende nehmen würde, ob mit oder ohne Geld. Außerdem drohten mir zahlreiche Unfälle, solange ich in Haft war.
Scheiß drauf. Bringen wir es einfach hinter uns. Ich machte mich auf den Weg durch die Gasse und über die mit Trümmern übersäte Straße, die zum Lagerhaus führte. Ich griff nach hinten, zog die Pumpgun aus dem Holster und ging zur Tür, während ich meine Umgebung im Auge behielt. Bislang keine Lichter, Sirenen oder Waffen.
Ich machte mir nicht die Mühe zu überprüfen, ob die Tür verriegelt war. Ich schob einfach den Schlossbrenner in das Lesegerät. Der Brenner war ziemlich gut, aber ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass er hier funktionierte. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich etwas Gewaltsames und Lautes tun musste, um hineinzukommen. Der Brenner brauchte nicht länger als in den meisten Fällen, aber dann war ich angenehm überrascht, als die gepanzerte Tür mit einem Klicken aufsprang.
Blöd. Es war undenkbar, dass sie nicht wussten, wer hier war. Ich drang ins Gebäude ein, die Benelli schussbereit erhoben, und wechselte zwischen Restlicht und Thermografie. Das Lagerhaus bestand hauptsächlich aus einer offenen Halle. In einer Ecke im Hintergrund erkannte ich etwas, das wie ein Krankenhausbett aussah und von verschiedenen Maschinen umgeben war. Rechts von mir gab es einen Durchgang. Ich blickte mich in der offenen Halle um, rückte aber nicht weiter vor. Stattdessen lief ich zum Durchgang.
Dort fand ich mich in einem gemütlichen Wohnbereich wieder. Er schien für vier Personen eingerichtet worden zu sein, aber auch hier hielt sich niemand auf. Wahrscheinlich wohnte hier das Personal. Außerdem sah es danach aus, dass die Leute erst vor Kurzem von hier verschwunden waren. Meine Instinkte witterten eine böse Falle, aber ich war bereits drinnen, deswegen musste ich mich genauer umsehen.
Also zurück in die Haupthalle des Lagerhauses. Ich wollte nicht über die dunklen Flecken auf dem Boden oder die Regale mit den gruseligen Instrumenten nachdenken. Ich sicherte weiterhin nach allen Seiten, während ich mich dem Bett näherte.
Die abgezehrte Masse aus Narbengewebe, das von MedGel und einem MedPak bedeckt war, hatte tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Vikar. Sie hatten ihn gründlich fertiggemacht, aber es sah danach aus, als ob es schon eine Weile her war und man ihn seitdem hier verfaulen ließ. Neben den verschiedenen Lebenserhaltungssystemen, die seine Existenz verlängerten, fiel mir eine Senso-Maschine neben dem Bett auf. Ein Kabel verlief von der Maschine zu einem der vier Anschlüsse in seinem Genick. Senso-Systeme waren das Nonplusultra in der Verhör- und Foltertechnologie. Jede denkbare Folter ließ sich durchführen und beliebig in die Länge ziehen. Eine Stunde konnte einem wie ein Jahr vorkommen. Und dabei ging es noch gar nicht um die Psychoterrorspiele – ist die Sache real oder findet sie nur in sensorischer Versenkung statt? Deshalb fragte ich mich, warum sie sich die Mühe mit der körperlichen Folter gemacht hatten. Andererseits konnte ich mir vorstellen, dass man schon ziemlich derangiert sein musste, um diese Art von Arbeit zu machen. Vielleicht hatten sie einfach nur Spaß daran.
»Jakob?«
Ich habe kein Problem zuzugeben, dass ich zu Tode erschrocken war und den Vikar beinahe erschossen hätte. Die Stimme klang blechern und moduliert. Sie kam aus einem Lautsprecher am Kopfende des Betts. Ich war mir nicht sicher, ob sie wirklich nach dem Vikar klang oder ob ich nur wollte, dass sie so klang.
»Vikar?«, fragte ich vorsichtig.
»Es tut mir leid, Jakob.«
»Weswegen?«
»Ich habe geredet, Jakob.«
»Du weißt doch, dass jeder redet.«
»Ich habe mich geweigert, so lange ich konnte.«
»Schon gut. Jetzt holen wir dich hier raus.« Ja, klar. Dabei hatte ich nicht einmal eine Vorstellung, wie ich die Sache anfangen sollte.
»Es dauerte nicht sehr lange. Sie haben mir Schmerzen zugefügt.«
»Mach dir deswegen keine Sorgen, Mann.«
Entweder befand er sich in Trance in einem isolierten Netzwerk oder er sprach aus dem Innern eines Senso-Programms zu mir. Was jedoch nicht
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