Krieger der Schatten - Traumlos im Bann der Nacht (German Edition)
überhört hätte.
„Das dachte ich mir schon.“
Ohne ein weiteres Wort ging sie zu ihm und setzte sich neben ihn auf den Steg.
Sie waren sich so nahe und dennoch unendlich fern.
Die Stille wurde unerträglich und zerrte an ihren Nerven. Jadas Herz zog sich schmerzhaft zusammen, weil sie befürchtete, er würde sie wieder von sich stoßen.
Ihr Blick war starr geradeaus auf den See gerichtet. Tränen hatten sich in ihren Augen gesammelt. Sie war ja so ein Weichei. Wollte sie ihn nicht davon überzeugen, dass er tun konnte, was er wollte, er sie aber nicht loswerden würde?
So würde das wohl nichts werden. Was würde sie als Nächstes tun? Sich heulend an sein Bein klammern und ihn anflehen, nicht wieder zu gehen?
Es war so jämmerlich von ihr, vor ihm zu weinen. Aber die letzten Tage und Wochen hatten sie bis ins Mark erschüttert , wovon sie sich nur sehr schwer erholen würde.
Sie spürte es, noch bevor sie es sah, wie sein stechender Blick auf ihr ruhte und sie aufmerksam musterte.
„Sagst du mir, warum du weinst?“ Lajos konnte sie nicht weinen sehen. Ein Gefühl breitete sich in ihm aus, das ihm fremd war.
„Wer sagt, dass ich weine? Die Sonne blendet mich“, sagte Jada und bemühte sich um einen harten Ton.
„Die Sonne also.“
Wieder verfielen sie in Schweigen. Lajos wartete, denn er wollte sie nicht drängen. Das Recht dazu hatte er gar nicht. Er durfte nicht einmal mit ihr hier sitzen. Dann sollte es ihn auch nicht interessieren, was mit ihr los war.
Aber so war es leider nicht. Er wollte wissen, was in ihr vorging. Obgleich es ihnen beiden unendlich viel Leid einbringen würde.
Sie war sein Feind, es durfte nicht sein. Das, was er ihr geben würde, würde er ihr auch wieder nehmen.
„Ich weiß schon sehr lange nicht mehr, wo ich hingehöre, weil meine Welt, wie ich sie kenne, auseinanderbricht“, sagte Jada und holte Lajos damit in die Gegenwart zurück.
„Warum hast du dieses Gefühl?“ Er wusste, warum sie so darüber dachte, aber er wollte, dass sie sprach, weil er ihre Stimme hören wollte.
Er konnte es nicht sehen, wie sie weinte. Immer wieder wischte sie sich mit dem Handrücken über das Gesicht und die Zerrissenheit in ihm nahm immer weiter zu.
Er war sogar geneigt, darum zu betteln, dass sie aufhörte, und zugleich wollte er sie an seine Brust ziehen und sie trösten. Aber sie war ohne ihn eindeutig besser dran. Alle waren besser ohne ihn dran, denn er würde nichts als offene Wunden hinterlassen, wenn er wieder verschwand.
„So viele Geheimnisse und so viele für mich nicht greifbare Dinge, die passieren. Meine Familie, die mich in einem Käfig aus Gold eingesperrt hält und alles vor mir verbirgt. Ich bin mir bewusst, dass es ein Geheimnis gibt, aber ich stehe ganz alleine damit. Dann trittst du endlich in mein Leben, bist kalt und abweisend. Wer bin ich und wo ist mein Platz? Ich möchte wieder nach Hause, nach Budapest auf meine Insel, denn da war die Welt für mich noch in Ordnung. Und du warst ein wunderschöner Traum. Ohne ...“ Sie musste schlucken, weil ihre Stimme brach. „Ohne Schmerz, jetzt ... bist ... du ... da und der Schmerz in meiner Brust auch.“ Jada wischte sich die Tränen von der Wange.
Endlich hörte ihr jemand zu und wollte wissen, wie es ihr ging.
Sie hatte das Gefühl, dass er sie verstand.
Wieder Stille.
Unerträgliche Stille. „Bitte keine weiteren Geheimnisse“, betete sie im Stillen.
Jada sah ihn an. Sein Blick war stur auf den See gerichtet. Als sähe er etwas, das weit zurücklag.
Seine Augenbrauen waren zusammengezogen, sein Mund eine harte Linie.
Er neigte den Kopf und erwiderte ihren Blick
„Was bedeutet das, ich bin endlich in dein Leben getreten?“, seine Stimme war nur noch ein Flüstern.
„Ich würde gern erst mal wissen, wo wir stehen. Muss ich immer noch fürchten, dass du mich irgendwo verscharrst oder deine Geschwister?“
Er schwieg. Sein Gesicht war eine ausdruckslose, undurchdringbare Maske.
Wieder glitt sein Blick in die Ferne und seine Gesichtszüge verhärteten sich. Hinter all den Mauern und seiner Selbstbeherrschung spürte Jada seine innere Zerrissenheit. Sein Blick war so verloren, dass sie ihre Hand ausstreckte und langsam auf seine legte - bevor sie wusste, was sie da tat. Als führte ihre Hand ein Eigenleben, aber sie musste ihn einfach berühren, seine Haut fühlen, um ihm zu bestätigen, dass sie an seiner Seite war.
Sie fühlte eine seltsame Verbundenheit, die ihren Verstand nicht
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