Krieger des Friedens: Roman - [Robert the Bruce 2] (German Edition)
ließen ihm genug Spielraum, um zum Rand zu schlurfen. Er glitt vom hinteren Ende des Karrens herunter, blinzelte in das grelle Licht und stellte fest, dass er sich in einem von hohen Steinmauern umschlossenen weitläufigen Burghof befand. Neben den Befestigungsanlagen hatte man auch eine Reihe hölzerner Bauten errichtet: Ställe, Zwinger und andere Nebengebäude. Alle wirkten ganz neu, Arbeiter waren teilweise noch dabei, die schrägen Dächer mit Stroh zu decken. Die Mauern wurden von sechs Türmen flankiert, zwei davon waren mit Gerüsten verkleidet. Die Türme an den vier Ecken der Burg endeten in offenen Plattformen und wurden jeder von einer riesigen Belagerungsmaschine überragt.
Robert spähte an dem Karren vorbei und erblickte ein Doppeltorhaus, das den schmalen Gang bewachte, durch den sie gekommen waren. Über dem Tunnel hing ein goldenes, mit einem roten Kreuz und einem sich aufbäumenden schwarzen Löwen besticktes Banner. Das klirrende Geräusch, das er gehört hatte, rührte von einem Fallgitter her, das jetzt wieder herabgelassen wurde. Seine eisernen Zähne schlossen sich über dem Torweg. Ballymote war eine mächtige, gut befestigte und mit einer großen Garnison versehene Burg. Einem Mann würde es schwerfallen, hier unbemerkt einzudringen. Es würde ihm aber mindestens ebenso schwerfallen, die Burg wieder zu verlassen.
Eine Tür des Torhauses wurde geöffnet, und drei Männer traten heraus. Robert stufte zwei von ihnen als Wächter ein und konzentrierte sich auf die wuchtige Gestalt in der Mitte, die auf ihn zugeschritten kam. Obwohl er ihn nie gesehen hatte, wusste Robert, dass dies Sir Richard de Burgh sein musste, der Earl of Ulster und König Edwards einflussreichster Magnat in Irland. Ulster schien Anfang vierzig zu sein, sein Gesicht, in dem sich die ungemilderte Arroganz eines Mannes von Rang und Macht widerspiegelte, war mit Kampfnarben übersät. Er trug einen prachtvollen, mit einem roten Kreuz bestickten Mantel.
Ulster begrüßte Esgar knapp, dann musterte er den Rest der Gruppe. Sein Blick blieb auf Robert haften. »Sir Robert, nehme ich an? Ich erkenne Euren Vater und Euren Großvater in Euch wieder, zumindest in körperlicher Hinsicht. Im Geiste unterscheidet Ihr Euch sehr von beiden, denke ich.« Die Verachtung in seiner tiefen Stimme war nicht zu überhören.
Robert, der unbewaffnet und nur mit einem mit Schweißflecken übersäten Hemd und einer ebensolchen Hose bekleidet, mit ungekämmtem Bart und Haar und sich seiner äußeren Erscheinung nur allzu deutlich bewusst vor ihm stand, wand sich unter dem durchdringenden Blick des Earls innerlich vor Unbehagen. Ulster erinnerte ihn an seinen Vater – derselbe massige Körperbau, dasselbe herrische Gebaren, dieselbe Missbilligung in den Augen. Er unterdrückte den Stich, den ihm die letzte Bemerkung versetzt hatte, und erwiderte herausfordernd den Blick des Earls. »Es ist bedauerlich, dass wir uns unter diesen Umständen kennenlernen, Sir Richard. Zwischen Eurer Familie und meiner bestand eine langjährige Freundschaft, von der Ihr immer profitiert habt. Es tut mir leid, dass Ihr dieses Bündnis nun gefährdet, indem Ihr mich und meine Männer gefangen nehmt. Ihr meint, meinen Großvater und Vater in mir zu sehen, aber sie sind bloße Illusionen. Mein Großvater ist tot und mein Vater in England. Ich bin jetzt der Herr über unsere Landsitze und das Oberhaupt der Familie Bruce. Ihr solltet das respektieren.«
Ulsters Augen glitzerten. »Ihr habt jeglichen Respekt meinerseits verwirkt, als Ihr zum Verräter wurdet und Euch auf die Seite dieses gesetzlosen Verbrechers geschlagen habt. Ihr hattet doch alles – reiche Ländereien in Schottland, Irland und England, die Freundschaft König Edwards und sogar einen Anspruch auf den Thron Eures Reiches. Und wie steht Ihr jetzt da? Euer Vater hat Euch verstoßen, wie ich hörte, das Heim Eurer Familie in Lochmaben ist zerstört und Eure Grafschaft an die englische Krone gefallen. Wenn König Edward die Herrschaft über Schottland übernimmt, ist Carrick für Euch verloren. Selbst Eure neuen Verbündeten haben Euch im Stich gelassen. William Wallace befindet sich im Ausland, und die Rebellen haben seit seiner Abwesenheit keine Erfolge mehr zu vermelden. Und nun seid Ihr hier, ein Gefangener, der nichts besitzt als das Hemd, das er am Leibe trägt, ein Earl nur dem Namen nach und schwerlich würdig, diesen Titel zu tragen. Sagt mir, Robert – war es das wert?«
Das Bild des Heims seiner
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