Krieger des Lichts: Ungezähmtes Herz (German Edition)
Traum«, murmelte er, wobei seine Stimme fast unterging im Stöhnen der Männer und dem Knacken eines Knochens, als ihr Traum-Ich einem der Übeltäter die Kniescheiben brach.
Der Mann schrie auf, krachte in den einzigen Stuhl der winzigen Hütte und sprengte ihn so in tausend Stücke. Heilige Göttin, war sie sauer über den Verlust dieses Stuhls gewesen. Es hatte sie Wochen gekostet, ihn anzufertigen.
Ihr Blick erfasste den kleinen fensterlosen Raum, die grob behauenen, mit Lehm verfugten Baumstämme, das Lager am Boden, welches ihr Bett gewesen und jetzt zerstört war, die im Glanz des Feuers herumwirbelnden Federn. Der Geruch von Rauch, Schweiß und ungewaschenen Körpern verpestete die Luft.
Kougar kam zu ihr und zog sie vor Erleichterung zitternd an sich. »Meine Fäuste gingen immer durch sie hindurch. Ich fing schon an, mich für tot zu halten.« Sein Blick streifte ihren nackten Körper. »Du wandelst durch meine Träume?«
»Ich konnte sehen, dass du schlecht träumst. Das wollte ich mir mal anschauen.« Sie runzelte die Stirn. »Aber das ist nicht dein Traum.«
»Das hier ist nicht real.«
»Nein, aber es ist tatsächlich so passiert. Es sind meine Erinnerungen.«
Das Erstaunen in seinem Blick wurde noch größer, als sie gemeinsam zusahen, wie sie ihre Widersacher mit schwungvollen Tritten und Ellbogenstößen gegen Kehlen und Nasen verprügelte. Sie mochte vielleicht nur eine Frau und noch dazu allein sein, doch dank der Unsterblichkeit in ihrem Blut hatte sie eine jedem Menschenmann ebenbürtige Kraft und konnte auf eine bis zu jenem Zeitpunkt fast siebenhundertjährige Erfahrung im Nahkampf zurückgreifen.
»Wann ist das geschehen?«
»Ende des siebzehnten Jahrhunderts, in den Wäldern etwa vierzig Meilen westlich vom Haus des Lichts.«
»Dann hast du schon damals in der Nähe gelebt?«
Ihr Blick begegnete seinem. »Ich habe immer in deiner Nähe gelebt. Schon früh habe ich entdeckt, dass trotz der Durchtrennung unseres Paarbandes immer noch eine Verbindung bestand. Deine Nähe hat mir Kraft gegeben. Ich musste gut darauf aufpassen, keinem Zauberer und Therianer über den Weg zu laufen, aber ich war nie weit weg.«
Seine Skepsis blieb. »Wie ist es möglich, dass ich deine Erinnerungen sehe?«
»Ich weiß es nicht.«
Ihr Traum-Ich zog ein Messer aus dem Stiefel und schlitzte damit einem der Angreifer die Kehle auf. Der Kerl stürzte zu Boden.
»Braves Mäd…«
Kougar verschwand neben ihr und ließ sie alleine mit der Szene und den Erinnerungen einer Nacht, die sich zu oft wiederholt hatte. Sie hatte alle drei Männer umgebracht, so wie unzählige andere Männer im Laufe der Jahrhunderte, die jede schutzlose Frau für leichte Beute hielten. In der Anfangszeit war sie ein paarmal überwältigt und so sehr geschlagen worden, dass sie die Angriffe nicht hatte abwehren können. Doch dann hatte sie ihre Peiniger hinterher getötet und daraus gelernt, sich gegen sie zur Wehr zu setzen.
Während sie ihr jüngeres Ich beobachtete, kam das Gefühl der quälenden Einsamkeit jener Tage mit aller Macht zurück. Wie viele Nächte hatte sie auf diesem Lager gelegen und sich nach Kougars starken Armen gesehnt?
Zu viele, um sie zu zählen.
Sie schloss die Augen, konzentrierte sich trotz des um sie herum tobenden Kampfes und folgte ihrem Gefährten … in einen Raum, der von Schreien und Blutgeruch erfüllt war.
Wie schon zuvor fand sie Kougar inmitten einer anderen ihrer Erinnerungen. Er stand da und sah zu, wie sie die Gräfin de Frottier bei der schwierigen Geburt ihres zweiten Sohnes unterstützte. Sie waren mehrere hundert Jahre in der Zeit zurückgereist, ins vierzehnte Jahrhundert. Die Krieger des Lichts lebten damals in Frankreich.
Das Schlafzimmer der Gräfin war groß, doch trotz des hell lodernden Feuers im Kamin eiskalt. Die Samtvorhänge des Bettes waren weit aufgezogen, während zwei in die Jahre gekommene Mägde sich um sie kümmerten. Die eine wischte ihrer Herrin das schweißnasse und tränenüberströmte Gesicht ab, während die andere ihre Hand hielt.
Als Kougar sie erblickte, stellte er sich neben sie. Ein weiterer Schrei der Frau zerriss die Stille. Ein schriller Schrei, in dem Todesqualen mitschwangen. Ariana spürte, wie das Gift in ihrem Innern beim Anblick der leidenden Frau vor Freude hüpfte, während ihr Traum-Ich die Augen schloss und dasselbe empfand.
»Du zehrst von ihrem Schmerz«, stellte Kougar mit gefühlloser Stimme fest, als er ihr anderes Ich
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