Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
Arzt hat gesagt, dass er kerngesund sei. Es sei ein Wunder, unser Wunder.“
„Ja, das ist er. Hast du schon einen Namen für ihn gefunden?“
„Nein. Ich wollte warten, bis du wieder bei Kräften bist. Nach all dem, was du durchlebt hast, ist es nur gerecht, wenn du ihm den Namen gibst. Außerdem existiert in meiner Linie kein Vorfahre oder Familienmitglied, der es Wert wäre, seinen Namen an ihn weiterzugeben.“
Tau überlegte und musterte ihren kleinen Sohn. Er war ein kleines Wunder. Er brauchte einen starken Namen. Einen Namen, der ihm alleine gehörte und den ihm niemand wegnehmen konnte.
„Er soll Orion heißen.“
„Interessanter Ort“, murmelte Paeon, als er über die Schwelle des Raumes trat. Algier ging voraus bis zu einem schmalen, langen Metalltisch, stützte die Hände darauf ab und sah sich ebenfalls um.
Paeon folgte ihm.
Ihm ging es gut. Das kränkliche Aussehen, sein jahrelanges Kennzeichen, war verschwunden. Seine Haut wirkte zwar noch blass, aber Paeon hätte den Tag sowieso verflucht, an dem er eine gesunde Sonnenbräune auf diesem Organ festgestellt hätte. Nein, er war bleich. Doch die entzündeten Stellen, Hautrötungen und Auswüchse waren allesamt verschwunden. Sein Haar war immer noch weiß. Offenbar brachte der viele Sex die Pigmente nicht mehr dorthin zurück. Es störte ihn nicht, um nicht zu sagen, es interessierte ihn nicht. Kraftvoll und glänzend unterschied es sich jedoch erheblich von dem schwächlichen Flaum, der vorher seine Kopfhaut geziert hatte.
Paeon schnüffelte. Schwefel, der saure Geschmack von Metall, ein süßlicher Verwesungsgestank und ein nicht gerade Nase umschmeichelnder Duft nach menschlichen Exkrementen stießen ihm in die Nase.
„Bist du sicher, dass er schon beerdigt ist?“, fragte er Algier vorsichtshalber.
„Kart? Na klar. Er hat sein eigenes Erdhügelchen neben den Gruben für die Essensreste der Zitadellenkantine bekommen.“
Der General wandte sich ihm zu. „Er hat jahrelang hier drin gelebt und hat Dinge gemacht, von denen ich lieber nichts wissen will. Ich bin mir jedoch sicher, dass du hier genug von deinen Katalysatoren der speziellen Art – wie du sie genannt hast – finden wirst. Natürlich wäre es einfacher gewesen, wenn die alte Birne noch gelebt hätte, aber Qeb hielt wohl die Zeit für gekommen, ihn zu sich zu holen. Ich weiß nicht, wie ordentlich er gewesen ist, aber ich kann dir im Moment nur diese zwei Tage zur Verfügung stellen. Dieser Teil der Zitadelle war schon immer Quelle für Gerüchte und dergleichen. Du solltest nicht zu lange hier verweilen, wenn du willst, dass du ernst genommen wirst“, riet ihm Algier.
„Du weißt genau, dass mir egal ist, was die Leute von mir denken. Aber ich weiß, auf was du hinaus willst. Ich werde mir Mühe geben, alles zu finden.“
Algier nickte erleichtert und begab sich zum Ausgang. „Viel Erfolg, Paeon. Wir sehen uns bei der Besprechung.“
Der Prior Magus verbeugte sich leicht spöttisch und wandte sich dem dunklen Raum zu. Als Erstes suchte er einige Kerzenstummel zusammen und entzündete sie mit einem Schnippen. Dies fiel ihm inzwischen so leicht, wie eine Tür zu öffnen. Die Stummel stellte er auf den Metalltisch, der, wie ihm nun auffiel, an seinen Enden je zwei Fesselvorrichtungen besaß.
Interessant. Kart war wohl doch mehr, als ein bloßer Giftmischer gewesen. Ob er an lebenden Individuen herumprobiert hat? Da habe ich doch etwas mehr Klasse, könnte man meinen.
Er wandte sich vom Tisch ab, der im Vergleich zu den raumhohen und überladenen Regalen in Bedeutungslosigkeit versank. Paeon näherte sich der ersten Reihe und begann die Dinge, von denen er annahm, dass sie nicht gesundheitsgefährdend waren, zu untersuchen. Er fand Arbeitsutensilien, die in jedes normale Labor gehörten: Phiolen, Reagenzgläser, Spritzen, Dosen, gefüllt mit Pasten, Knetmasse, Schnur, gebraucht aussehende Lederhandschuhe und dergleichen mehr. Dann gab es da aber auch noch andere Dinge: Gläser mit Eingemachtem. Die schmutzigen Etiketten verwiesen auf Mäuselebern, Froschaugen, Sommerfalterlarven und zahlreiche andere Innereien von unzähligen Lebewesen. Doch Kart schien nicht nur ein Spezialist im Konservieren gewesen zu sein, er besaß auch eine erstaunlich große Palette an getrockneter Ware. Paeon fand von getrockneten Zwiebeläpfeln bis zu Schweinezungen alles. Bei einigen Produkten hatte der Giftmischer sich sogar die Mühe gemacht, sie zu einem Pulver zu mahlen, damit er sie in
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