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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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von Freising meldet, schon lange exkommuniziert, auch sonst bedrückt und immer mehr in die Enge getrieben. Doch als die Römer, nach einem blamablen Auftakt, gewannen, wollten sich die Tivolesen nicht ihnen, sondern nur dem Papst ergeben; sämtliche Friedensvereinbarungen, eine nach der anderen, wurden zu seinen Gunsten getroffen. Die Römer aber forderten Tivolis Vernichtung und die Vertreibung dieses so aufmüpfigen Völkchens, das auch mit diversen Nachbarn in Fehde lebte, zumal mit dem Abt von Subiaco, dessen Kloster schon im 10. Jahrhundert die Jurisdiktion über die Stadt erhielt.
    Jetzt aber wollten die Römer herrschen, und nicht nur in Tivoli. Sie erhoben sich im Sommer 1143, stürmten – die Städtekriege in der Lombardei, der Toskana, die Attacken der Kommunen des Nordens gegen die Prälaten vor Augen – das Kapitol und setzten, überdrüssig, sich vom Papst regieren und drangsalieren zu lassen, den längst beseitigten »heiligen Senat der Stadt« wieder ein und den Krieg gegen Tivoli fort, indes der Papst, bittend, einschüchternd, mit Gold lockend, das tobende Volk zu besänftigen, seine Gewalt über Rom zu wahren suchte und über allem am 24. September 1143 verstarb. 9
    Auch unter den Nachfolgern des Innozenz dauerten die Tumulte in der Stadt an.
    Der nur fünf Monate pontifizierende Coelestin II. (1143–1144), ein Schüler Abälards und seinerzeit selbst als Gelehrter gelobt, wurde der Wirren so wenig Herr wie Lucius II. (1144–1145). Rom revoltierte, es kam zur Erhebung der Kommune gegen den Papst, der sich mit dem Adel verband, während die ausgebeutete Bürgerschaft einen Patricius zum Leiter der jungen Republik berief, Jordan Pierleone, einen Bruder des Gegenpapstes Anaklet. Rom erstrebte Selbstregierung, begehrte alle Hoheitsrechte in Stadt und Land. Es wollte unabhängig von kurialer Kontrolle, frei von jeder Zivilgewalt des Papstes sein, wollte ihm nur noch den Zehnten überlassen oder eine Staatspension.
    Der – im doppelten Wortsinn – entsetzte Lucius rief nicht nur Konrad III. zu Hilfe, der freilich selbst genug innenpolitische Querelen, auch wohl doch lieber ein schwaches als starkes Kirchenhaupt hatte, sondern suchte sich, gegen den Willen seiner Kardinäle, sogar mit König Roger zu arrangieren, mit dem er einst befreundet war. Lange glaubte man, behauptet es gelegentlich noch jetzt, Lucius II. sei Mitte Februar 1145 beim Sturm auf das Kapitol, den Sitz des Senats, tödlich verwundet worden. Der Bericht des Geschichtsschreibers, kaiserlichen Notars und Hofkapellans Gottfrieds von Viterbo über Lucius' Tod durch den Steinwurf eines Aufständischen ist jedoch unhistorisch. Gottfried schrieb häufig flüchtig, fehlerhaft, wurde aber gleichwohl ein Vorbild für die künftige Chronistik.
    Als der inmitten aller Unruhen ganz heimlich und ohne Kardinal zu sein zum Papst gewählte Eugen III. (1145–1153), ein Schüler des hl. Bernhard, die römische Verfassung verwarf, empörte sich das Volk erneut. Die Adelskastelle wurden zerstört, die Kardinalsvillen geplündert, während Eugen von Viterbo aus die Straße nach Rom abriegelte und die Stadt verfluchte: nur die wenigste Zeit seines Pontifikats, etwa ein Achtel, konnte er in ihr verbringen. Das bedeutendste Ereignis seiner Regierung aber war ohne Zweifel ein großer Krieg, den nicht zuletzt er vom Zaun brach. Veranlaßte doch 1144 der Fall Edessas mit einem kaum erwarteten Widerhall in der muslimischen wie christlichen Welt Eugens III. drei Aufrufe – am 1. Dezember 1145, am 1. März und im Oktober 1146 – zu einem neuen Kreuzzug. 10
    Bevor es jedoch zu diesem Zweiten Kreuzzug kam, hatte es schon eine ganze Reihe anderer Kreuzzüge – selbst von Norwegen aus – mit zahlreichen Schlächtereien teilweise großen Ausmaßes gegeben. Denn der Enthusiasmus der Zurückgekehrten, ihre Berichte, Errungenschaften, »Reliquien« etc., erweckten neue Pilger. Die abendländischen Pfaffen predigten unentwegt weitere Heils-, Geld- und Machthungrige ins Heilige Land und ins Himmelreich. Man wollte nicht nur Jerusalem haben, man wollte den Islam insgesamt vernichten. Der Strom der Krieger riß nie ganz ab, italienische Flotten lieferten Waffen nach, Werkzeuge, Belagerungsmaschinen.

»Die blühenden Lande veröden« oder »wer dort arm war, wurde hier reich durch Gott«

    Kaum einen Monat nach dem Fall Jerusalems besiegten die neuen Herren ein gewaltiges ägyptisches Hilfsheer unter dem Fatimiden-Wesir Al-Afdal. Sie überraschten es am Morgen des 12.

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