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Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt

Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt

Titel: Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Jenseits zu befördern und gleich an Ort und Stelle anonym zu verscharren?
    Für die letzten 100 Meter bis zum Eingang des oberen der insgesamt drei Friedhöfe auf dem Kapellenberg benötigte ich zehn Minuten. Der Weg war steil, die Stufen am Ende uneben und unregelmäßig, die Schlachtplatte in meinem Inneren rebellierte, doch es gab keine Toilette weit und breit. Ich war noch nie hier oben gewesen und kam mir etwas doof vor, allein, mitten in der Nacht auf dem Weg zu einem Friedhof, der weit außerhalb des Ortes auf einem Berg lag.
    Ich blieb stehen und holte tief Luft. Der nächtliche Spaziergang vom Parkplatz am Fuße des Kapellenbergs, wo mein alter Kadett das einzige abgestellte Fahrzeug war, bis hier oben hatte mich angestrengt, zumal ich rasch gegangen war. Ich lauschte in die Nacht, doch die Schritte, die ich mir zu hören eingebildet hatte, waren verstummt. Vielleicht war es das Echo meiner eigenen Schritte gewesen, zurückgeworfen als Trompetenecho der Nacht von der Stützmauer des mittleren Kapellenfriedhofs?
    Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Statt mit den anderen Musikanten in der Hotelbar zu sitzen, vielleicht an der Seite der tschechischen Nachtigall Libuše, rannte ich in der Finsternis einen Buckel hoch, um mich mit einem Tenoristen zu treffen! Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es wichtig war, was er mir zu sagen hatte. Nicht umsonst hatte er diesen Treffpunkt bestimmt, hier oben in der fast mitternächtlichen Abgeschiedenheit der Wurmlinger Kapelle.
    Daran und an Libuše dachte ich, während ich die letzten Stufen zum Eingang des oberen Friedhofs hinaufschritt. Düster ragte das Gemäuer der Wurmlinger Kapelle neben mir auf, ich zögerte unter der steinernen Pforte und betrat dann die oberste Plattform der terrassenförmigen letzten Ruhestätte. Meine Schritte knirschten im Kies, und ich erstarrte, als ich vor mir im dunklen Friedhofsgrund das ausgehobene Grab erahnte. Daneben stand eine düstere Gestalt, deren Silhouette sich schwach gegen den Nachthimmel abhob. Jetzt kam sie auf mich zu und ich erkannte den Tenorhornspieler Alibert Bratvogel.
    »Nettes Plätzchen«, meinte er träumerisch, »zum Sterben schön, nicht wahr?«
    »Kommt drauf an, was man vorhat«, erwiderte ich weitaus weniger euphorisch als der Euphoniumspieler und beschloss für mich, den lauschigen Ort auf alle Fälle wieder lebendig zu verlassen. Ich achtete bei jedem meiner Schritte darauf, der offenen Grabgrube nicht zu nahe zu treten und dem jungen Tenor nicht den Rücken zuzuwenden.
    »Waren Sie schon mal hier oben?«, fragte er jetzt, und als ich verneinte begann er unaufgefordert zu schwärmen: »Man hat bei Tag einen herrlichen Blick in fast alle Himmelsrichtungen. Nur nach Osten versperrt der Spitzberg den Blick Richtung Tübingen. Man kann über einen waldigen Höhenweg von hier aus durch das Landschaftsschutzgebiet bis zu den Mauern von Schloss Hohentübingen wandern. Müssen Sie unbedingt mal machen!«
    Er hatte einen kleinen Gegenstand in der Hand, und ich mutmaßte schon, er würde sich eine Zigarette anzünden. Doch es war ein Lippenbalsam, den er aufschraubte und mit dessen Stift er sich sanft über die Lippen fuhr.
    »Für den Ansatz«, erklärte er, »wollen Sie auch?«
    Ich schüttelte dankend den Kopf, und er setzte seine Landschaftsbeschreibung fort:
    »Im Norden liegt der Höhenzug des Schönbuchs, der sich bis nach Herrenberg erstreckt. Man kann von hier aus mit bloßem Auge die Stiftskirche erkennen, bekannt als die Glucke vom Gäu, weil sie wie ein brütendes Mutterhuhn auf dem Sporn über der Altstadt thront. Dahinter beginnt der Schwarzwald.«
    Seine rechte Hand fuhr in die Jackentasche, und ich rechnete schon damit, jede Sekunde das kalte Metall einer Waffe aufblitzen zu sehen. Vorsichtig schielte ich nach einem Fluchtweg und fragte mich, ob ich mir bei einer Flanke über die Friedhofsmauer nur das Bein oder gleich das Genick brechen würde. Zu meiner Erleichterung beförderte er nur zwei Bierflaschen ins Freie und streckte mir eine entgegen.
    »Für den Ansatz«, erklärte er abermals, »ich hab so trockene Zähne. Wollen Sie auch?«
    Ich nickte dankbar, nahm die Bierflasche entgegen und suchte nach meinem Taschenmesser. Eiibii blickte sich um und sein Blick blieb an einem der markanten kantigen Grabsteine hängen.

    Er versuchte, die Inschrift zu entziffern, murmelte »Entschuldigung, Berta!« und entfernte den Kronkorken durch einen gekonnten Handkantenschlag am Rand des Steins. Mit

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