Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
als der im Wohnraum, in dessen Bedienung der Purser gerade Jack einführte. Jede der drei Schlafkabinen wies eine ähnliche Entertainmentwand auf.
Nelly, hättest du uns nicht etwas Kleineres besorgen können?, fragte Kris in Gedanken und verlagerte die Auseinandersetzung mit ihrem Personal Computer damit ins Private.
Nein, Ma’am. Das Schiff ist fast voll belegt. Ich habe keine drei zusammenhängenden Kabinen mehr gefunden, also habe ich die Kaisersuite genommen.
»Kaisersuite! Ich bin eine Prinzessin, kein Kaiserreich.«
»Du meinst wohl Kaiserin«, korrigierte Abby sie. »Das Kaiserreich wäre die politische Struktur dazu. Kaiser und Kaiserin waren die Herrschertitel, nach Geschlecht definiert, wie man es damals tat.«
»Jetzt bist du auch noch Expertin für Staatsformen?«, fragte Jack schleppend, während er, nachdem er den Purser hinausgedrängt hatte, die Tür genau ins Auge fasste. »Und es ist die Kaisersuite. Steht hier so.«
»Staatsformen überlasse ich den Leuten, die sich in der Illusion wiegen, darüber zu regieren«, versetzte Abby trocken. »Protokoll erweist sich immer wieder als praktisch, wenn man solche irregeleiteten Menschen bei Laune halten muss.«
Kris drehte sich zu ihrer Kammerdienerin um. »Von dieser Seite kenne ich dich ja noch gar nicht.«
»Und es ist eine, die mir nicht gefällt«, setzte Jack hinzu, »schon gar nicht bei jemandem, der sich bewaffnet in der Nähe meiner Klientin aufhält. Was sagtest du noch, für wen du zuvor gearbeitet hast?«
Abby hob das Handgelenk, zielte mit dem Armbandmodul auf Jack und tippte darauf. »Jetzt hast du meinen Lebenslauf. Lies ihn, wenn du mal einen Augenblick Zeit hast. Falls ich jemanden umbringen wollte, wäre er schon tot.«
Kris überließ die beiden ihrem Gezänk und sah sich das eigene Schlafzimmer an. Falls möglich, war es noch ausgefallener als der Wohnraum. Das Bett war groß genug für vier und daunenweich. Die Brücke der Firebolt war in der großen und bequemen Variante nicht halb so groß. »Und ich habe meinen Tennisschläger vergessen.«
»Tennisplätze findet man auf dem dritten Deck, ebenso ein Schwimmbecken im Olympiaformat und Trainingseinrichtungen«, sagte Nelly. »Das Sportgeschäft bietet sämtliche Annehmlichkeiten für jene Passagiere, die etwas vergessen haben.«
»Oder zu dick für ihre Bademode werden. Hast du schon die Liste der angebotenen Mahlzeiten gesehen?«, rief Jack ausdem anderen Raum herüber. Der Gedanke, mal auszuspannen und sich verwöhnen zu lassen, erwies sich als überraschend attraktiv. Als Longknife hatte es Kris nie an etwas gefehlt, aber Vater konnte mit Gepränge nichts anfangen. »Das kostet nur Stimmen.« Schon zu Anfang ihrer Teenagerjahre hatte es sich für Kris zu einer Frage des Stolzes entwickelt, mit der Hälfte dessen auszukommen, was Mutter brauchte. Wie es wohl wäre, sich gänzlich mit diesem Prinzessinnending vollzusaugen? Kris kehrte in die Wohnkabine zurück und ließ das verführerische Schlafzimmer zurück. Jack hatte Abbys Lebenslauf auf den Monitor gelegt.
Abby selbst blickte achselzuckend auf die einzelne Seite, die ihre Lebensgeschichte erzählte. »Wirkt eindrucksvoll, wenn es so groß und dick an der Wand steht.«
»Du hast deinen Abschluss in, was, Marketing gemacht?«, fragte Jack. Kris war mit Rechenaufgaben beschäftigt. Abby war sechsunddreißig. Damit war sie gute acht Jahre älter als Jack, der bis zum Geburtstag im kommenden Monat sechs Jahre vor Kris bleiben würde. Hmm, selbst wenn Jack auf ältere Frauen stehen sollte, ist Abby einfach viel zu alt! Oder?
»Ich habe mich durchs College gearbeitet, indem ich auf alte Leute aufpasste und ihnen die Nase abwischte und, falls nötig, auch den Hintern. Ich hielt es für den Höhepunkt beruflicher Erfüllung, den ganzen Tag lang an einem Ladentisch zu stehen und Frauen zu helfen, die für sie passenden Farben und Accessoires zu finden.« Abby verzog das Gesicht. »Meine erste Kundin stellte mich ein, nachdem ihre Großmutter gestorben war.«
»Deine vorherige Kundin ist gestorben«, sagte Jack. Kris zog sich ins Schlafzimmer zurück, als ihr klar wurde, dass sich hier ein privates Gespräch entwickelte.
»Ich glaube, die Polizei entschied, das wäre der Aufstand eines Aktionärs gewesen und persönlich geworden.« Abby öffnete einen ihrer langen Ärmel und krempelte ihn hoch, um die Narben von Eintritts- und Austrittswunden freizulegen. »Viel zu persönlich. Deine Dienststelle, Jack, hat das
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