Krise im Jahr 2000
jetzt von seinem Schock am frühen Nachmittag erholt hatte, befand sich in einem Zustand unterdrückter Wut und war nur von dem Verlangen besessen, die unsichtbare Sperrwand ein für allemal niederzureißen. Die einzige Schwierigkeit war, daß er nicht wußte, wie er es beginnen sollte.
Bald nach fünfzehn Uhr war der letzte Laster der Räumungsexpedition im Zeltlager eingetroffen, und der aufgeregte und besorgte Fahrer hatte in abgerissenen Sätzen geschildert, wie er seine beiden Passagiere verloren hatte. Doakes hatte den Mann wegen Pflichtversäumnis sofort verhaften lassen.
Clayton war ebenfalls reizbar, aber sein Beweggrund war Eifersucht.
Er und Doakes hatten unaufhörlich versucht, sich telefonisch mit dem Kontrollgebäude in Verbindung zu setzen, jedoch ohne Erfolg. Endlich hatte Doakes einen Mann vom Pionierkorps ausgeschickt, um die Leitung nachzusehen. Zwanzig Minuten später war dieser Mann s zurückgekehrt mit der Feststellung, daß die überirdischen Telefondrähte durch die Berührung mit der Sperrwand zerstört worden seien.
Unterdessen hatte Senator Drazin seine Pflichten als Presseverbindungsmann wieder übernommen und empfand eine ungeheuere Befriedigung dabei, nach Kyles Beispiel die ungeschminkte Wahrheit über die Lage zu verbreiten. Infolgedessen erfuhr die ganze Welt durch Rundfunk- und Fernsehsendungen, daß die interplanetarische Invasion in vollem Gange, daß die irdischen Streitkräfte im Rückzug begriffen, daß bereits die ersten vier oder fünf Todesfälle zu beklagen seien, daß die saturnischen Verstärkungen in einem überwältigenden, niemals endenden Strom über Radiowellen einträfen und daß ein Mann und eine Frau innerhalb der Sperrwand eingefangen seien. Die Zeitungen brachten Sonderausgaben mit Schlagzeilen. Morning Sun, die als eine sachliche, konservative Zeitung galt, erschien mit einer aufsehenerregenden Vorderseite, die journalistisch Geschichte machte: die Seite war kohlschwarz, die Buchstaben scharlachrot. Die Überschrift, in acht Zentimeter großen Buchstaben, hieß »Krise im Jahre 2000«, darunter stand in voller Breite in Kursivschrift: »Die USA erklären dem Saturn den Krieg. In diesem Jahr 2000 n. Chr. steht die Menschheit vor der größten Krise aller Zeiten. Einheiten der Armee und der Luftstreitkräfte der USA kämpfen gegen die Roboter-Ungeheuer vom Saturn. Im Weltausstellungsstadion von New York, wo die Eindringlinge aus dem Weltraum einen Brückenkopf gebildet haben …«
Im Laufe einer Stunde hatte Drazin die ganze Welt in Kriegspanik versetzt. Schon wurde die Räumung New Yorks in großem Maßstab in Angriff genommen, und Tausende verstauten ihre Familien und Wertsachen in aller Eile in Autos, um möglichst viele Kilometer zwischen sich und den saturnischen Feind zu legen.
Im Zelt des Hauptquartiers warteten alle auf den Oberst – Doakes, Wayne, Clayton und Senator Drazin, Kyle stürmte wie ein Februarschauer in den engen Raum des Zeltes, hinter ihm Major Passmore, der Kommandeur des Geschwaders der Schwarzen Mambas, der ihn von Hamilton Field hierhergefahren hatte.
Kyle verschwendete keine Worte, sondern kam sofort zur Sache. Er warf seine Aktentasche auf den Kartentisch und sagte. »Ich habe in Washington mit den Stabschefs unterhandelt und habe mit dem Präsidenten gesprochen. Außerdem habe ich eine lange Unterredung mit Wissenschaftlern und Elektronen-Ingenieuren vom Nationalen Rundfunk gehabt. Das Ergebnis ist: wir haben die Saturnbewohner jetzt da, wo wir sie haben wollen.«
»Oder wo sie uns haben wollen«, erwiderte Doakes verdrossen.
Kyle sah ihn steinern an, ließ den Einwurf aber unbeachtet. Dann heftete er wie zufällig seinen Blick auf den Senator, der sich unbehaglich hin und her wendete, als befürchte er eine plötzliche Explosion.
»Drazin!« brüllte Kyle in diesem Augenblick, »was zum Teufel haben Sie an die Presse ausposaunt? Sie sind ein unfähiger, unverantwortlicher Irrer! Sie haben die größte Panik des Jahrhunderts hervorgerufen. Die Straßen von New York sind von Flüchtlingen blockiert.«
Der Senator fuhr bei den zornigen Worten des Obersten zusammen und errötete heftig. »Sie haben damit angefangen«, widersprach er, aber Kyle fiel ihm ins Wort.
»Ich habe damit angefangen? Dann zum Teufel, haben Sie es vollendet, und mehr als das. Was Sie getan haben ist schlimmer als Verrat. Sie haben Unruhe und Mutlosigkeit über den ganzen Kontinent verbreitet, ja über die ganze Erde!«
»Bitte einen Augenblick,
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