Krisenfest leben
besonders verlockend erscheinen. Dennoch lohnt es sich, diesen Schritt zu tun, denn dies bildet die Basis für Ihr künftiges Handeln.
Anderen und sich selbst verzeihen
Wenn wir Gefühle wie Zorn, Ärger und Wut – mögen sie auch noch so berechtigt sein – nach relativ kurzer Zeit wieder von unserer inneren Festplatte löschen können, leben wir ausgeglichener, als wenn wir im Kopf eine Strichliste darüber führen, wer uns wann was angetan hat.
Erst wenn sich in einer Krise die aufgewühlten Gefühle etwas beruhigt haben, sind wir in der Lage an Verzeihen zu denken. Rachegedanken scheinen oft ein erster Impuls zu sein, aber Rache ist letztlich ebenso eine Falle wie das Selbstmitleid, wenn es darum geht, Ihr Lebensschiff aus der Krise herauszusteuern. Es mindert die Lebensfreude enorm, sich selbst oder anderen etwas nachzutragen: Sie müssen innerlich ständig etwas dafür tun, um die Aggression am Brodeln zu halten. Dazu gehört es, dauerhaft in der Opferposition zu verharren, zu hadern, zu grollen und auf Genugtuung zu lauern und immer wieder zu beschwören, wie egoistisch, kaltschnäuzig, berechnend oder tölpelhaft sich der andere Ihnen gegenüber verhalten hat.
Sich selbst verzeihen
Diese Übung eignet sich dazu, sich über die eigenen Gefühle klar zu werden und einen inneren Versöhnungsprozess einzuleiten.
Sorgen Sie dafür, dass Sie etwa eine halbe Stunde ungestört sind und halten Sie Stift und Papier bereit.
Schreiben Sie auf, was Sie glauben, verkehrt gemacht zu haben. Machen Sie dies »aus dem Bauch heraus«: so, wie Sie es im Moment empfinden. Notieren Sie alles, was Ihnen einfällt.
Dann streichen Sie aus Ihren Notizen all das heraus, was in Richtung Selbstanklagen oder Selbstbeschimpfung geht. Stellen Sie sich hilfsweise dabei vor, Ihre Notizen würden nicht eigene Fehler beschreiben, sondern Fehler einer guten Freundin oder eines guten Freundes.
Dann schließen Sie mit dem Satz ab: »Ich habe das getan, was mir in dieser Situation möglich war bzw. was mir richtig erschien.«
Betrachten Sie die einzelnen Punkte noch einmal und schreiben Sie dann: »Ich bin jetzt bereit, mir zu verzeihen.«
Lenken Sie Ihren Blick dann auf Ihre Gegenwart und Ihre Zukunft und finden Sie Antworten auf die beiden Fragen:
»Was habe ich daraus gelernt?«
»Was werde ich künftig anders machen?«
Wann immer Sie sich wieder Vorwürfe machen wollen, dann ziehen Sie diese Notizen wieder zu Rate und vergewissern Sie sich erneut: »Ich bin bereit, mir zu verzeihen. Ich habe getan, wasmir zum damaligen Zeitpunkt richtig erschien und was mir möglich war. Ich habe Folgendes daraus gelernt: (…) und will künftig Folgendes anders machen (…)«
Natürlich erfordert es viel Kraft, mit erlittenem Unrecht innerlich abzuschließen – aber auf diese Weise nutzen Sie Ihre Energie für sich statt gegen sich. Sich selbst verzeihen bedeutet nichts anderes, als die eigenen Grenzen und die eigene Verletzlichkeit und Unzulänglichkeit zu akzeptieren, sich Fehler offen einzugestehen – und sich trotzdem zu mögen. Sagen Sie »ja« zu sich selbst mitsamt den Fehlern, die Sie vielleicht gemacht haben. Sich selbst verzeihen schließt stets auch den Vorsatz ein, künftig anders zu handeln.
Sich selbst Fehler, Versäumnisse und Scheitern zu verzeihen fällt den meisten Menschen nicht leicht. Anderen ein uns zugefügtes Unrecht zu verzeihen ist oft noch schwieriger. Denn wir verbinden – bewusst oder unbewusst – verzeihen und gutheißen miteinander. Verzeihen heißt jedoch keineswegs, mit dem überein zu stimmen, was der andere getan hat. Indem wir verzeihen, tun wir in erster Linie etwas für uns selbst und unseren inneren Frieden.
Wenn wir einem anderen verzeihen, dann bedeutet dies, unsere mit dem Vorfall verbundenen Gefühle, vor allem unsere Wut und unsere Enttäuschung loszulassen und das, was der andere getan hat, als eine Tatsache zu betrachten, mit deren Auswirkungen wir nun möglichst konstruktiv umgehen wollen. Wir entscheiden, es nicht länger zuzulassen, dass unsere Gedanken weiterhin um das Geschehene kreisen und es unser Leben negativ beeinflussen kann.
Mit dem Verzeihen setzen Sie einen Heilungsprozess in Gang, der dazu führt, besser aus der Krise herauszufinden.Verzeihen ist stets auch Ausdruck eines Perspektivwechsels: weg von dem, was geschehen ist, hin zur gegenwärtigen Situation und den aktuellen Handlungsmöglichkeiten. Wenn wir verzeihen, sind wir entschlossen, das, was war, ohne Groll und Bitterkeit hinter
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