Krisenfest leben
lange oder sogar »immer« andauernd betrachten (stabil) oder als eine Phase, auf die auch wieder gute Zeiten folgen werden (variabel). Zudem spielt es eine Rolle, inwieweit wir davon überzeugt sind, die Situation beeinflussen zu können (kontrollierbar) oder dem Geschehen machtlos ausgeliefert zu sein (nicht kontrollierbar).
Je nachdem, welche Ausprägung diese drei Dimensionen für Sie in Ihrer Situation haben, beeinflusst dies Ihre Motivation und auch Ihr Vertrauen in sich selbst und andere. Wenn Sie die Ursachen für Ihre Situation als Kombination von bestimmten inneren und äußeren Gründen betrachten und zudem überzeugt sind, es würden nach diesen harten auch wieder bessere Zeiten kommen und Sie könnten das Ihre dazu tun, aus der Krise herauszukommen, dann haben Sie trotz allem Widrigen einen recht guten Stand: Sie werden anders handeln, als wennSie glauben, nur Sie selbst oder nur jemand anders hätte Schuld und überdies würde die schlimme Lage andauern und Sie könnten ohnehin nichts ändern.
»Hätte ich doch bloß …«
Schuld- und Schamgefühle sind äußerst unangenehme und nur schwer zu ertragende Gefühle, denn sie beschädigen das eigene Selbstbild und untergraben das Selbstwertgefühl. Wenn die Verantwortung tatsächlich bei Ihnen gelegen hat und Sie schwerwiegende Fehler gemacht haben, tun Sie sich allerdings auch keinen Gefallen damit, dies einfach wegzuschieben, um sich weniger schuldbeladen zu fühlen. Das funktioniert, wenn überhaupt, nur kurzzeitig, aber nicht auf Dauer. Solange Sie sich mit Ihren unangenehmen Gefühle nicht auseinandergesetzt haben, werden sie immer wieder auftauchen oder sich in Form von psychosomatischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Verspannungen, hohem Blutdruck äußern.
Ebenso wenig Sinn hat es, sich begangene Fehler ständig weiter vorzuwerfen. »Hätte ich …« und »Wäre ich …« sind nutzlos. Sie haben in der Situation getan, wozu Sie zu diesem Zeitpunkt in der Lage waren. Wenn Sie es aus der heutigen Warte anders sehen und zu wissen glauben, welches Verhalten damals besser gewesen wäre, dann zeigt das, dass Sie zwischenzeitlich mehr Erfahrung und ein anderes Urteilsvermögen entwickelt haben. Damals hatten Sie diese Ressourcen jedoch nicht – sonst hätten Sie sie natürlich genutzt. Sie wissen, wie Sie sich heute verhalten würden, aber Sie können sich nicht gestern anders verhalten.
Vergeben Sie sich also Ihre – von Ihnen so empfundene – Unvollkommenheit. Sich selbst für Fehler zu geißeln,macht Sie nicht zu einem besseren Menschen, sondern raubt Ihnen Ihre Energie und verhindert, dass Sie lösungsorientiert aus der Krise heraussteuern. Dies hat auch eine interessante Studie aus den USA belegt.
»Hätte ich doch bloß …« führt nicht zur Änderung des Verhaltens
Wenn sich Menschen nach traumatischen Erlebnissen, etwa einem Verkehrsunfall, selbst mit Vorwürfen wie »Ach, hätte ich doch bloß nicht rechts überholt« konfrontieren, führt dies nicht, wie lange angenommen, zu einer Verhaltensänderung in der Zukunft, sondern lediglich zu einer Einbuße an Selbstvertrauen.
Zu diesem ernüchternden Ergebnis kam die Studie der Psychologinnen Denise Beike und Deirdre Slavik, University of Arkansas (2000).
Das sogenannte »kontrafaktische«, in die Vergangenheit gerichtete Denken (Hätte, wäre …) führte lediglich dazu, dass die Probanden sich schlecht fühlten, es motivierte sie jedoch nicht zu einer Verhaltensänderung.
Wofür sind Sie verantwortlich – und wofür nicht?
Denken Sie nicht in Kategorien des »hätte« und »wäre« und weisen Sie sich nicht pauschal die Schuld an der Entwicklung zu. Werden Sie sich lieber darüber klar, wie weit Ihre Verantwortung tatsächlich ging und welche anderen Faktoren beim Zustandekommen der Situation ebenfalls eine Rolle gespielt haben könnten.
Checkliste Verantwortung
Betrachten Sie das, was geschehen ist und stellen Sie sich die folgenden Fragen. Notieren Sie sich bitte Ihre Antworten darauf schriftlich.
War das Geschehen überhaupt vermeidbar?
Wenn ja: Wie wäre es zu vermeiden gewesen?
Wer hatte wann Einfluss auf die Entwicklung der Situation? Listen Sie bitte alle Beteiligten und deren Handlungsmöglichkeiten auf.
Haben Sie selbst oder jemand anders Fehler gemacht?
Falls ja: welche Fehler wurden gemacht?
Falls ja: wurden die Fehler vorsätzlich, grob fahrlässig oder unwissentlich begangen?
Wurden dieselben Fehler mehrfach gemacht?
Wie stellt sich die Situation
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