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Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft

Titel: Kristin Hannah - Wenn das Herz ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Unterschied kennen. Mr DeMarco ist dem Gesetz nach hirntot. Jetzt muss sein nächster Angehöriger entscheiden, was geschehen soll. Sie wissen, dass für eine Entscheidung zu einer Spende nicht viel Zeit bleibt. Dr. Allenford sagte ...«
    Sie wandte sich zu ihm, zerknüllte den Bericht in ihrer Faust. »Glauben Sie, ich wüsste das nicht?« Ihre Stimme brach. »Lassen Sie uns jetzt allein.«
    »Natürlich. Dr. Allenford sagt, der Learjet könne hier in fünfundvierzig Minuten landen.«
    »Ja«, sagte sie niedergeschlagen und streichelte Francis' weiche, so weiche Wange. »Ich kenne das Verfahren.«
    Er ging so schnell, wie er gekommen war, und als er fort war, wünschte sie sich, er sei nicht gegangen. Es war zu still hier drin. Die elektronischen Geräusche waren so seelenlos, so unmenschlich.
    »Oh, Francis«, flüsterte sie. Tränen rannen über ihre Wangen.
    Sie konnte eine solche Entscheidung nicht alleine treffen und doch gab es da niemand, der ihr die Last von den Schultern nehmen könnte. Angel war Francis' einziger lebender Verwandter und Gott wusste, dass er ihr nicht helfen konnte. Es wäre unmenschlich, ihn um Hilfe zu bitten.
    Die Minuten verstrichen, eine nach der anderen, verwoben sich zu einer endlosen Decke von Zeit. Minuten kamen, verflogen, vergingen, verstrichen.
    Zeit. Sie war so kostbar. Warum begriff man das eigentlich erst immer dann, wenn sie einem durch die Finger glitt und vergessen zu den Füßen lag?
    »Warum muss das so sein, Francis?«, fragte sie und streichelte sein Haar. Sie hoffte wider besseres Wissen weiter, dass er sie hören würde, blinzeln würde, einen Finger bewegen, irgendetwas tun würde. Aber außer dem summenden Zischen der Maschinen und dem leisen Hauch ihres eigenen Atems war da nichts.
    »O Gott«, flüsterte sie und fühlte sich, als würde ihre Seele in Teile gerissen.
    Endlich verstand sie, was so viele Familien ihrer Patienten in diesem Augenblick empfunden haben mussten. Sie wollte sich über die Ungerechtigkeit all dessen empören, darüber schimpfen, aber sie hatte vor langer Zeit schon gelernt, dass das Leben unfair und unberechenbar war, dass der Tod eine Familie sogar beim Abendessen aufsuchte, ohne vorher auch nur einen Ton von sich zu geben - sie wusste all dies, hatte es gewusst, seit sie sechs Jahre alt war.
    Sie wusste auch, was Francis von ihr in diesem Augenblick erwarten würde. Er würde wollen, dass sein Tod etwas bewirkte. Und wenn er Angels Leben retten könnte, würde Francis es sofort tun, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Sie wusste, dass Francis' Herz - sein wundervolles, so liebevolles Herz - das Leben seines Bruders retten könnte.
    Aber konnte sie das tun? Hatte sie das Recht zu entscheiden, dass die Maschinen, die Francis am Leben erhielten, abgeschaltet wurden? Würde sie damit leben können, wenn sie das tat? Wenn sie das nicht tat?
    Sie kniete sich langsam auf den Linoleumboden und faltete ihre Hände zum Gebet. »Bitte, Gott, hilf mir, die richtige Entscheidung zu treffen.«
    Sie hielt den Atem an, wartete, wartete auf irgendein Zeichen.
    Aber da war nichts außer dem Klicken des Kardiographen und dem Saugen und Schmatzen des Atemgerätes. Sie presste ihre Augen fest zu. »Was soll ich nur tun?«, flüsterte sie. »Hilf mir, Gott, bitte...«
    Du weißt es doch, Maddy-Mädchen. Du weißt es doch.
    Sie sprang auf und starrte auf ihn hinab, musterte ihn eindringlich, suchte nach ... irgendetwas, das darauf hindeutete, dass er gesprochen hatte.
    Aber sie wusste natürlich, dass er das nicht getan hatte. Seine Stimme war nur in ihrem Gedächtnis gewesen. Nach einer langen Minute reckte sie ihre Schultern und verließ das Zimmer.
    Draußen saß Lina zusammengesunken auf diesen unbequemen Stühlen, die Krankenhäuser für Familienangehörige bereitzustellen pflegen. Als Madelaine zu ihr trat, sprang sie auf.
    Ihre Augen waren geschwollen und rot, die Wangen mit getrockneten Tränen verschmiert.
    Madelaine berührte Linas Wange mit einer sanften, liebevollen Geste, die nicht genug war, nicht einmal annähernd genug. »Ich muss mit dir über etwas sprechen ...«
    Lina presste die Augen zu und schüttelte den Kopf. »Meinst du etwa, ich wüsste nicht, was das ist, Mom? Ich habe jetzt fast eine Stunde hier draußen gesessen. Ich habe die Diagnose gehört und die Prognose.« Sie stieß ein Lachen aus, das bitter klang. »Ich bin die Tochter einer Herzspezialistin, weißt du?«
    Madelaine sah ihre Tochter erstaunt an und nahm an ihr zum

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