Kristin Lavranstochter 1
sie, Sohnestochter des Barons Tore Haakonssohn von Tunsberg, Witwe des Ritters Finn Aslakssohn, war reicher und aus vornehmerem Geschlecht als Kristin - und sie war schön und hatte ein so feines und adeliges Wesen, daß ihn dünkte, mit ihr verglichen seien alle Frauen in seinem eigenen Kreis wie Bäuerinnen. Verwünscht noch einmal, er wollte ihnen allen miteinander zeigen, daß er die feinste Frau bekommen konnte; ihr Reichtum und alles, was sie besaß, war noch größer und vornehmer als der Besitz jenes Drontheimers, durch den Kristin in Schande geraten war. Und eine Witwe, das war recht und gut, da wußte man, wie man daran war - der Teufel sollte noch an die Jungfrauen glauben.
Er hatte gemerkt, daß es nicht so einfach war, in der Welt zurechtzukommen, wie er daheim auf Dyfrin gemeint hatte. Dort bestimmte der Vater über alles und jedes, und seine Meinung war die richtige. Zwar war Simon einige Zeit beim Königsgefolge gewesen und hatte als Page gedient, er hatte beim väterlichen Hauspriester daheim einigen Unterricht genossen - es konnte also geschehen, daß er dies und jenes, was der Vater sagte, ein wenig seltsam fand. Dann und wann lehnte er sich wohl auch dagegen auf, aber mehr wie im Scherz, und es wurde als Scherz aufgefaßt. „Wie klug du sein kannst, Simon“, sagte dann der Vater lachend und mit ihm die Mutter und seine Geschwister, die Herrn Andres niemals widersprachen. Aber alles geschah so, wie der Vater wollte; das fand auch er selbst in der Ordnung.
In jenen Jahren, in denen er mit Halfrid Erlingstochter verheiratet war und auf Mandvik lebte, lernte er mit jedem Tag ein wenig gründlicher, daß das Leben viel verkehrter und verwickelter sein konnte, als Herr Andres Gudmundssohn sich jemals hätte träumen lassen.
Daß er mit einer Frau, wie er sie nun hatte, nicht würde auskommen können - das hätte Simon nie erwartet. Tief in seinem Innersten saß ein quälendes Erstaunen - wenn er seine Frau ansah, wie sie den ganzen Tag über im Haus umherging, so schön mit ihren sanften Augen, mit einem Mund, der so süß war, wenn sie ihn geschlossen hielt; nie hatte er eine Frau Kleider und Schmuck mit soviel Anmut tragen sehen. Und in der Finsternis und Dunkelheit der Nacht zehrte der Widerwille gegen sie alle Jugend und Frische in ihm auf - sie war kränklich, ihr Atem war unfrisch, ihre Liebkosungen plagten ihn. Und dann war sie so gut, daß er eine verzweifelte Scham empfand, aber in ihm sträubte sich nun einmal alles gegen sie.
Dazu kam, daß sie noch nidit lange verheiratet waren, als er schon begriff: sie würde ihm nie ein lebendes, ausgetragenes Kind gebären können. Er merkte, daß sie selbst noch trauriger darüber war als er; es schnitt ihm wie mit Messern ins Herz, wenn er dabei an ihr Schicksal dachte. Allerlei war ihm zu Ohren gekommen - es stehe deshalb so um sie, weil sie von Herrn Finn mit Fußtritten und Schlägen so mißhandelt worden sei, daß sie mehrmals einen Schaden davongetragen habe. Herr Finn empfand eine ganz sinnlose Eifersucht auf seine junge schöne Frau. Ihre Verwandten hatten sie von ihm wegbringen wollen, aber Halfrid meinte, es sei die Pflicht eines christlichen Weibes, bei dem Ehegatten auszuhalten, ob er nun so oder so geartet sei.
Wenn jedoch Simon und sie kinderlos blieben, mußte er schließlich alle Tage fühlen, daß es ihr Besitz war, auf dem sie lebten, ihr Reichtum, den er verwaltete. Er verwaltete ihn verständig und wohlbedacht. Aber in diesen Jahren wuchs in ihm die Sehnsucht nach Formo empor, nach dem Stammhof seiner Vatermutter, den er schon immer nach dem Vater hatte übernehmen sollen. Ihm schien es nun, er sei dort oben im Gudbrandstal beinahe mehr daheim als in Raumarike.
Die Leute fuhren fort, seine Gattin Frau Halfrid zu nennen, wie sie zur Zeit ihres ersten Mannes, des Ritters, genannt worden war. Dadurch hatte er noch stärker das Gefühl, nur ihr Verwalter auf Mandvik zu sein.
So kam der Tag, an dem sie allein zusammen in der Stube saßen, Simon und sein Weib. Eine der Mägde hatte gerade bei ihnen etwas zu tun gehabt. Halfrid sah ihr nach.
„Ich weiß nicht“, sagte sie, „ich fürchte, Jorunn ist diesen Sommer schwanger.“
Simon hielt eine Armbrust auf den Knien und machte sich am Schloß zu schaffen. Er tauschte eine Schraube aus, betrachtete die Feder innen im Schloß und antwortete, ohne aufzublicken:
„Ja. Und es ist von mir, das Kind.“
Seine Frau sagte nichts. Als er nach einiger Zeit zu ihr hinblickte, saß sie
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