Kristin Lavranstochter 1
Aber unmöglich konnte jemand sorgloser aussehen als Erlend, wie er so dasaß und mit dem Richter über diese Sache sprach. Jetzt kam der Erzbischof. Er wurde von zwei Männern zu seinem Hochsitz geführt und mit Kissen ringsum gestützt. Simon hatte Herrn Eiliv Kortin noch nie vorher gesehen. Er sah alt und schwach aus, schien zu frieren, obgleich er mit einem Pelzumhang bekleidet war und eine mit Pelz besetzte Mütze trug, Als die Reihe an Erlend kam, führte er dem Erzbischof seinen Schwager vor, und Simon ließ sich auf ein Knie nieder, während er Herrn Eilivs Ring küßte. Auch Erlend küßte ehrerbietig den Ring.
Er betrug sich auch sehr schicklich und ehrerbietig, als er endlich vor dem Erzbischof stand - nachdem dieser eine gute Weile mit den anderen Herren über verschiedene Dinge gesprochen hatte. Aber er antwortete ziemlich leichthin auf die Fragen, die einer der Domherren ihm stellte, und seine Miene war offen und unschuldig.
Doch, er habe dieses Gerede über Zauberei seit vielen Jahren gehört. Aber solange sich keiner an ihn als den Vertreter des Gesetzes gewandt hätte, könne er doch unmöglich dazu verpflichtet sein, jedem Gerede nachzuforschen, das zwischen den
Weibern einer Gemeinde gehe. Es müsse wohl eher der Priester sein, der zu ergründen habe, ob hier Anlaß vorhanden sei, eine Anklage zu erheben.
Dann wurde nach diesem alten Mann gefragt, der auf Husaby gewohnt hatte und von dem die Leute behaupteten, er habe gezaubert.
Erlend lächelte ein wenig. Ja, Aan habe selbst damit geprahlt, aber Proben seiner Kunst hätte er, Erlend, nie gesehen. Schon als er noch ein Kind war, habe er Aan von ein paar Weibern reden hören, die er Haern und Skögul und Snotra genannt habe - er habe das jedoch nie für etwas anderes als für Märchen und Scherz genommen. „Mein Bruder Gunnulv und unser Priester, Sira Eiliv, haben ihn zwar mehrere Male ausgefragt, aber sie haben wohl nichts Unrechtes an ihm gefunden, da sie nichts unternommen haben. Der Mann kam ja auch an jedem Messetag zur Kirche und konnte seine christlichen Gebete.“ Großes Zutrauen zu Aans Künsten habe er nie gehabt, und seitdem er oben im Norden etwas von Lappenzauber und Hexenkunst gesehen habe, sei es ihm klargeworden, daß Aans Kenntnisse nur Narrenstreiche gewesen seien.
Da fragte der Priester, ob es wahr sei, daß Erlend selbst einmal etwas von Aan erhalten habe - etwas, was ihm in amor Glück bringe?
Ja, erwiderte Erlend rasch und offen und lächelnd. Damals wäre er wohl fünfzehn Jahre alt gewesen - vor etwa achtundzwanzig Jahren. Es sei ein kleiner Lederbeutel gewesen mit einem weißen Stein darin und wahrscheinlich einigen getrockneten Teilen von Tieren. Aber er habe auch damals nicht viel an solche Dinge geglaubt - ein Jahr darauf, im ersten Jahr, als er am Königshof war, hatte er es weggegeben< Es war in einer Badestube in der Stadt gewesen - er hatte den Zauber im Übermut einigen anderen jungen Burschen gezeigt. Da war später einer der Männer aus dem Königsgefolge zu ihm gekommen und hatte es kaufen wollen - Erlend hatte es ihm gegen ein schönes Barbiermesser gegeben.
Man fragte, wer dieser Herr wohl gewesen sei.
Erlend wollte zuerst nicht damit herausrücken. Aber der Erzbischof selbst verlangte von ihm, daß er spreche. Mit Schalk in den blauen Augen blickte Erlend auf. „Es war Herr Ivar Ogmundssohn ..'
Die Leute machten seltsame Gesichter. Von dem alten Herrn
Guttorm Helgessohn vernahm man ein merkwürdiges Prusten. Herr Eiliv selbst gab sich Mühe, nicht zu lächeln. Da wagte Erlend zu sagen, mit niedergeschlagenen Augen, während er sich ein wenig auf die Unterlippe biß:
„Herr, Ihr werdet doch den guten Ritter nicht mit dieser alten Sache behelligen. Wie ich Euch sagte, ich glaubte selbst nicht viel daran - und ich merkte nie einen Unterschied zwischen uns beiden, auch nachdem ich ihm diese Kostbarkeit gegeben hatte..
Herr Guttorm beugte sich brüllend vor, und dann gaben die Männer einer nach dem andern nach und lachten laut. Der Erzbischof kicherte leise, hustete und schüttelte den Kopf. Es war allgemein bekannt, daß Herr Ivar in gewissen Dingen Besseres wollte als ihm glückte.
Nach einer Weile hatte sich aber doch einer der Chorherren so weit gefaßt, daß er daran erinnern konnte, sie seien zusammengekommen, um über ernsthafte Dinge zu sprechen. Erlend fragte ein wenig scharf, ob von irgendeiner Seite eine Anklage gegen ihn erhoben und ob dies ein Verhör sei - er habe die Sache nicht
Weitere Kostenlose Bücher