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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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brauchte mehr als ja und ha zu sagen wenn sie sich in der Stube befand. Herr Erling war seit jener Zeit ziemlich gealtert - er hatte an Leibesumfang etwas zugenommen, war aber immer noch dieselbe stattliche und gute Erscheinung, denn er hatte wunderschöne Bewegungen, und es kleidete ihn gut, daß sein bleiches rötlichgelbes Haar jetzt silbergrau und glänzend geworden war.
    Den jungen Bjarne Erlingssohn hatte Simon bisher noch nicht gesehen. Er war im Hause eines geistlichen Herrn, eines Freundes von Erling, in der Nähe von Björgvin, aufgewachsen - innerhalb der Sippschaft hieß es, weil der Vater nicht wollte, daß er auf Giske unter all diesem Weibergeschwätz groß werde. Erling selbst war dort nicht häufiger, als er mußte, und den Knaben auf seinen ständigen Reisen mitzunehmen, wagte er nicht, denn Bjarne war als Kind von sehr schwacher Gesundheit gewesen, und zwei andere Söhne hatte Erling Vidkunssohn schon als Kinder verloren.
    Der Junge sah über die Maßen schön aus, wie er so dasaß und das Gesicht von der Seite zeigte - das Licht im Rücken. Schwarzes, stark gelocktes Haar fiel in die Stirn, die großen Augen schienen schwarz, die Nase war groß und schön gebogen, der Mund fest und voll und fein und das Kinn wohlgeformt. Dazu war er groß, breitschultrig und schlank. Dann aber, als Simon sich an den Tisch setzen und essen sollte und der Diener das Licht zurechtrückte, sah er, daß an Bjarnes Hals die Haut von Drüsennarben ganz zerstört war - sie reichten auf beiden Seiten bis hinter die Ohren und unter das Kinn, mit toten glänzend weißen Stellen und blauroten Streifen und geschwollenen Knoten. Und darum hatte Bjarne die Gewohnheit, von Zeit zu Zeit die Kapuze des runden, pelzverbrämten Schulterumhanges, den er auch hier in der Stube trug, bis fast über den Kopf an die Ohren hinaufzuziehen. Nach und nach wurde es ihm dann wohl zu warm, er schlug sie hinab, und dann zog er sie wieder hinauf - er schien sich dieser Bewegung gar nicht bewußt zu sein. Simon bekam schließlich vom Zusehen ganz unruhige Hände - obwohl er versuchte, nicht mehr hinzuschauen.
    Herr Erling wandte den Blick kaum von seinem Sohn - auch er schien nicht zu wissen, daß er so dasaß und den Knaben unverwandt ansah. Erling Vidkunssohns Gesicht war nicht sehr beweglich, und es lag nicht besonders viel Ausdruck in seinen blaßblauen Augen - aber in dem ein wenig ungewissen und wäßrigen Blick schienen Kummer und Gedanken und die Liebe endloser Jahre sich abgelagert zu haben.
    Dann sprachen die drei älteren Männer miteinander, höfisch und langsam, während Simon aß und der Junge dasaß und an seiner Kapuze zupfte. Schließlich tranken sie alle vier eine angemessene Weile, und dann fragte Herr Erling, ob Simon nicht reisemüde sei, und Stig bat ihn, mit einem Platz bei ihm im Bett vorliebzunehmen. Simon war froh, daß er noch nicht über sein Anliegen zu sprechen brauchte. Dieser erste Abend auf Aker hatte ihn recht niedergedrückt.
    Am nächsten Tag, als er seine Bitte vorgebracht hatte, antwortete Herr Erling beinahe genauso, wie Simon erwartet hatte. Er sagte, gutwillig habe König Magnus nie auf ihn gehört, und er, Erling, habe gewußt, daß Magnus Eirikssohn von dem Augenblick an, da er alt genug war, sich selbst eine Meinung zu bilden, meinte, Erling Vidkunssohn solle bei ihm nichts mehr zu sagen haben, wenn er einmal mündig wäre. Und seit der Zwist zwischen ihm und seinen Freunden einerseits und dem König anderseits beigelegt worden war, hatte er vom König oder von den Freunden des Königs weder etwas gesehen noch gehört. Selbst wenn er sich bei König Magnus für Erlends Sache verwendete, würde dies dem Manne kaum viel nützen. Er wisse aber wohl, daß viele hier im Lande glaubten, er habe in irgendeiner Weise hinter Erlends Plänen gestanden. Simon möge ihm glauben oder nicht, weder er noch seine Freunde hätten gewußt, daß so etwas vorbereitet wurde. Wäre aber diese Sache auf eine andere Art und Weise verraten worden, oder hätten diese abenteuerlustigen jungen Burschen ihr Wagestück ausgeführt, und wäre es mißlungen - so würde er hervorgetreten sein und einen Vermittlungsversuch gemacht haben. Da es sich jedoch in dieser Art zugetragen habe, finde er nicht, daß jemand gerechterweise von ihm verlangen könne, nun hervorzutreten und den Verdacht des Volkes, doppeltes Spiel gespielt zu haben, noch zu stärken. Aber er riet Simon, sich an die Haftorssöhne zu wenden. Diese waren Vettern des

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