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Kristina, vergiß nicht

Kristina, vergiß nicht

Titel: Kristina, vergiß nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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auf irgendeinen hier Rücksicht nehmen wollen, dann spielen Sie am besten erst gar nicht.«
    »Mein Name ist übrigens Karnewitz, Robert Karnewitz«, sagte der Mann. Seine Verbeugung wirkte in dem Aufzug lächerlich.
    »Ich heiße Bienmann und dies ist meine Enkelin Kristina.«
    Der Mann drehte sich um und rief auf Polnisch: »Kinderchen, Marga, Felix, Hilde, Bruno! Kommt her.«
    Vier Blondschöpfe, das älteste Mädchen vielleicht acht, der Jüngste konnte gerade laufen, drückten sich ins Zimmer.
    »Gebt Frau Bienmann die Hand.«
    Großmutter sprach die Kinder deutsch an: »Wunderschöne blonde Haare habt ihr, Kinder.«
    »Sie verstehen kein Deutsch, Frau«, sagte der Mann mürrisch. Die Kinder entdeckten Wolf, der auf seiner Decke lag. Felix fragte in polnischer Sprache: »Beißt der, Großmutter.«
    Sie antwortete deutsch: »Nein. Aber erschreckt ihn nicht.«
    Das Nein zumindest hatten die Kinder verstanden. Sie gingen zu Wolf und streichelten ihn. Er ließ sich das zwar gefallen, starrte aber hochmütig auf Herrn Karnewitz und rührte nicht einmal seinen Schwanz.
    »Schöner Hund«, rief Karnewitz. »Jetzt können wir endlich unser Schappi loswerden.«
    »Was ist das, Schappi?«, fragte Kristina.
    »Tja«, lachte Karnewitz. »Das wusste meine Alte erst auch nicht. Sie hielt die Konserven für ein billiges Fleischangebot und hat gleich drei Dosen gekauft, weil sie so billig waren. Das ganze Haus hat gelacht, als herauskam, dass sie Hundefutter mitgebracht hatte.«
    »Hundefutter in Dosen?«, fragte Großmutter ungläubig.
    »Da staunen Sie, was? Aber Sie können es selber sehen.« Er lief behände in das Zimmer zurück und kam mit den Konserven wieder.
    »Da, nehmen Sie. Sozusagen als Begrüßungsgeschenk.«
    Die Korridortür wurde aufgeschlossen.
    »Aha, meine Gattin, die teure«, sagte Karnewitz.
    Eine dicke Frau mit einem blauen Mantel, an jeder Hand eine voll gepackte Einkaufstasche, trat mit energischen Schritten herein. Als sie die Dosen in Großmutters Händen sah, wurde sie ein wenig verlegen.
    »Was willst du mit dem Hundefutter?«, fragte sie ihren Mann.
    »Da, schau!«, sagte er und wies auf den Hund. Die Kinder hatten sich lang zu Wolf auf den Boden gelegt. Frau Karnewitz schüttelte den Kopf, sah ihren Mann von oben bis unten an und sagte streng: »Verschwinde, Robert, zieh dich erst mal an.« Er blickte an sich herunter, grinste, zuckte die Schultern und ging brummend in das Zimmer zurück. Frau Karnewitz stellte die Taschen in den Flur, schüttelte Großmutter und Kristina kräftig die Hand und sagte: »Auf gute Nachbarschaft.« Dann rief sie ihre Kinder und schob sie kurzer Hand vor sich her aus dem Zimmer. Sie wendete sich noch einmal zurück. »Sie werden müde sein. Wir sehen uns ja morgen.«
    »Ja, ja«, stimmte Frau Stepka ein. »Gute Nacht dann.«
    Die Türen schlossen sich.
    »Wir müssen hier so schnell wie möglich raus.« Großmutter reckte die Arme, sodass sie fast die beiden gegenüberliegenden Wände des schmalen Zimmers berühren konnte. »Zu eng. Zu viele Menschen. Das muss Streit geben.«
    Aber ganz so schnell kamen sie nicht weiter. »Ein paar Tage dauert es eben, Frau Bienmann«, sagte der Blockleiter. »Gehen Sie zunächst einmal zu Herrn Blasereit. Der ist von der Bildungsberatung. Der wird mit Ihnen überlegen, wo Ihre Enkelin zur Schule gehen kann.«
    Herr Blasereit war ein freundlicher Mann. Er tröstete Großmutter: »Bei Ihnen wird es schneller gehen, weil wir ja wissen, in welche Stadt Sie kommen. Aber eine Schule für Ihre Enkelin zu finden, das ist nicht einfach.«
    »Sie spricht gut deutsch. Sie wird ins Lyzeum gehen.«
    »Stellen Sie sich das nicht so leicht vor, Frau Bienmann. Englisch ist hier die erste Fremdsprache. Mit zehn fangen die Kinder damit an. Kristina ist bald sechzehn.«
    »Aber es muss doch möglich sein . . .«
    »Wird festgestellt, Frau Bienmann. Wir haben da ein gutes Internat im Sauerländischen. Was würden Sie davon halten?«
    Kristina überlief es heiß. Doch zum Glück widersprach Großmutter entschieden: »Auf gar keinen Fall ein Internat. Schon schlimm genug, dass unsere Familie noch immer nicht zusammenwohnen kann. Ich werde mich von meiner Enkelin nicht trennen.«
    »Wir werden sehen«, sagte Herr Blasereit.
    Als er nach vier Tagen immer noch »sehen« wollte, verlor Großmutter die Nerven. »Sie werden sehen, zum Kuckuck. Die Donatkas sind im Deutschkurs, die Karnewitzkinder kommen in die Förderklasse. Die Tochter von Stepkas geht zum

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