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Kristina, vergiß nicht

Kristina, vergiß nicht

Titel: Kristina, vergiß nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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Schulaufgaben hilft.«
    »Haben sie dich nicht ausgelacht?«
    »Nein. Ganz im Gegenteil. Sie haben versprochen mitzumachen. Jeder einen Nachmittag in der Woche.«
    »Leicht gesagt, schwer getan«, antwortete Kristina.
    »Ja«, gab er zu.
    »Es gibt Schwierigkeiten.«
    »Na, siehst du.«
    »Aber du kannst sie lösen.«
    »Ich?«
    »Ja, wir wollen nämlich jeweils zu zweit hierher kommen. Montags, mittwochs und freitags.«
    »Na, und?«
    »Es fehlt uns für freitags der sechste Helfer. Ich dachte, weil du doch freitags keinen Nachmittagsunterricht hast . . .«
    Kristina lachte auf. »Hast du deine Freunde auch so überrumpelt?«
    »Ich wollte dich nicht überrumpeln.«
    »Schon gelungen«, sagte sie. »Was bleibt mir denn übrig? Ich mache mit.«
    »Für wenigstens ein halbes Jahr?«
    »Für wenigstens ein halbes Jahr.«
    »Und wo, wenn man fragen darf, macht ihr das?«, fragte Großmutter. »In welchem Raum?«
    »Wir dachten, vielleicht hier im Haus irgendwo?«
    »Ausgeschlossen«, antwortete Großmutter. »In diesem Hause hocken die Leute dicht aufeinander. In jedem Zimmer, auf jeder Etage wohnen viel zu viele Menschen. Dann der Lärm den ganzen Tag. Das geht hier sicher nicht.«
    »Ein Tisch in jedem Zimmer, ein Stuhl, genau abgezählt für jeden, der darin wohnt«, ergänzte Kristina.
    John schwieg ratlos.
    »Vielleicht gibt es eine Hoffnung«, sagte die Großmutter. »Der Herr Kaplan.«
    »Sie meinen, der wüsste Rat?«
    »Kann doch sein, oder?«
    »Ist es weit bis zu seiner Wohnung?«, fragte John.
    »Sankt Bonifatius ist keine zehn Minuten von hier«, antwortete Kristina.
    »Los, packen wir den Stier gleich bei den Hörnern.«
    Aber der Stier war nicht zu Hause. Sie setzten sich auf die Treppe und warteten. Endlich quietschte die Haustür. Jemand hetzte, immer mehrere Stufen auf einmal nehmend, die Treppe herauf.
    »Das kann nur der Kaplan sein«, sagte Kristina.
    »Oha, Besuch«, rief er, ein bisschen außer Atem. »Kommt herein.« Er schloss die Etagentür auf.
    »Kaffee?«, fragte er.
    »Nein«, wehrte John ab. »Kaffee hab ich schon bei Kristina getrunken.«
    »Sie sind sicher der Bruder Janec?«, fragte der Kaplan.
    »Nein. Ich bin John Latour.«
    »Aha.«
    Sie setzten sich. Der Kaplan griff nach einer Zigarette und rauchte in hastigen, kurzen Zügen.
    »Wo brennt’s denn?«, fragte er.
    »In der Lützmannstraße«, antwortete John.
    »Dauerbrenner«, brummte der Kaplan.
    John erzählte, was sie vorhatten. »Aber daraus wird nichts, wenn wir keinen Raum finden.«
    »Ein Raum. Tja, da müsste doch dranzukommen sein.«
    Er ging zum Schreibtisch und griff nach dem Telefon. Dann aber zögerte er, schaute zu den beiden hinüber und sagte: »Mach ich jetzt die Pferde scheu und ihr werft nach vierzehn Tagen die Klamotten hin?«
    »Wir haben es gut überlegt«, sagte John. »Wir haben uns für mindestens ein halbes Jahr verpflichtet.«
    »Klingt vernünftig.« Er wählte eine Nummer.
    »Ja, Herr Rektor Robos. Hier Kaplan Schäpertönnes. Ich brauche einen Klassenraum.« Er beschrieb genau, wozu.
    »Ach, geht nicht? . . . Unfallhaftung. Das Schulamt wird Nein sagen. Ja, daran habe ich nicht gedacht . . . Und Bundesseuchengesetz. Ja, schade, aber nichts zu machen. Also dann.«
    Er hängte ein. Er rief das Haus der offenen Tür an. Die hatten mit so etwas schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht. Er wählte die Nummer der Sozialbehörde. Nein, kurzfristig: Fehlanzeige. Das Caritasbüro, den Kindergarten.
    »Scheiße«, sagte er und steckte sich eine neue Zigarette an.
    »Jetzt musst Du helfen.« Er grinste das Kreuz über seinem Betschemel an. »Ich bin am Ende mit meinem Latein.«
    In diesem Augenblick schellte das Telefon.
    »Ach, Sie sind es noch einmal, Herr Robos. Ja, es war immer besetzt. Ich habe die letzte halbe Stunde ununterbrochen vergeblich telefoniert . . . Was? . . . Wie viele Kinder das sind?« Er hielt die Muschel zu und blickte auf die beiden auf der Bank. John zuckte die Achseln.
    »Ein Dutzend werden wir leicht zusammenbekommen«, sagte Kristina.
    »So zehn bis fünfzehn. Ja . . . Und alte Bänke und eine Tafel aus der Schule. Aber sicher genügt das . . . Wunderbar, Herr Robos. Ja, über Einzelheiten reden wir später.«
    Aufatmend legte er den Hörer auf die Gabel und blickte nachdenklich auf das Kreuz.
    »Man soll’s nicht glauben.« Er schüttelte den Kopf. »Kommt sonst nur in Witzen vor.«
    »Also, was ist?«, fragte John ungeduldig.
    »Robos hat nicht weit von hier ein Haus gebaut. Ein

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