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Krokodil im Nacken

Krokodil im Nacken

Titel: Krokodil im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kordon
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Versprechen allerdings können wir Ihnen in dieser Hinsicht nichts, Sie wissen ja selbst, welcher schwerwiegenden Vergehen gegen die sozialistische Gesetzlichkeit Sie sich schuldig gemacht haben.«
    Auf gut Deutsch: Genügt dir meine Frohbotschaft nicht, mach ich eine Drohbotschaft daraus.
    »Entscheiden Sie nicht gleich. Denken Sie über alles gründlich nach. Es wäre schade, wenn Sie diese Chance nicht nutzten. Jeden Tag machen wir Ihnen kein solches Angebot.« Er erhob sich schwer, der Genosse Fischherz, öffnete die Tür zum Nebenzimmer, sah Lenz noch einmal ernst und nachdrücklich an und nickte ihm danach zu wie einem alten Freund. »Unsere sowjetischen Genossen sagen, seinem Schicksal entkommt man nicht einmal zu Pferde. Wir sind da nicht so hart, wir sagen: Jeder macht mal einen Fehler. Wenn er daraus lernt – gut! Wenn nicht … Tja, ist eben jeder seines Glückes eigener Schmied!« Noch ein Lächeln und ein Gutenachtgruß, dann schloss er die Tür hinter sich und der Leutnant und sein Untersuchungshäftling waren mal wieder mit sich allein.
    Und jetzt konnte und wollte Lenz nicht weiter den Unentschiedenen spielen. Mit leiser, aber fester Stimme sagte er, dass er sich für das gezeigte Vertrauen bedanke, nur leider, bei all seiner sonstigen kriminellen Veranlagung, ein gar so mieser Bursche sei er denn doch nicht. Einen ehrlichen, kleinen Einbruch würde er ja vielleicht noch übernehmen, zum Kundschafter an der unsichtbaren Front tauge er nicht. Er sagte das, obwohl er vermutete, dass der Schwammige sich noch längst nicht aus ihrem Gespräch ausgeschaltet hatte, sondern im Nebenzimmer saß und, wie sicher schon oft zuvor, per Tastendruck mit anhörte, was Knut und er miteinander besprachen. Er sagte es, weil dieses Angebot ihn verletzt hatte, sagte es auch, weil er so enttäuscht war. Was hatte er sich da nur eingeredet – vorzeitige Haftentlassung …
    Der Leutnant wirkte nicht überrascht. »Überlegen Sie sich das lieber noch einmal. Wir haben Zeit. Niemand erwartet, dass Sie sich sofort entscheiden.«
    »Da gibt’s nichts zu überlegen.«
    »Wirklich nicht?«
    Knut sah ihm einen Moment lang in die Augen – und dann lächelte er plötzlich, als wollte er ihm zu verstehen geben, dass er mit einer solchen Absage gerechnet hatte.
    »Gehen eigentlich viele auf solche Angebote ein?«, fragte der verwunderte Lenz.
    Da musste er wieder den Empörten herauskehren, der Knut. »Was soll denn das? Sind jetzt Sie hier der Vernehmer?«
    »Interessiert mich nur … Aus rein menschlichen Erwägungen. Wer’s einmal tut, ist sicher für alle Zeiten gewonnen …«
    »Wie Sie mir eben mitgeteilt haben, sind Sie vor solchen Anfechtungen ja gefeit.«
    Nein! Niemand in seiner Lage war vor solchen Anfechtungen gefeit. Da machte er sich nichts vor. Aber wer ein solches Angebot annahm, konnte der sich danach noch im Spiegel ansehen?
    Der Leutnant musterte ihn ein Weilchen, dann fragte er barsch: »Haben Sie sonst noch was auf dem Herzen?«
    »Die Kinder! Wie geht’s meinen Kindern? Haben Sie was Neues gehört?«
    »Gut geht’s ihnen. Was denn sonst? Sie wissen doch selbst am besten, dass in unseren Kinderheimen niemandem ein Haar gekrümmt wird.«
    »Und wie geht’s meiner Frau?«
    »Auch gut!«
    »Haben Sie ihr auch ein solches Angebot gemacht?«
    Schweigen. »Haben Sie sonst noch Fragen?«
    »Meine Schwägerin – ist sie immer noch in Sofia?«
    Eine Frage, die Lenz schon lange bewegte, er hatte nur noch nicht gewagt, sie dem Leutnant zu stellen. War ja klar, dass der nicht verpflichtet war, solche Auskünfte zu erteilen; vielleicht durfte er es ja auch gar nicht.
    Ein kurzes Zögern, dann schüttelte Knut den Kopf. »Nein! Sie ist dort zur Bewährung verurteilt und inzwischen in die BRD abgeschoben worden.«
    Endlich mal eine gute Nachricht! Franziska wieder in Frankfurt? Dann hatte sie sicher längst Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um etwas über ihr Schicksal in Erfahrung zu bringen; dann war da jemand, der sich von draußen für sie einsetzte, ganz egal, was möglich war und was nicht.
    »In Ihrem Gesicht spiegelt sich Freude wider. Haben Sie ein so gutes Verhältnis zueinander?«
    »Ja.« Das musste sie ärgern, die Genossen Tschekisten, dass ihre bulgarischen Brüder ihnen die westdeutsche Bürgerin nicht ausgeliefert hatten. In Sofia aber würde man nicht lange abgewogen haben: Auf der einen Seite jede Menge harte D-Mark, durch freundlich gestimmte westdeutsche Touristen ins Land gebracht, auf der

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